Baute zuvor die Taschengeld-App Ruuky auf: Jes Hennig. Bild: PR

Parto plant Banking-Angebot für Sozialwirtschaft – Millionen vor dem Start

Exklusiv: Mit der Teenager-Neobank Ruuky gelang Jes Hennig ein Achtungserfolg – bis die Hamburger Firma Insolvenz anmeldete und später verkauft wurde. Nun arbeitet der Gründer an einem neuen Banking-Angebot speziell für Menschen in Betreuung. Mehrere Szenepromis investieren zum Start.

Wenn Jes Hennig über die Vorzüge seines neuen Banking-Angebots spricht, erwähnt er oft das Wort Briefumschlag. Hunderte bis mehrere Tausend davon, so erzählt es der Gründer im Gespräch, seien etwa in vielen Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung im Umlauf. Darin befinde sich das Taschengeld, das die Bewohner zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts benötigten. Die Bargeldbeträge würden regelmäßig von den jeweiligen Konten durch die Mitarbeitenden der Einrichtung abgehoben und verwaltet. „Ein enormer bürokratischer Aufwand, der mich überrascht hat“, sagt Hennig.

Der Hintergrund: In vielen Einrichtungen wird bis heute bevorzugt mit Bargeld hantiert. Es gilt als sicherer, da es dem Personal mehr Kontrolle ermöglicht. Die Menschen in Betreuung vermeiden damit Schulden, da nur das ausgegeben werden kann, was vorhanden ist. Für die Einrichtungen selbst bedeutet das Prozedere jedoch nicht nur Mehrarbeit, sagt Jes Hennig. Zu den offensichtlichen Diebstahlrisiken gesellten sich hohe Kosten: 300.000 Euro, so schätzt der Gründer, fallen in Pflegeeinrichtungen jedes Jahr für die manuelle Verwaltung von Bargeld an – „von der Abhebung über die Verteilung in Umschlägen bis hin zur Nachverfolgung von Belegen und Abrechnungen.“

Konto und Bezahlkarte geplant

Mit einem erfahrenen Team möchte Hennig das nun ändern. Bereits seit gut einem Jahr bereitet er ein spezielles Banking-Angebot für die Sozialwirtschaft vor, spätestens im zweiten Quartal nächstes Jahres soll der Start unter dem Namen Parto erfolgen. Unterstützt wird Hennig von den Mitgründern Christoph Roling und Thomas Heuck. Die Idee: Ein digitales Treuhandkonto samt Bezahlkarte, das Mitarbeitenden und Menschen in Betreuung die Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr erleichtern soll.


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Ein von Banken bislang kaum beachteter Markt, der Hennig zufolge jedoch Potenzial bietet. „Allein in Deutschland gibt es rund 30.000 Pflegeeinrichtungen, dazu sind knapp eine Million Menschen in der Sozialwirtschaft beschäftigt“, sagt er. Die Branche stehe aufgrund des demographischen Wandels vor Herausforderungen. Parto zähle zu den ersten Fintech-Anbietern in dem Bereich. Als Bankpartner im Hintergrund fungiert die Volksbank Mittweida, sie verwaltet die Treuhandkonten für die Parto-Kunden. Um die Ausgabe der Visa-Karten kümmert sich derweil ein Fintech-Partner, den Hennig namentlich noch nicht nennen will. Das Unternehmen verdient an einer Gebühr der Einrichtung.

Achtungserfolg mit Teenager-App

Für den 35-Jährigen ist Parto der zweite Versuch, sich mit einem eigenen Banking-Fintech im Markt zu behaupten. Der frühere Commerzbank-Mitarbeiter baute zuvor das Finanz-Startup Ruuky auf, das sich an Teenager richtete. Mithilfe des sozialen Netzwerks Tiktok gelang es dem Fintech, mehr als 250.000 Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen. Nach einer geplatzten Finanzierungsrunde musste das Unternehmen im Januar 2023 jedoch Insolvenz anmelden und wurde später veräußert.

Die Idee zu einem Banking-Angebot für die Sozialwirtschaft sei schon damals länger diskutiert worden, erzählt Gründer Jes Hennig. „Es gab Anfragen von der Diakonie Nord Nord-Ost, ob wir Ruuky nicht als White-Label-Produkt und somit auch Betreuern und Pflegekräften eine digitale Banklösung samt Karte anbieten können.“ Nach dem Verkauf von Ruuky habe man die Idee dann weiterverfolgt. Die Diakonie Nord Nord-Ost ist nun auch als einer der ersten Entwicklungspartner bei Parto involviert. Das Unternehmen unterhält mehr als 100 Einrichtungen mit über 3.000 Mitarbeitenden. Dies dürfte dem Fintech den Start erleichtern.

Siebenstelliges Investment von Szeneköpfen

Auch für Investoren sind die Pläne interessant. Noch vor dem geplanten Start des Angebots hat sich das Parto-Team eine größere Anschubfinanzierung gesichert, 2,5 Millionen Euro kamen kürzlich von den Wagniskapitalgebern Heal Capital und Motive Ventures zusammen.

Bei Letzterem handelt es sich um einen Fintech-Fonds, der inzwischen vom früheren Finleap-Chef Ramin Niroumand geleitet wird. Daneben haben sich noch einige Business Angels an Parto beteiligt. Darunter: der LaFamiglia-Mitgründer Sebastian Johnston und Malte Rau vom Firmenkreditkartenspezialisten Pliant.