Die finanzierten Immobilien-Projekte von Exporo gingen 2020 zurück. (Bild: Danist Soh on Unsplash)

Exporo bekommt neue Millionen – doch der Firmenwert sinkt anstatt zu steigen

Exklusiv: Die Immobilien-Crowdplattform Exporo erhält einen Millionen-Betrag von Geldgebern. Im Geschäftsbericht zeigt sich allerdings, dass der Umsatz im ersten Coronajahr um ein Drittel geschrumpft ist. Wie steht es um das Hamburger Fintech?

Der Immobilien-Schwarmfinanzierer Exporo hat Ende Mai ein neues Funding hingelegt, bleibt allerdings einstweilen in der Defensive. Wie Finance Forward und Finanz-Szene aus dem Firmenumfeld erfuhren, soll ein mittlerer bis höherer einstelliger Millionenbetrag in das Hamburger Fintech geflossen sein. Neu eingestiegen ist das Family Office Infinitas Capital, hinter dem die Schweizer Geldgeber Peter und Robin Lauber stehen. Die wesentlichen Bestandsinvestoren – darunter E.Ventures, Holtzbrinck Ventures und BPO Capital – zogen laut Handelsregister mit. Exporo bestätigte, Infinitas Capital als weiteren Investor gewonnen zu haben, wollte sich aber nicht zu Details wie der Höhe des Fundings äußern.

Gleicht man die mutmaßliche Höhe des Fundings mit der Entwicklung der Gesellschaftsanteile ab, dürfte die Bewertung signifikant unter den 140 Millionen Euro gelegen haben, auf die Exporo zuletzt noch taxiert worden war. Laut Geschäftsbericht flossen im vergangenen Jahr acht Millionen Euro ins Unternehmen. Einige Zeit später soll Exporo dann noch einmal acht Millionen Euro erhalten haben. Eine weitere Finanzierung soll überdies für die kommenden Wochen geplant sein. Das wäre dann die vierte Kapitalinjektion binnen rund 24 Monaten.

Das Geschäftsmodell von Exporo steht seit Längerem unter Druck. Wie aus dem dieser Tage veröffentlichten Geschäftsbericht der Exporo AG für 2020 hervorgeht, schrumpfte der Crowdfinanzierer im Corona-Jahr 2020 bei praktisch jeder relevanten Kennziffer: Die Anzahl der vermittelten Projekte sank von 119 auf 91, das vermittelte Kapital um 28 Prozent auf noch rund 181 Millionen Euro. Der Umsatz fiel um knapp ein Drittel auf noch 13,3 Millionen Euro, der Verlust weitete sich auf 11,5 Millionen Euro vor Steuern aus. Ein Grund: Das Unternehmen hat die Marketingausgaben drastisch reduziert – von knapp 9 Millionen Euro auf 4,6 Millionen Euro. Exporo begründet dies mit der Coronakrise. Gleichzeit verursachte der Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Zinsland höhere Kosten.

Auch 2021 soll das Unternehmen laut Marktkennern nicht wirklich aus dem Knick gekommen sein – eine Einschätzung, die sich mit der Prognose im 2020er-Abschluss deckt. Dort hießt es, der Vorstand erwarte „im Vergleich zum Geschäftsjahr 2020 nur leichtes Wachstum beim vermittelten Kapital, der Anzahl Projekte und Provisionserträge sowie wachsende Kundenzahlen“. Und im laufenden Geschäftsjahr? Bewegt sich Exporo zumindest in einem zunehmend schwieriger werden Umfeld. So waren die Aktienkurse von Projektentwicklern wie Instone oder Corestate zuletzt stark zurückgegangen, weil steigende Zinsen, die Inflation und hohe Baukosten der Branche zusetzen. Das muss sich zwar nicht notwendigerweise auch auf das Geschäftsmodell von Exporo auswirken, weil das Hamburger Fintech die Gelder seiner Anleger an Projektentwickler lediglich vermittelt. Und doch: Dass Exporo die Probleme zumindest indirekt zu spüren bekommt, erscheint zumindest plausibel.

Exporo war in den ersten Jahren nach der Gründung steil gewachsen, dominierte den Crowd-Immo-Markt nach Belieben und schluckte 2019 den damals wichtigsten Wettbewerber Zinsland. Dann mehrten sich jedoch die Indizien, dass die Firmenstrukturen mit dem Anstieg von Kunden, Vermögen und Projektanzahl nicht Schritt gehalten hatten. Es häuften sich Zahlungsverzögerungen, zeitweilig hakte es bei über einem Viertel der laufenden Projekte. Die bestehenden Schwarmanleger wurden zurückhaltender, das Geld für die Akquise neuer Kunden knapper.

Auch personell stieg die Unruhe. Im Februar 2021 wurde der Abgang von Mitgründer Carl von Stechows bekannt, einen Monat später der von Mitgründer Julian Oertzen. Der von der Quirin Bank verpflichtete „Chief Growth Officer“ Matthias Meusel war nach vier Monate schon wieder weg. Einen weiteren Schwinger musste Exporo im Februar dieses Jahres hinnehmen: Eine „Schwarmrecherche“ von Nutzern des Anlegerschutzportals „Investmentcheck“ legte offen, dass Anleger zeitweilig in mindestens 18 Projekten auf die versprochene und überfällige Rückzahlung warten. Fast zeitgleich warf das „Manager Magazin“ Exporo vor, Risiken gegenüber Anlegern zu verschleiern. Die Verspätungen bei laufenden Bauprojekten hätten sich auf ein halbes Jahr verdreifacht.

Im Markt kursierten zuletzt Gerüchte, Exporo habe in den vergangenen Monaten nach einem Käufer Ausschau gehalten habe. Die jüngste Finanzierung immerhin zeigt: Das einst hochambitionierte Hamburger Startup bleibt erst einmal eigenständig; und die Geldgeber sind für den Moment weiterhin bereit, ins Unternehmen zu investieren.