Das Führungsteam hinter dem neuen Rocket Internet
Exklusiv: Der Fintech- und Startup-Investor Rocket Internet baut seine Führung um. Der langjährige Vorstand Alexander Kudlich verlässt das Unternehmen. Finance Forward hat mit Insidern über die neuen Schlüsselpersonen gesprochen.
Das Gerücht kochte in den vergangenen Wochen immer wieder hoch: Alexander Kudlich sei auf dem Absprung bei Rocket Internet, hieß es. Der mächtige Manager hat den Company Builder über Jahre mitgeprägt.
Nun geht er auf eigenen Wunsch, wie Rocket Internet mitteilt. Sein Abgang markiert einen Zeitenwechsel. Rocket ist mit der Inkubation von eigenen Startups großgeworden, zunehmend hat es sich aber zu einem der wichtigsten europäischen Investoren gewandelt. Einzelne eigene Gründungsversuche im Cannabis-Markt und mit Zahnschienen stellte die Firma zuletzt schnell wieder ein, wie Deutsche Startups berichtete. Kudlich stand auch für das Inkubationsmodell. Damit sei nun endgültig Schluss, sagt ein Insider – auch wenn das Unternehmens selbst betont, weiter an der Idee festhalten zu wollen.
Über KKR und Morgan Stanley zurück zu Rocket
Der 31-jährige neue Vorstand Soheil Mirpour gilt als einer der Vertrauten von Samwer, der ihn bei vielen Investmentdeals konsultiert, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Mirpour begann seine Karriere bei Rocket, ging dann zum Private-Equity-Giganten KKR und der Investmentbank Morgan Stanley. Der WHUler taucht in der Berliner Startup-Szene selten auf, hält sich im Hintergrund. Etwas Aufmerksamkeit bekam er, als das Wirtschaftsmagazin Forbes ihn unter die „30 unter 30“ wählte.
Er gilt als ein konservativer Startup-Investor, der regelmäßig Deals absage, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Mirpour war am Revolut-Deal beteiligt, Rocket investierte bereits bei der letzten Finanzierungsrunde einen zweistelligen Millionenbetrag in die Challengerbank. Er wird nun zu einem der jüngsten MDax-Vorstandsmitglieder.
Zu den weiteren wichtigen Köpfen gehört Bettina Curtze, die für Samwer das Fundraising vorantreibt und als Sprecherin nach außen mit der Presse kommuniziert. Ihr wichtigstes Projekt: Mit Rocket Internet Capital Partners hat das Unternehmen den größten europäischen Fonds aufgelegt. Capital hatte berichtet, dass für den zweiten Fonds bereits eine Milliarde Dollar zugesagt worden waren. Noch immer sucht das Unternehmen nach neuem Geld.
Ludwig Ensthaler und Donald Stalter sind die Stützen im US-Markt, der für Rocket Internet aktuell die wichtigste Region ist. Ensthaler sei ebenfalls dafür bekannt, nur wenige Deals zu machen. Dafür soll er für mehrere Top-Investments verantwortlich sein: das Koffer-Startup Away, den Messengerdienst Slack oder die Ferienwohnungsplattform Hometogo. Stalter sei gut im Silicon Valley vernetzt, er investierte auch für Rocket in das Fintech-Unicorn Brex, heißt es aus dem Unternehmensumfeld.
Immer noch stark auf den CEO Samwer ausgerichtet
Aus der alten Rocket-Garde genießt Matthias Müller noch einen guten Ruf: Beim HR-Startup Personio überredete er den Rocket-Chef zu einem frühen Investment, heißt es von einem Insider. Nun haben dort bekannte Geldgeber wie Accel und Index investiert, Samwer ist sehr zufrieden. Auch das schwedische Fintech Anyfin soll sich gut entwickeln, den Deal hatte Müller ebenfalls eingefädelt.
Rockets VC-Arm Global Founders Capital (GFC) ist mittlerweile überall auf der Welt verteilt. Die Mannschaft mit mehr als 50 Leuten sitzt zum Großteil in Berlin, London, New York, San Francisco. Auch in China, Indonesien, Italien oder Schweden sitzen Abgesandte von GFC.
Trotz der neuen Führung ist Rocket immer noch stark auf seinen Chef Oliver Samwer ausgerichtet. Entscheidungen über kleinere Millionen-Investments besprechen die Außenposten meist nur mit ihm. Erst die größeren Deals soll er mit Mirpour und anderen aus dem Team besprechen.
„Er ist netter geworden“
Doch Samwer habe sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt, berichtet ein Vertrauter: „Er ist netter im Umgang geworden, zieht keine Investmentzusagen mehr zurück“. Samwer muss sich an den Markt anpassen. Zum einen haben die Gründer an Macht gewonnen, weil so viel Geld im Markt ist. Zum anderen ist er – anders als beim Inkubieren – stärker auf langfristige Geschäftsbeziehungen angewiesen.
Mittlerweile organisiert Samwer offenbar sogar Teamevents. Erst vor einigen Monaten rief er sein GFC-Team in Berlin zusammen. Gemeinsam gingen sie Lasertag spielen, berichtet einer, der dabei war. Früher sei sowas nicht denkbar gewesen. Rocket teilte auf Anfrage mit, den Führungswechsel über die eigene Mitteilung hinaus nicht kommentieren zu wollen.