Ratepay sucht Käufer – Wegfall von About You belastet das Geschäft
Exklusiv: Für eine Milliarde Euro wollte der Zahlungsdienstleister Nexi sein bekanntes deutsches „Buy now, pay later“-Fintech Ratepay verkaufen. Nun bietet der Payment-Konzern seine Tochter wieder an – wohl zu einem deutlich niedrigeren Preis.
Schon einmal fahndete der Zahlungsdienstleister Nexi nach einem Käufer für den „Buy now, pay later“-Anbieter Ratepay. Ende 2021 schauten sich die Italiener nach einem Abnehmer um – mit selbstbewussten Preisvorstellungen. Zu der Zeit bewertete Nexi das Berliner Ur-Fintech mit rund einer Milliarde Euro, ein Käufer fand sich nicht.
Eineinhalb Jahre später sind nun mehrere Investmentbanken im Markt unterwegs, um doch noch einen Käufer für Ratepay aufzutun, wie es von mehreren mit der Sache vertrauten Personen heißt. Zu den mandatierten Investmentbanken sollen Goldman Sachs und Bank of America zählen. Nexi macht selbst keinen Hehl aus dem Verkaufswunsch: In Präsentationen für Investoren werden Ratepay und eine weitere Geschäftseinheit als zum Verkauf stehende Firmen bezeichnet.
Dieses Mal ist die Situation jedoch grundlegend anders: Der Markt hat sich gedreht, die einst gehypte Bezahlart „Buy now, pay later“, also Raten- und Rechnungskauf für Online-Händler, wird zunehmend kritisch gesehen. Der Platzhirsch im Markt, Klarna, muss aktuell beweisen, dass er nach den hohen Verlusten der vergangenen Jahre auch wieder Gewinne einfahren kann.
Ein wichtiger Händler bricht weg
Bei Ratepay kommen weitere Probleme hinzu: 2022 wechselte nach Informationen von Finance Forward und Finanz-Szene zunächst einer der wichtigsten Kunden, nämlich der Otto-Konzern, mit seinem Zahlungsverkehr auf eine eigene Payment-Plattform. Bald darauf wurde auch noch ein weiterer Key-Account untreu, nämlich die Otto-Tochter About You, die inzwischen den größten Teil ihrer „Buy now, pay later“-Transaktionen über Klarna abwickelt, wie mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen berichten. Die Folgen für den Umsatz seien erheblich, heißt es im Markt.
Das Fintech teilt mit: „Ratepay gehörte historisch zur Otto Gruppe und hatte dadurch primär große Otto-Kunden.“ Das Kundenportfolio sei unter der Führung von Nina Pütz als CEO „deutlich diversifiziert“ worden. Im Frühjahr verkündete Ratepay etwa eine Kooperation mit Paypal.
„Wir sprechen nun mit Interessenten“
Nexi-Finanzchef Bernardo Mingrone sagte im vergangenen November, es sei nicht der beste Moment, um Ratepay zu verkaufen, weswegen das Unternehmen „ohne Eile“ den Prozess vorantreiben würde. Doch nun suche das Unternehmen wieder aktiv, heißt es im deutschen Markt.
Ratepay bestätigt: Das Unternehmen „spreche nun mit Interessenten“. Weiter heißt es: „Uns ist schon länger bewusst, dass Nexi nicht der ideale Eigentümer für Ratepays erfolgreiche Weiterentwicklung ist“, schreibt eine Sprecherin. Die Entscheidung zum Verkauf sei unabhängig von der aktuellen Marktsituation getroffen worden. Nexi will sich zu den Informationen nicht äußern.
Fintech mit bewegter Geschichte
Die schwächelnde Geschäft von Ratepay ist auch in den Nexi-Zahlen sichtbar. In seinen Investorenpräsentationen rechnet Nexi die Umsatzzahlen für Ratepay heraus – sie ziehen das Gesamtwachstum nach unten. Nexi schreibt außerdem in einer Präsentation: Das Wachstum im wichtigen Weihnachtsquartal 2022 sei „beeinflusst durch eine Verlangsamung der Ratepay-Performance“ im deutschsprachigen Raum.
Es ist das jüngste Kapitel in der bewegten Geschichte von Deutschlands Ur-Fintech. Einst wurde das Unternehmen von Miriam Wohlfarth und Jesper Wahrendorf aufgebaut, war dann lange in Hand des Otto-Konzerns, der es wiederum 2017 an die Finanzinvestoren Bain und Advent veräußerte. Diese fügten das Unternehmen mit dem einstmals bankeneigenen Eschborner Zahlungsdienstleister Concardis zusammen. Der wiederum ging Anfang 2019 in Nets auf, bevor der dänische Milliarden-Konzern im vergangenen Jahr mit dem italienischen Unternehmen Nexi verschmolz.
Käufer soll zeitnah gefunden werden
Im Kern handelt es sich bei Nexi/Nets in der heutigen Aufstellung um einen länderübergreifenden Payment Service Provider – also um einen Dienstleister, dessen Aufgabe primär darin besteht, stationären und E-Commerce-Händlern bei der Einbindung unterschiedlicher Bezahlverfahren zu unterstützen. Dass mit Ratepay auch ein Anbieter eines solchen Bezahlverfahrens zum Portfolio gehört, ist zwar stimmig, sei aber keinesfalls zwingend, sagen Branchenkenner. Insbesondere in Mailand (also bei Nexi) werde das Asset als verzichtbar angesehen – dies wird nun wohl auch mit dem aktuellen Verkaufswunsch deutlich.
Einfach dürfte der Verkaufsprozess unter diesen Vorzeichen jedenfalls nicht werden. Ein Käufer, so heißt es, sollte schon zeitnah gefunden werden.