Auch am Freitag kamen N26-Mitarbeiter im Berliner Hofbräu zusammen (Bild: Finance Forward)

N26 schlägt neue Töne an – einige Mitarbeiter skeptisch

Am Freitag konnten Mitarbeiter der N26 GmbH einen Wahlvorstand für die Betriebsratswahl bestimmen. Doch Mitarbeiter sagen, das Management habe die Wahl bewusst verzögert. Unterdessen hat sich der N26-Gründer öffentlich entschuldigt.

Gino Cordt ist bereits seit fünf Jahren bei der Berliner Smartphone-Bank N26, Kenner des Unternehmens beschreiben ihn als einen engen Vertrauten von Gründer und CEO Valentin Stalf. Die beiden haben in St. Gallen gemeinsam studiert. Umso überraschender war, was der Technikchef des Unternehmens am Donnerstagabend in einer Email an sein Team schrieb: „Ich ermutige jeden, das morgige Event im Hofbräuhaus zu besuchen“, heißt es in dem Schreiben, das Finance Forward vorliegt. „Ich freue mich darauf, euch morgen vor dem Mittagessen nicht im Büro zu sehen.“

Denn CEO Stalf hatte gleichzeitig eine einstweilige Verfügung gegen die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erwirkt, um die Veranstaltung zu unterbinden. Angeblich liege kein Hygienekonzept in Zeiten der Coronapandemie vor, so die Begründung. Doch die IG Metall übernahm die Verantwortung für die Veranstaltung um zehn Uhr, sodass etwa 30 Mitarbeiter der N26 GmbH einen Wahlvorstand für ihre Betriebsratswahl bestimmen konnten – genau wie am Donnerstag ihre knapp 50 Kollegen der N26 Operations GmbH. Der Unterschied: Das Event am Freitag dauerte drei Mal so lange, auch die Polizei war vor Ort, fuhr aber nach kurzer Zeit wieder.

Im Nachgang der Wahl änderte Gründer Valentin Stalf, der am Sonntag noch davon sprach, dass ein Betriebsrat „gegen fast alle Werte, an die wir bei N26 glauben“ stünde, seine Tonalität. „Als Gründer war es betrübend zu sehen, wie sich die Diskussion in den letzten Tagen entwickelt hat“, schrieb er am Freitagnachmittag auf LinkedIn. „Das spiegelt nicht wider, wie wir normalerweise als Team zusammenarbeiten. Aber letztendlich fühlen ich und mein Führungsteam bei N26 uns dafür verantwortlich, wie diese Debatte eskaliert ist. Und wir möchten uns für die letzten paar Tage entschuldigen.“ N26 werde bei der Organisation sicherer und gut-geplanter Wahlen in Zusammenarbeit mit den Initiatoren des Betriebsrats helfen.

Einige Teilnehmer der Mitarbeiterversammlung von Freitag sind skeptisch. „Eine Entschuldigung ist gut, aber ohne wirklich konkret zu erläutern, was falsch gemacht wurde, ist sie ein bisschen leer“, sagt einer der Beteiligten. Zudem hätten Mitglieder des Managements versucht, eigene Kandidaten bei der Wahl zu platzieren. Bei dem Event sei es zu Verzögerungen der Wahl gekommen, während Manager über den Unternehmenschat versucht hätten, weitere Mitarbeiter zur Teilnahme zu bewegen, die gegen die Initiatoren stimmen würden.

Stalf: „Ich glaube, dass wir als Team gestärkt daraus hervorgehen werden“

„Falls jemand in der Nähe des Brauhauses ist, fühlt euch frei darin, teilzunehmen“, schrieb ein Manager des Unternehmens seinen Mitarbeitern um 13:15. „Die Wahl wird in etwa 30 Minuten stattfinden und es werden noch konstruktive Menschen wie ihr gesucht.“ Auch von weiteren Nachrichten, die Mitarbeiter zu einer Teilnahme motivieren sollten, liegen Finance Forward Screenshots vor. Die Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen seien „Spitzenklasse“, schrieb einer. Man könne sagen „besser als im Büro“, witzelte seine Kollegin.

Bei der Versammlung, so berichten Teilnehmer, hätten sich zwei Lager gebildet. Fast die Hälfte von ihnen sei erst lange nach Beginn aufgetaucht. „Es waren vor allem die Betriebsratsgegner, die noch eingetrudelt sind“, sagt einer. Andere hätten gezielt versucht, den Beginn der Wahl zu verschieben, damit weitere Betriebsratsgegner Zeit hätten, hinzuzukommen, lautet der Vorwurf. Um kurz vor zwei wurden die Türen dann verschlossen, die Wahl konnte beginnen. Danach sammelten sich immer noch vereinzelt Mitarbeiter vor der Tür.

Nach mehreren Wahlgängen konnten um halb drei am Freitag die Wahlvorstände bestimmt werden – es sind diejenigen, gegen die N26 am Mittwoch bereits eine einstweilige Verfügung vor dem Berliner Arbeitsgericht erwirkt hatte. Sie haben nun sechs Wochen Zeit, eine Betriebsratswahl zu organisieren.

Es sei ermutigend, die lebhafte Debatte zu sehen, die sich über die Arbeitnehmervertretung bei N26 entwickelt, schreibt Stalf. „N26 ist in den letzten Jahren stark gewachsen, und wir möchten, dass alle unsere Mitarbeiter an diesem Prozess teilhaben können, der bestimmen wird, wie wir als Unternehmen vorankommen. Ich glaube, dass wir als Team gestärkt daraus hervorgehen werden.“