Deutschland-Chef geht, App-Downloads brechen ein – Trading-App Etoro mit Schwierigkeiten
Exklusiv: Nächster Abgang bei Etoro – der langjährige Deutschlandchef Dennis Austinat verlässt den Trading-Anbieter, der vor wenigen Monaten noch mit einer Firmenbewertung von zehn Milliarden Dollar an die Börse wollte. Nun schwächelt das Wachstum.
Als Dennis Austinat zur Social-Trading-App Etoro kam, da stand die Kryptobranche noch vor ihrem großen Höhenflug. Denn Mitte 2016 war die Szene – verglichen mit dem, was kommen würde – noch klein. Etoro legte in den vergangenen Jahren ein rasantes Wachstum hin. Es profitierte vom Aktienboom und Kryptohype, mittlerweile zählt das 2007 gestartete Fintech eigenen Angaben zufolge mehr als 30 Millionen Nutzerinnen und Nutzer.
Doch seit einigen Monaten kämpft Etoro nun mit Schwierigkeiten, abgesehen von dem Marktumfeld musste Etoro einen geplanten Spac-Deal wieder absagen – es konnte die angepeilte Bewertung von rund zehn Milliarden Dollar nicht mehr durchsetzen. Dabei hatte Gründer Yoni Assia 2020 im FinanceFWD-Podcast noch gesagt: „Wir bauen ein Unternehmen, das zehn oder 50 Milliarden Dollar wert sein könnte“.
Zwei Millionen deutsche Nutzer?
Das Unternehmen will derweil nichts von einer Krise wissen. „Seit Anfang 2022 hat Etoro weitere drei Millionen registrierte Nutzer weltweit hinzugewonnen, so dass die Gesamtzahl nun bei über 30 Millionen liegt“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Rund sieben Prozent der Nutzer kämen aus Deutschland, das entspricht knapp mehr als zwei Millionen.
Zum Vergleich: Deutschlands bekannteste Trading-App, Trade Republic, hat kürzlich die Marke von zwei Millionen Kundinnen und Kunden überschritten, wie Finance Forward berichtete. Der Frankfurter Online-Broker Flatexdegiro verzeichnete zuletzt 2,3 Millionen Kunden. Das Angebot von Etoro ist dabei etwas breiter: Seinen Nutzern bietet es neben Aktien und ETFs auch Kryptowährungen oder spekulative Differenzkontrakte (sogenannte CFDs) an. Nutzerinnen und Nutzer können dabei die Investmententscheidungen von anderen kopieren.
Bei den Angaben von Etoro handelt es sich allerdings nur um registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Aus den Unterlagen des Spac-Börsengangs ging hervor, dass von den 18,7 Millionen Nutzern Anfang 2021 nur 1,2 Millionen auch Geld in dem Etoro-Account hatten. Eine aktuelle Zahl der „funded accounts“ nennt Etoro nicht. Die Zahl der registrierten Nutzer sei seit Januar in Deutschland „trotz des schwierigen Marktumfelds um rund 15 Prozent, die Zahl der funded accounts um rund 14 Prozent“ gestiegen, sagt ein Sprecher.
Wie eine Auswertung von Finance Forward mit dem Analyse-Dienst Data.ai zeigt, sind im laufenden Jahr allerdings hierzulande kaum Nutzerinnen und Nutzer hinzugekommen. Besonders seit Mai hat sich die Zahl der App-Downloads im Vergleich zu den Vormonaten schlecht entwickelt. Die Zahlen sind nur noch ein Bruchteil dessen, was Etoro 2021 noch in Deutschland an Wachstum verzeichnen konnte.
2022 ein schwieriges Jahr
Auf Anfrage gibt sich das Unternehmen bedeckt. „Wir haben unsere Nutzerbasis in Deutschland weiter ausgebaut und die Zahl der registrierten Nutzer ab 2019 um etwa 200 Prozent gesteigert“, heißt es vom Sprecher. Das angesprochene Wachstum dürfte allerdings hauptsächlich aus dem Jahr 2021 stammen, zu den vergangenen Monaten will sich das Unternehmen offenbar gar nicht äußern. Seit Mai wurde die App in Deutschland laut Data.ai nur knapp 100.000 Mal heruntergeladen. Zwischen November 2021 und Mai 2022 kam es indes auf 318.000 Downloads.
Im Juli hatte das Unternehmen allerdings schon auf die Folgen der abgekühlten Marktsituation reagiert. Die Führung habe den Mitarbeitern mitgeteilt, man sehe weniger Kundenaktivität als im vergangenen Jahr, erfuhr Finance Forward. Deshalb müsse der Broker Geld sparen und entließ rund sechs Prozent der Mitarbeiter. Insgesamt beschäftigte Etoro nach eigenen Angaben 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, demnach sind rund 100 Mitarbeiter betroffen. Das Unternehmen beteuert, aufgrund steigender Kundenzahlen in Deutschland „bereits drei neue Account-Manager“ in den vergangenen Monaten eingestellt zu haben. Für „fünf bis sechs weitere Vollzeitstellen“ suche es derzeit Mitarbeiter.
Aufgrund des aktuellen Marktes müsse man die Kosten im Blick behalten, hieß es vom Unternehmen im Sommer. Nach einem „Hyperwachstum“ sei es wichtig, als Unternehmen stärker auf die Profitabilität zu achten. Die Firma hat zehn Niederlassungen unter anderem in den USA, Israel, aber auch ein kleines Team in Deutschland.
Im deutschen Management gibt es derweil gleich mehrere Abgänge. Anfang des Jahres ging Europa-Director Michael Wild bereits zum Konkurrenten Binance, er war im Mai 2021 angetreten, um die Präsenz hierzulande stark auszuweiten. Der Marketing-Manager Doron Rozenberg – seit 2015 an Bord – folgte ihm. Und der langjährige Manager Austinat verlässt die Trading-App zum Ende des Jahres, ohne dass ein Nachfolger fest steht. Etoro „sondiere derzeit Optionen für einen Nachfolger“, sagt der Sprecher.
Hinweis: Der Artikel wurde im Nachhinein um zwei Statements von Etoro zur Mitarbeiterzahl und zu den „funded accounts“ ergänzt.