In der Grauzone erfolgreich: Bitget-Chefin Gracy Chen. Bild: Getty Images

Bitcoin-Börse Bitget wächst im Kryptoboom – trotz Warnung der Bafin

Beliebter als Coinbase und Binance: In deutschen App Stores zählt Bitget derzeit zu den gefragtesten Angeboten für den Handel mit Kryptowährungen. Das Problem: Das Unternehmen um die schillernde Chefin Gracy Chen hat dafür gar keine Erlaubnis, die Finanzaufsicht ermittelt. Welche Konsequenzen jetzt drohen.

Der Warnhinweis ist kurz, aber unmissverständlich: „Die Finanzaufsicht BaFin warnt vor Angeboten der BG Limited“, teilte die Behörde zu Jahresbeginn auf ihrer Website mit. Den Erkenntnissen der Finanzaufseher zufolge ermöglicht das Unternehmen unter der Marke Bitget den Handel mit Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether – und zwar ohne Erlaubnis, wie es in dem Schreiben weiter heißt. In Deutschland dürfen Finanzdienstleistungen nur mit behördlicher Genehmigung angeboten werden.

Dies hindert das Unternehmen offensichtlich nicht daran, die hiesigen Download-Charts zu stürmen. In den deutschen App Stores von Google und Apple rangierte Bitget in der Kategorie Finanzen in den vergangenen Tagen in den Top 20. Bei Apple schob sich die App zeitweise sogar vor die Angebote von Coinbase oder Binance, die zwei weltweit größten Krypto-Börsen. Laut dem Analyse-Tool Appfigures haben seit Jahresbeginn in Deutschland mehr als 300.000 Nutzer die App heruntergeladen. Was steckt dahinter? Und wie reagiert die Bafin auf die Vorgänge?

Bitget wächst im zweiten Halbjahr stark

Ein neuer Player auf dem Krypto-Markt ist Bitget nicht. Das Unternehmen mit Sitz in Singapur gibt es seit 2018, über die Gründer ist wenig bekannt. Die Anfänge von Bitget liegen im Copytrading, Nutzer können über die Plattform also die Strategien anderer Anleger entdecken und selbst anwenden. Auch hochspekulative Derivate sind Teil des Investment-
Angebots. Seit 2022 ist die Firma auf den Seychellen registriert.


Gemessen am Handelsvolumen gehört Bitget zu den weltweit größten Kryptobörsen. Nach Angaben der Plattform Coingecko laufen täglich rund 2,5 Milliarden US-Dollar über die Plattform. Dies ist zwar deutlich weniger als Binance und Coinbase abwickeln. Dennoch spielt Bitget in einer Liga mit anderen wichtigen Börsen wie Kraken oder OKX. Dazu beigetragen haben dürfte auch ein Deal mit Fußball-Superstar Lionel Messi; er wirbt unter anderem auf Instagram für die Bitget-App. Dort folgen ihm eine halbe Milliarde Menschen.

Eine schillernde Firmenchefin

Die eigentliche Schlüsselfigur hinter der Krypto-Börse ist aber eine andere: Gracy Chen. Die studierte Mathematikerin übernahm erst im Mai den Chefposten bei Bitget und ist damit die einzige Frau unter den CEOs der führenden Kryptobörsen. Ein Thema, das Chen in Interviews und öffentlichen Auftritten bewusst anspricht. „Als einzige weibliche CEO unter den führenden Kryptobörsen fühle ich mich wirklich privilegiert und geehrt, da dies dem Unternehmen hilft, eine breitere Perspektive zu entwickeln“, sagte sie dem Branchenportal Invezz im Sommer.

Chen selbst kam nach eigenen Worten erstmals 2015 über Freunde mit Kryptowährungen in Kontakt, damals stand der Bitcoin-Kurs noch bei 300 US-Dollar. Als sie das berühmte Bitcoin-Whitepaper von Satoshi Nakamoto gelesen habe, sei sie „sofort Feuer und Flamme“ für die Idee gewesen, schilderte Chen in einem Brief zu ihrem Amtsantritt im Mai. „Als Mathematikerin liebte ich die mathematische Schönheit des Systems.“ Ihren damaligen Job als TV-Moderatorin gab Chen kurz darauf auf. Sie gründete laut ihrem Linkedin-Profil zunächst zwei Startups im Softwarebereich, ehe sie vor zwei Jahren als Führungskraft bei Bitget anheuerte – und nun zu den Schlüsselfiguren der globalen Kryptowelt gehört.


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Doch wie die großen Konkurrenten kämpft auch Chen mit der Finanzaufsicht. Aus Großbritannien musste sich Bitget zwischenzeitlich zurückziehen. Erst vor wenigen Tagen konnte die Börse zurückkehren. Gerade im Kryptoboom der vergangenen Wochen dürfte Bitget wichtiges Wachstum verpasst haben.

In Deutschland schickte die Finanzaufsicht Bafin schon Anfang des Jahres eine Warnung vor dem Angebot heraus. Wie der aktuelle Stand ist, wollte die Behörde kurzfristig nicht mitteilen. Durch Fälle aus der Vergangenheit lassen sich die Probleme herleiten. Denn Bitget verfügt in Deutschland nicht über eine Kryptoverwahrlizenz und hat sich auch nicht mit einem Partner dafür zusammengetan.

Das hat zur Konsequenz, dass das Unternehmen zwar im App-Store oder per Website verfügbar ist, allerdings keine Werbung schalten darf. Von den großen Anbietern verfügen beispielsweise Coinbase, Bitpanda oder Bison über eine Lizenz – Binance dagegen nicht.

Zusammenarbeit mit Influencern

Wenn Bitget nun überhaupt keine Werbung in Deutschland schalten durfte, wie gelang das Wachstum der letzten Wochen? Tatsächlich hat sich das Unternehmen sehr wohl an die hiesigen Nutzerinnen und Nutzer gewendet. So ist zum Beispiel die Website auf Deutsch übersetzt. Zusätzlich wirbt die Firma über teils umstrittene Influencer für ihr Angebot. Dazu gehört etwa Kiarash Hossainpour aus dem reichweitenstarken Podcast Hoss & Hopf. Das Affiliate-Programm richtet sich in deutscher Sprache auch gezielt an deutsche Influencer.

Fintechs wie Crypto.com, Binance und Bitvavo mussten sich dem Verbot beugen – und haben den deutschen Markt wieder verlassen, wie eine Recherche von Finance Forward aufdeckte. Für die Finanzaufsicht ist unterdessen schwierig, einer Firma wie Bitget auf dem Inselstaat Seychellen überhaupt habhaft zu werden. Bis dahin kann Bitget erst einmal weiterwachsen.