Nach Millionen-Exit: Gründer kauft Fastbill zurück
Exklusiv: Fastbill zählt zu den Fintech-Pionieren im Geschäft mit Buchhaltungssoftware. Drei Jahre nach dem Exit an einen Wettbewerber kaufen Gründer René Maudrich und Co-Chef Benjamin Kirschner die Firma nun überraschend zurück. Welche Pläne stehen dahinter?
Für die Gründer war es ein Achtungserfolg: 2021 übernahm das kanadische Milliarden-Fintech Freshbooks das Frankfurter Finanz-Startup Fastbill, mutmaßlich für einen zweistelligen Millionenbetrag. Fastbill zählt zu den Pionieren im Geschäft mit Buchhaltungssoftware und finanzierte sich zuvor lange aus eigenen Mitteln. Investorengelder flossen erst wenige Jahre vor dem Exit in die Firma, die bereits 2011 von René Maudrich und Christian Häfner gestartet wurde.
Nun gibt es eine überraschende Wendung. Maudrich und dessen Co-Geschäftsführer Benjamin Kirschner haben sämtliche Fastbill-Anteile von Freshbooks zurückgekauft. Entsprechende Informationen von Finance Forward bestätigte Maudrich auf Anfrage, es habe einen Management-Buyout gegeben. „Bei Freshbooks gab es einige strategische Veränderungen was die Fokusmärkte angeht, sodass sich im Frühjahr die Gelegenheit für ein Kaufangebot unsererseits ergab“, so Maudrich.
Turbulenzen bei Fastbill-Mutter
Mit der Entwicklung von Fastbill seit dem Exit ist der Gründer nach eigener Aussage zufrieden. Dem damaligen Deal mit Freshbooks sei die Überlegung vorausgegangen, sich für das weitere Wachstum einen strategischen Partner an die Seite zu holen. „Diese Erwartungen und Ziele sind erfüllt worden“, sagt Maudrich.
Freshbooks zählt mit rund 30 Millionen Nutzern in 160 Ländern zu den größten Anbietern von Buchhaltungssoftware für Kleinunternehmen. Das milliardenschwere Fintech strebte 2021 nach Europa. Mit der Übernahme von Fastbill erschloss sich Freshbooks den deutschsprachigen Markt. Inwieweit sich die Partnerschaft für Fastbill positiv etwa bei Umsatz und den Kundenzahlen niedergeschlagen hat, will Firmenchef René Maudrich jedoch nicht kommentieren. Laut Bundesanzeiger wies die Frankfurter Firma für 2021 und 2022 Verluste von rund 120.000 Euro und 750.000 Euro aus.
Es ist jedoch kein Geheimnis, dass es um die Fastbill-Mutter zuletzt schwierig bestellt war. Wie viele mit Wagniskapital finanzierte Softwarefirmen fuhr auch Freshbooks einen rigiden Sparkurs, Grund waren steigender Zinsen und geopolitischer Unsicherheiten. Es gab mehrere Entlassungsrunden, dazu verließen zahlreiche hochrangige Manager die Firma – auch der CEO. Aus den europäischen Märkten soll sich Freshbooks inzwischen weitgehend wieder zurückgezogen haben. Künftig soll der Fokus auf Nordamerika liegen.
Wachstumsschub durch neue E-Rechnung?
Auch Fastbill wolle sich nach dem Rückkauf wieder verstärkt auf den Heimatmarkt fokussieren. „Die Erfahrungen aus dem internationalen Geschäft können wir gut nutzen, um unsere Präsenz im deutschsprachigen Raum auszubauen“, sagt Maudrich. Zu finanziellen Details will er sich nicht äußern. Im Markt sei Fastbill weiter gut positioniert, nicht nur aufgrund der längeren Firmenhistorie. Gerade bei Kunden aus dem IT-, Beratungs- und Handwerksbereich genieße die Firma viel Vertrauen. Hierzulande konkurriert Fastbill mit Anbietern wie Sevdesk, Lexoffice oder Easybill.
Zunächst wolle sich das Unternehmen darauf konzentrieren, seine Buchhaltungssoftware weiter zu automatisieren. Neue Wachstumsimpulse erhofft sich das Team vor allem von der sogenannten E-Rechnung, die ab kommenden Jahr zur Pflicht wird. Viele Unternehmen dürften sich in dem Zuge nach Softwareanbietern wie Fastbill umschauen. Auf Investorengelder ist das Unternehmen laut dem Gründer nicht angewiesen. „Wir sind profitabel“, so Maudrich.