Lieferando bittet Nutzer bestimmter Zahlarten zusätzlich zur Kasse. Bild: IMAGO / photothek

Lieferando irritiert mit Extragebühren für Paypal

Der Lieferdienst Lieferando nimmt jetzt zusätzliche Gebühren, wenn Kunden mit beispielsweise Paypal oder Apple Pay bezahlen. Die Praxis ist unüblich – und es droht Ärger.

Wer sich im Kampf der Lieferdienste für Lieferando entscheidet, musste zuletzt eine böse Überraschung erleben: Nicht mehr alle Zahlungsarten sind umsonst verfügbar. Stattdessen verlangt Lieferando 0,29 Euro, wenn die Kunden beispielsweise mit Apple Pay oder Paypal bezahlen wollen. Das zeigt ein Screenshot, den eine ehemalige Klarna-Managerin zuletzt auf dem Karrierenetzwerk Linkedin teilte und bei dem sich viele fragen, ob das denn überhaupt legal sei, was der deutsche Ableger von Just Eat Takeaway da veranstaltet.

Die Frage mag zunächst drastisch klingen, hat aber einen juristischen Hintergrund, der lange für Unruhe bei E-Commerce-Unternehmen gesorgt hat. Gemeint ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2021, Aktenzeichen: I ZR 203/19. In diesem hatte der Gerichtshof in Karlsruhe erstmals entschieden, dass ein zusätzliches Zahlungsentgelt für verschiedene Bezahlarten wie Kreditkarten oder Lastschriften verboten ist, machte aber eine entscheidende Ausnahme, zu der man sich nun fragen darf: Inwieweit gilt die bei Lieferando?

Aufschläge für Zahlarten nicht zulässig

Bereits vor dem Verfahren damals war klar: Aufschläge für bestimmte Zahlarten wie Lastschrift, Kreditkarte oder Banküberweisung sind nicht zulässig. Das verbietet der Paragraf 270a im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) seit 2018. Dort heißt es unmissverständlich: „Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam.” Hintergrund ist die EU-Zahlungsrichtlinie.

Der Fernbusbetreiber Flixbus hatte das Gesetz damals ganz genau gelesen und erhob deshalb bei Buchungen eine Zeit lang Zusatzgebühren für Zahlungen, die explizit nicht im Gesetzestext verankert waren. Dazu zählten eine Zeit lang Sofortüberweisung und Paypal. Diese zu nutzen, ist für den Händler oft mit zusätzlichen Gebühren verbunden, die Flixbus nicht mehr alleine blechen, sondern an die Kunden weiterreichen wollte.

Die Wettbewerbszentrale aber klagte stellvertretend dagegen vor dem Landgericht München. Nach einigem Hin und Her landete der Fall schließlich beim Bundesgerichtshof (BGH), der Rechtssicherheit schuf und urteilte: Grundsätzlich sind zusätzliche Zahlungsentgelte verboten. Allerdings zahlt der Kunde bei der Zahlung über Paypal oder Sofortüberweisung nicht für eine zusätzliche Zahlart, sondern zusätzliche Dienstleistungen. Bei Paypal sei das beispielsweise die Überweisung von E-Geld, bei Sofortüberweisung die Auslösung der Überweisung. Eine mögliche andere Zusatzleistung kann die Bonitätsprüfung durch die Unternehmen sein. Das ist erlaubt.

Obwohl solche Aufschläge seither rechtlich möglich sind, nehmen nur wenige Firmen die Möglichkeiten wahr, die das BGH-Urteil ihnen gegeben hat. Flixbus beispielsweise verzichtete schon zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung im März 2021 auf ein gesondertes Entgelt. Entsprechend ungewöhnlich erscheint es, dass ausgerechnet ein großer E-Commerce-Player wie Lieferando die zusätzlichen Gebühren erhebt. Besonders, weil die durchschnittlichen Bestellwerte hier in der Regel niedrig sind, beispielsweise für ein oder zwei Pizzen, fallen die 0,29 Cent pro Transaktion stärker ins Gewicht als beim Kauf eines Möbelstücks für mehrere hundert Euro.

Wie hoch die Nutzungsentgelte sind, teilte Lieferando nicht mit. Auf Anfrage heißt es von einem Lieferando-Sprecher: „Kunden können zwischen Barzahlung und einer Vielzahl von Zahlungsmethoden wählen. Lieferando erhebt ein Zahlungsentgelt, wenn die Zahlung nicht direkt von einem Zahlungsmittel wie z.B. Kreditkarte erfolgt, sondern per Zahlungsdienstleister als Mittler zwischen dem Zahlungsmittel des Kunden und Lieferando.”

Paypal sucht Gespräch mit Lieferando

Rein rechtlich dürfte die Vorgehensweise sauber sein. Kunden hingegen dürfte das neue Entgelt nerven – und es droht bereits Ärger aus einer weiteren Richtung. Denn US-Zahlungsriese Paypal hat seine Nutzungsbedingungen im Januar 2018 geändert und festgelegt, dass es Händlern nicht mehr gestattet ist, ihren Kunden Aufschläge für die Nutzung von Paypal zu berechnen. Begründung damals wie heute: Paypal ist der Ansicht, „dass alle Verbraucher die Möglichkeit einer schnellen und sicheren Zahlung haben sollten – ohne jegliche Hürden und zusätzliche Kosten.”

Auf aktuelle Nachfrage bestätigt Paypal, „dass es Händlern verboten ist, Zusatzgebühren für das Bezahlen mit Paypal zu verlangen.” Ob und inwieweit das auch auf so große Händler wie Lieferando zutrifft, konnte Paypal zwar nicht beantworten. Denn „aufgrund des Bankgeheimnisses sowie aus Gründen des Datenschutzes dürfen wir keine Auskunft zu einzelnen Konten bzw. Konteninhabern geben”, heißt es bei dem Zahlungsdienstleister. Auf Anfrage von Finance Forward zu den neuen Gebühren heißt es allerdings: „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit Lieferando.”

Was bei diesen „Gesprächen“ rauskommt, dürften Kundinnen und Kunden dann schon bald am Ende ihrer Bestellung sehen.