Für 700 Millionen Dollar hat sich Crypto.com die Namensrechte vom Staples-Center in Los Angeles gesichert. (Bild: IMAGO / Icon SMI)

Crypto.com startete ohne richtige Lizenz auf dem deutschen Markt

Exklusiv: Mit einer großen Marketingoffensive wirbt Crypto.com zurzeit um neue Kunden, auch in Deutschland. Doch die Krypto-App aus Singapur hat über Monate nicht die nötigen Lizenzen für das Geschäft in Deutschland besessen, wie Recherchen von Finance Forward zeigen.

Der populären Krypto-App Crypto.com fehlte offenbar über längere Zeit eine Lizenz, um in Deutschland ihr Geschäft zu betreiben und Kunden aktiv anzuwerben. Das Unternehmen hatte ursprünglich eine Kooperation mit dem Finanzanbieter CM Equity angestrebt, den es schon länger als deutschen Lizenz-Partner ausweist. Doch eine Kooperation kam operativ nicht zustande, wie Recherchen von Finance Forward zeigen.

Trotzdem startete Crypto.com auch in Deutschland mit einer aggressiven Werbekampagne. Die Downloadzahlen stiegen rasant. Allerdings lief die Expansion ohne den Partner CM Equity dabei einzubeziehen, wie es regulatorisch nötig gewesen wäre. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin dürfte den Fall bereits untersuchen, äußerte sich bislang allerdings nicht dazu.

Erst nach einer Anfrage von Finance Forward beteuerte die Kryptofirma aus Singapur, künftig tatsächlich mit CM Equity zusammenzuarbeiten. „Crypto.com hat zusammen mit unserem lokalen Partner eine gründliche Überprüfung unserer Einrichtung in Deutschland vorgenommen, um sicherzustellen, dass wir die Vorschriften einhalten, da wir uns verpflichtet haben, nach den höchsten Standards zu arbeiten“, sagt ein Sprecher.

Matt Damon ist das Werbegesicht von Crypto.com

In den vergangenen Monaten sorgte der Krypto-Anbieter mit einer massiven Werbekampagne für Aufsehen. 700 Millionen Dollar hat Crypto.com gezahlt, um sich die Namensrechte des bekannten Staples-Center in Los Angeles zu kaufen, in dem etwa die Basketball-Mannschaft L.A. Lakers spielt. Der US-Schauspieler Matt Damon ist das Werbegesicht von Crypto.com, beim Super Bowl hat sich das Unternehmen einen prominenten Werbeplatz in der Halbzeitpause gesichert.

Auch in Deutschland wirbt Crypto.com massiv um Kunden, sowohl über soziale Netzwerke als auch beispielsweise in Fußballstadien. Die Downloads sind in den vergangenen Monaten hierzulande auf rund eine Million gestiegen, wie Zahlen des Analyse-Tools Airnow zeigen.

Schon mehrfach gab es Probleme von Krypto-Anbietern und der Finanzaufsicht. Seit kurzem ermittelt die Finanzaufsicht Bafin gegen das Projekt von Krypto-Influencer Julian Hosp (Finance Forward berichtete). CakeDefi ist ebenfalls in Singapur ansässig. Doch die Fälle unterscheiden sich: Crypto.com verfügt unter dem Namen Foris DAX MT Limited über eine Lizenz in Malta für das Handeln und Verwahren von „virtuellen Assets“ – und damit auch in der Europäischen Union.

Mit dem angeblichen Partner herrschte Funkstille

Um mit der Lizenz aus Malta auch in Deutschland für das Angebot werben und operieren zu dürfen, braucht Crypto.com ein Partnerunternehmen, das über eine entsprechende Lizenz verfügt. In den vergangenen Monaten hatte das Unternehmen auch auf Anfrage von Finance Forward angegeben, ein „gebundener Vermittler der CM Equity AG“ zu sein.

CM Equity würde den in Deutschland ansässigen Nutzern „Handelsaktivitäten im Rahmen ihrer Lizenz gemäß dem deutschen Kreditwesengesetz“ anbieten. Das hatte ein Sprecher von Crypto.com noch im November mitgeteilt. Auch in den Geschäftsbedingungen von Crypto.com ist CM Equity als Vertragspartner genannt.

Bei einem nach Bafin-Regulierung vertraglich gebundenen Vermittler gilt die Marke im Vordergrund nur als Mittelsmann, die technische Infrastruktur, aber auch die Identifizierung (KYC) der Kunden muss über das Bafin-regulierte Unternehmen laufen – in diesem Fall die CM Equity. Es sind de facto Kunden des Anbieters im Hintergrund, nicht eines Vermittlers wie Crypto.com.

Doch Recherchen von Finance Forward zeigen: Das war nicht der Fall. Obwohl die Kunden den Geschäftsbedingungen zufolge mit CM Equity in Kontakt kommen sollten, kam bei dem Unternehmen in München offenbar nichts an. Vor Monaten gab es nach Informationen von Finance Forward Gespräche zwischen den beiden Unternehmen über eine Kooperation, um beispielsweise sogenannte Tokenized Stocks anzubieten. Ein Produkt, das CM Equity auch mit der großen Kryptobörse Binance gestartet hatte.

CM Equity ließ Crypto.com als vertraglich gebundenen Vermittler bei der Bafin eintragen, doch seitdem war offenbar Funkstille. Die Recherchen legen zudem nahe, dass CM Equity nicht darüber informiert war, dass es von Crypto.com als aktiver Partner angegeben wurde.

Stelle für „Regulatory Compliance Manager“ in Deutschland ausgeschrieben

Nach entsprechenden Anfragen von Finance Forward wollen die beiden Unternehmen fortan zusammenarbeiten, um das Deutschlandgeschäft künftig gesetzeskonform aufzusetzen. „Wir werden alle Kunden übernehmen und gesetzlich und aufsichtsrechtlich sauber arbeiten“, sagt Michael Kott, Gründer und Geschäftsführer von CM Equity.

Dass Crypto.com regulatorische Defizite hat, ist dem Unternehmen offenbar bewusst. Es hat eine Stelle für einen „Regulatory Compliance Manager“ in Deutschland ausgeschrieben. Zu seinem Aufgaben-Gebiet zählt: Die „Erlangung der relevanten Lizenzen für die Ausübung von regulierten Geschäften in Deutschland, die Sicherstellung, dass die Aktivitäten des Unternehmens im Einklang mit dem deutschen Regulierungsrahmen stehen“. Dies dürfte nun zu spät sein.