Die meisten N26-Kunden kommen aus nur zwei Ländern
Bislang machte die Neobank N26 immer ein Geheimnis daraus, wie viele Kundinnen und Kunden es in den einzelnen europäischen Ländern besitzt. Jetzt hat der Finanzchef bei einer Pressekonferenz erstmals konkrete Zahlen genannt – und so gezeigt, wie abhängig das Fintech vom Heimatmarkt ist.
Eine halbe Million Kunden – so viel hat N26 vor anderthalb Jahren aufgegeben, als sich das Berliner Fintech aus den USA zurückzog. In Europa hingegen hielt sich N26 stets bedeckt, wie sich das Wachstum in den einzelnen Märkten entwickelte. Eigentlich bemerkenswert: War es für das Fintech doch besonders in den ersten Jahren nach Gründung immer ein Event, neue Millionenmarken bei den Kunden zu vermelden. Das hat sich mittlerweile geändert. Statt der zuletzt genannten acht Millionen Kundinnen und Kunden ist nur noch von 4,2 Millionen „ertragsrelevanten Kunden“ die Rede.
Das bedeutet: Die acht Millionen Kunden, für die sich N26 vor ein paar Jahren noch feierte, waren lediglich Nutzer der App, die noch kein Konto eröffnet haben. Und auch die innereuropäische Expansion in mehr als ein Dutzend Länder wie Schweden, Dänemark oder Belgien verlief offenbar nicht so erfolgreich, wie es sich das Unternehmen gewünscht hat.
75 Prozent der Kunden aus Deutschland und Frankreich
Darauf deuten Aussagen des Finanzchefs Arnd Schwierholz hin, die ihm vergangene Woche bei einer Pressekonferenz offenbar herausgerutscht sind. Ihm zufolge macht Frankreich neben Deutschland – wo die Hälfte der rund 4,2 Millionen ertragsrelevanten Kunden zu finden sind – mit 25 Prozent deutlich den Großteil des europäischen Auslandsgeschäfts aus. Dreiviertel der N26-Kunden stammen also aus zwei Ländern. Der übrige Teil verteilt sich auf 22 andere Märkte, wo das Fintech aktiv ist. Spanien und Italien machen davon jeweils noch einen größeren Teil aus, sagte Schwierholz weiter – bevor CEO Valentin Stalf ihm ins Wort fiel. N26 wolle nicht noch mehr ins Detail gehen.
Das musste das Unternehmen aber auch nicht mehr. Denn Schwierholz’ Aussagen veranschaulichen, wie abhängig das Unternehmen von seinen wenigen Kernmärkten bis heute ist. Dafür sprechen auch Zahlen aus der Vergangenheit.
Zu der Zeit, als N26 noch von sieben Millionen Kunden insgesamt sprach, hatte es sich für Frankreich, Spanien und Italien nämlich noch einzelne Zahlen kommuniziert. In Italien habe es im September 2019, in Spanien im Oktober 2020 eine halbe Million Kundinnen und Kunden erreicht. Für 2021 sei die Erwartung, in Spanien die Millionenmarke zu knacken, hieß es in der damaligen Mitteilung. Zum Vergleich: In Frankreich sprach es von zwei Millionen der sieben Millionen Kunden.
Ganz grob überschlagen: Davon ausgehend, dass zuletzt die Zahl der ertragsrelevanten Kunden etwas weniger als die Hälfte der kommunizierten Gesamtzahl betrug, könnten die beiden Märkte also zusammen vor zwei Jahren schon eine halbe Million ausgemacht haben. Das würde bedeuten, dass Deutschland 50 Prozent, Frankreich 25 Prozent und Italien und Spanien vor zwei Jahren zusammen rund 16 Prozent ausgemacht haben. Dann blieben sogar nur noch neun Prozent für die übrigen 20 Märkte.
Wie erfolgreich war die Expansion?
Sieht so das Ergebnis einer erfolgreichen Expansion in fast zwei Dutzend neue Länder aus? Schließlich verursacht der Markteintritt in fremden Ländern hohe Kosten, beispielsweise für lokales Personal und Marketing. Hinzu kommen die gerade im Bankenumfeld verbreiteten regulatorischen Unterschiede.
Für N26, das gerade mit voller Kraft in Richtung Profitabilität steuern will, stellt sich also die Frage, wie lange es an seinen vielen Nebenmärkten mit vergleichsweise kleiner Kundenzahl festhalten will. Aus Großbritannien, den USA und Brasilien hat sich das Fintech aus Kostengründen bereits zurückgezogen.
Nach den Beschränkungen der Finanzaufsicht Bafin darf N26 derzeit europaweit lediglich 60.000 neue Kundinnen und Kunden pro Monat aufnehmen. Welche Interessenten es dabei aufnimmt – und aus welchen Ländern, das bleibt dem Unternehmen unbenommen. Es wird sich also genau die Metriken anschauen und derzeit vor allem denjenigen Konten eröffnen, mit denen es im Verhältnis zu den jeweiligen Kundenakquisekosten am meisten Geld verdient. Ein Beispiel: Intern ist davon die Rede, dass ein neues Savings-Produkt, das N26 zuerst in Spanien ausgerollt hat, die Kundenbasis vor Ort verdoppelt habe, berichten Insider.
Spricht N26 dieser Tage also wiederholt und betont davon, sich auf „seine Kernmärkte“ fokussieren zu wollen, dann dürften das in erster Linie Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien sein. Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Irland, Island, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, die Schweiz, die Slowakei und Slowenien machen dann nur noch einen Bruchteil aus – auch wenn sich die Liste auf der Webseite und in den Präsentationen für Investoren schön liest.