Noch 15 Millionen auf dem Konto – Banking-Anbieter Friday Finance verkauft Geschäft an Pliant
Exklusiv: Das Startup Friday Finance wollte mit einer Multi-Banking-Lösung die Finanzprozesse von kleinen und mittleren Unternehmen digitalisieren. Trotz guten Fundings und großer Expansionspläne beendete das Fintech nun überraschend sein Geschäft – und verkauft Teile des Unternehmens an einen Konkurrenten.
Im Herbst 2021 ging der Anbieter Friday Finance – damals noch unter dem Namen „Airbank“ – an den Start. Der Markt bot Potenzial: Vielen kleinen und mittleren Unternehmen mangelte es an einer klaren Finanzorganisation und die, die es gab, war häufig papiergebunden. Das wollte Friday Finance ändern, um so die Liquiditätsplanung zu verbessern.
Bereits zu Anfang erhielt das Fintech 2,5 Millionen Euro von namhaften Geldgebern – unter anderem Speedinvest und New Wave. Das Geschäft schien gut zu laufen: Mit Produkterweiterungen wie Bankkonten, Firmenkarten und automatisierter Buchhaltung entwickelte sich das Startup immer weiter zur Komplettlösung in Sachen Finanzmanagement. Mehr als 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren laut der Karriereplattform Linkedin zuletzt für Friday Finance tätig, sogar eine Expansion außerhalb Deutschlands war geplant.
Doch daraus wird jetzt nichts mehr: Seit dem 31. Juli ist das operative Geschäfts eingestellt, Kundinnen und Kunden hat Friday Finance bereits im Vorfeld informiert, wie eine Nachricht zeigt, die Finance Forward vorliegt. Nun wird das Geschäft an den Konkurrenten Pliant verkauft – ein überraschendes Ende.
Übernahme als „gute Lösung“
Zunächst war unklar, wie es zum plötzlichen Aus von Friday Finance kam. Kundinnen und Kunden erhielten Mitte Juli eine E-Mail, in der Friday Finance über das baldige Ende der Geschäftstätigkeit informierte und auf Alternativ-Anbieter wie Agicap, Candis oder Pliant verwies. Kurz darauf ging die Firmen-Website offline – ohne öffentliches Statement. In der Szene machten wilde Gerüchte die Runde.
Einige Wochen später gibt es nun Klarheit: Friday Finance schließt sich in einem Deal mit dem Firmenkreditkarten-Konkurrenten Pliant zusammen. Finance Forward hat die Details aus dem Unternehmensumfeld erfahren.
Das Fintech um die Gründer Christopher Zemina und Patrick de Castro Neuhaus hatte in den vergangenen zwölf Monaten mit dem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen – die Kernzielgruppe des Fintechs – sind von Inflation, steigenden Kosten und hohen Zinsen besonders stark betroffen. Zudem ist der Markt hart umkämpft. Mit Agicap und Monite hatte der Newcomer bereits zwei starke Wettbewerber, die deutlich früher gestartet sind.
Friday Finance habe in den vergangenen drei Jahren einen schnellen Aufstieg hingelegt, eine große Series A eingesammelt und das Team aufgebaut, heißt es dazu aus dem Firmenumfeld. Dann habe sich der Markt aber rapide gedreht – das Startup habe die Strategie anpassen müssen. Dabei schien der Zusammenschluss mit einem Mitbewerber als „für alle Beteiligten gute Lösung“.
Das breite Produktangebot wolle man nun verschlanken und auf ein Kernprodukt fokussieren – und dieser Fokus wird künftig auf Firmenkreditkarten liegen. Die Marke Friday Finance verschwindet entsprechend, der Berliner Anbieter Pliant bekommt durch den Deal so genanntes „Intellectual Property“ – also Schutzrechte an Software-Entwicklungen, Marken und Geschäftsgeheimnissen – und übernimmt außerdem Teile des Teams von Friday Finance. Auch das Gründerteam bleibt an Bord.
Fokus auf Kreditkarten-Features
Der Deal war bereits einige Zeit in der Mache, die beiden Gründerteams von Friday Finance und Pliant kannten sich schon vorher gut – auch durch gemeinsame Business Angels wie den Auxmoney-Gründer Raffael Johnen. Nun soll vor allem das Kreditkarten-Produkt von Friday Finance in Pliant übergehen, daneben seien aber auch andere Komponenten für Pliant spannend, an denen Friday Finance gearbeitet habe – einige davon seien noch nicht veröffentlicht worden.
Für Pliant-Ceo Malte Rau ist es ein guter Fit: „Friday Finance hat an vielen artverwandten Themen gearbeitet, die perspektivisch auch für uns interessant sein können“, sagt er im Gespräch. „Wir können unseren Produkt-Horizont damit erweitern und schauen, was wir zukünftig noch rund um das Thema Kreditkarten bauen.“ Das könnten etwa Themen wie Ausgabenmanagement oder Multi-Währungs-Funktionen sein. Weitere Details dazu möchte der Pliant-Gründer noch nicht verraten.
Die beiden Gründer Christopher Zemina und Patrick de Castro Neuhaus werden fortan in Führungspositionen im Strategie- und Produktbereich bei Pliant tätig sein. Von den 25 Festangestellten werden nur circa 15 von Pliant übernommen. Allerdings beschäftigte Friday Finance daneben auch noch einige Freelancer im Bereich Softwareentwicklung. Die meisten davon waren laut Insidern in Brasilien angestellt – auch sie konnten nicht übernommen werden.
„Die ersten neuen Mitarbeiter haben bereits bei uns angefangen“
In finanzielle Bedrängnis soll Friday Finance entgegen erster Medienmeldungen nicht gekommen sein. Aus dem Firmenumfeld heißt es, dass es sich nicht um einen so genannten „Firesale“, also einen notgedrungenen Panikverkauf, handele. Finanziell sei Friday Finance noch immer gut aufgestellt gewesen, ein Großteil des Fundings – von circa 15 Millionen ist die Rede – soll noch an Cash-Reserven übrig sein.
Genaue Zahlen zum Deal werden nicht genannt, nur so viel: Alle Investorinnen und Investoren sowie die beiden Gründer erhielten einen Mix aus Cash und Anteilen an Pliant. Die Firmenbewertung des Käufers, zu der die Friday-Finance-Geldgeber die Anteile bekommen, habe sich im Vergleich zur letzten Finanzierungsrunde auf etwas über 100 Millionen Euro leicht erhöht. Die große Exit-Erfolgsstory ist für das Fintech demnach ausgeblieben, die Rationalisierung des Geschäfts – also die strategische Entscheidung, sich aufgrund des geänderten Marktumfeldes einem Konkurrenten anzuschließen – habe im Vordergrund gestanden.
Nach erfolgter Integration wird es also nun unter der Flagge von Pliant weitergehen. Firmenchef Rau ist optimistisch: „Die ersten neuen Mitarbeiter haben bereits bei uns angefangen und es läuft super“, sagt er. „Wir haben definitiv ein kompatibles Mindset.“ Nun werde man sehen, wie man das gewonnene Know how bestmöglich einsetzt. Wer jetzt erwartet, dass Pliant sein gesamtes Geschäftsmodell verändert, liegt aber vermutlich falsch. „Wir wollen definitiv kein neues Candis – also ein vollumfängliches Rechnungsmanagement-Tool – bauen“, sagt Rau.