Besucher und Händler an einem Stand von Paypal auf der Internationalen Tourismusboerse in Berlin (Bild: imago)

Die geheimen Paypal-Angriffspläne gegen Stripe und Apple Pay

Der Zahlungsriese Paypal ist hinter seine Wettbewerber Stripe und Apple Pay zurückgefallen. Nun will der neue CEO Alex Chriss mit einer Reihe von Projekten den Angriff gegen die Konkurrenz wagen.

Für Alex Chriss steht viel auf dem Spiel. Seit er im August die Nachfolge des langjährigen Paypal-CEO Dan Schulman angetreten hat, muss den Beweis antreten, das Wachstum bei dem Zahlungsriesen wieder ankurbeln zu können. Unter Schulman ging es zuletzt eher darum, die Kosten zu senken, nachdem der aktivistische Investor Elliott eingestiegen war. Elliott hat seinen Anteil allerdings Anfang des Jahres verkauft – und Chriss sieht sich mit einem stärkeren Wettbewerb konfrontiert als Schulman zu Beginn seiner Amtszeit.

Gleich mehrere Teams arbeiten deshalb nun bei Paypal unter Hochdruck an einer Reihe neuer Funktionen. Man wolle sowohl Wallet als auch Online-Checkout für Käufer und Händler attraktiver machen, sagen zwei Mitarbeiter. Schon bis Januar sollen demnach bedeutende Fortschritte erzielt werden, damit die Updates im März für eine breite Masse ausgerollt werden können. Das geht aus einem internen Dokument hervor.

Verbesserung des Checkouts hat „oberste Unternehmenspriorität“

Paypals Wallet, in dem Nutzerinnen und Nutzer ihre Zahlungs- und Versandinformationen speichern, um bei einem Online-Einkauf schneller zahlen zu können, konkurriert mit Apple Pay und Google Pay. Die Paypal-Einheit Braintree, mit der Händler Zahlungen sowohl von Paypal-Wallets als auch von anderen Methoden akzeptieren können, steht mit Playern wie Stripe und Adyen im Wettbewerb, die in den vergangenen Jahren schneller gewachsen sind als Paypal. Im vergangenen Jahr stiegen die Einnahmen von Paypal um acht Prozent, während sie bei Stripe um 18 Prozent und bei Adyen um 33 Prozent zunahmen.

Paypal erwirtschaftet mit seinem Bezahlvorgang unter der Marke Paypal höhere Gewinnmargen als mit Braintree. Gleichzeitig wachsen die Zahlungsströme der Nutzer über das Paypal-Wallet langsamer als die Zahlungen, die über Braintree abgewickelt werden. Das verdeutlicht die Notwendigkeit für Chriss, Paypal auf einen neuen Kurs zu bringen.

Mit dem Projekt Quantum Leap will er nun das Wachstum ankurbeln, indem mehr Verbraucher und Händler dazu gebracht werden sollen, Paypal-Produkte zu nutzen, heißt es in dem Dokument. Darin wird die Verbesserung des Checkouts als „oberste Unternehmenspriorität“ bezeichnet. Paypal wollte sich zu seinen Plänen nicht äußern.

Im Juni hatten Paypal-Manager Analysten eine neue, effizientere Version der Online-Kaufabwicklung vorgestellt: Sie erkennt die E-Mail-Adresse eines Nutzers und schickt ihm sofort einen einmaligen Anmeldecode auf sein Telefon. Bislang müssen Nutzerinnen und Nutzer ihre Benutzernamen und Passwörter in ein Pop-up-Fenster eingeben. Diese optimierte Kaufabwicklung funktioniert auch ohne Paypal-Konto, sofern die Kunden ihre Versand- und Zahlungsinformationen bei mindestens einem der 35 Millionen Händler, die Paypal nutzen, gespeichert haben.

Auch die App soll erneuert werden

Das neue Anmeldeverfahren ähnelt dem von Stripe im Jahr 2014 eingeführten Verfahren, das eine schnellere Kaufabwicklung auf jeder Website ermöglicht, auf der die Stripe-Funktion aktiviert ist. Für Händler ist das höchst attraktiv, da potenzielle Kunden so weniger geneigt sind, ihren Online-Kauf abzubrechen. Und wenn der neue Bezahlvorgang die Umsätze steigern und mehr Kunden dazu motivieren kann, ein Paypal-Konto einzurichten, wird das Unternehmen auch mehr Gebühren aus Online-Käufen einnehmen.

Paypal überarbeitet zudem seine App, um die Cashback-Prämien, die Nutzer bei Einkäufen mit der Paypal-Wallet erhalten können, stärker hervorzuheben. Ziel sei es, Nutzer zu ermutigen, häufiger mit der Wallet einzukaufen, sagte einer der Mitarbeiter – schließlich böten andere digitale Geldbörsen wie Apple Pay keine ähnlichen Belohnungen.

Das Unternehmen arbeitet außerdem an einer Funktion, die detaillierte Quittungen per E-Mail an die Kunden sendet, in denen alle gekauften Artikel aufgelistet sind. Sie sollen zusätzlich einen Link enthalten, über den man die Bestellung verfolgen kann, so die Mitarbeiter. Ein Paypal-Manager sagte im Juni, dass das Unternehmen solche Bestellübersichten verwenden könnte, um andere Artikel vorzuschlagen, die die Nutzer kaufen könnten – auch das würde den Umsatz der Händler steigern und Paypal zusätzliche Gebühren einbringen. Links zur Paketverfolgung können Kunden zur Paypal-App weiterleiten, wo sie ein Konto erstellen können, falls sie noch keines haben.

Apple Pay holt auf

Laut Paypal reduziert sich dank der Sendungsverfolgung auch die Zahl der Zahlungsstreitigkeiten mit Kunden, die behaupten, ihre Bestellung nicht erhalten zu haben – und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Verkäufer einen Streitfall gewinnt. Quantum Leap enthält auch andere Verbesserungen, die den Händlern zugute kommen sollen, darunter „verbesserte Erfahrungen für Entwickler und schnellere Integrationen“, heißt es in dem Dokument.

Laut einer Umfrage von S&P Global Market Intelligence vom März ist Paypal immer noch die beliebteste digitale Geldbörse. Die Umfrage ergab, dass 68 Prozent der Befragten Paypal in den vergangenen 90 Tagen für Einkäufe genutzt haben, verglichen mit nur 29 Prozent, die angaben, die zweitbeliebteste Börse Apple Pay verwendet zu haben.

Aber es ist gerade dieser Vorsprung, den Paypal verlieren könnte. „Das Risiko, Marktanteile zu verlieren, nimmt zu“, sagt Jordan McKee, Leiter der Forschungs- und Beratungsabteilung für Fintech bei S&P Global Market Intelligence. „Es gibt viele Bedrohungen aus dem Markt für Paypal rund um das Checkout-Erlebnis“, so McKee. „Paypal muss bei der Nutzererfahrung einen draufsetzen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen als die schnellste und benutzerfreundlichste Option positioniert ist.“


Dies ist ein Artikel von unserem Partner The Information, der an dieser Stelle im Original auf Englisch erschienen ist.