Enpal-Gründer Mario Kohle (Bild: PR)

Boom von Solar-Finanzierungen: Enpal steigt ins Fintech-Geschäft ein

Das milliardenschwere Solar-Startup Enpal hat eine eigene Fintech-Tochter gegründet, um neue Wachstumskanäle zu finden. Ein Markt, der gerade mehrere Finanz-Startups anzieht. Was steckt hinter dem Boom?

Es ist brechend voll in der Cafeteria von Enpal, als Firmenchef Mario Kohle mit einem breiten Grinsen auf die Bühne springt. Mit Konfetti-Kanonen, Elektrobässen und großem Applaus wird er an jenem Montag Ende März eine Produktneuheit ankündigen: die „EasyFlex Finanzierung“, ein Ratenkredit-Angebot für Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen.

Der Solar-Kredit ist das erste Produkt der hauseigenen Fintech-Tochter EFS (kurz für Enpal Financial Services). Enpal hatte den Finanzdienstleister bereits im Juni 2023 still und heimlich gegründet und für dessen Leitung „Chief Banking Officer“ Thom Rasser angeheuert. Der Niederländer war zuvor Finanzchef bei der Berliner Solarisbank. Mit dem Ratenkredit der EFS können Eigenheim-Besitzer ihre neue Solaranlage über 25 Jahre mit einem gedeckelten Zinssatz von maximal 5,99 Prozent finanzieren. Rund 6.000 Kunden hätten sich bereits dafür entschieden.

Mit diesem Schritt in das Finanzierungs-Geschäft versucht sich Enpal einen neuen Markt zu erschließen. Die Handwerksfirmen, mit denen Enpal normalerweise bei dem Vertrieb von Solarpaneelen und Wärmepumpen konkurriert, können künftig zumindest einen Kredit der Firma nutzen. Doch der Berliner Anbieter muss sich in diesem Markt gegen neue Konkurrenten behaupten. Beispielsweise gegen das deutsch-schwedische Finanz-Startup Cloover, das kürzlich rund 114 Millionen Dollar eingesammelt hat, um die eigene Finanzierungslösung auszubreiten. Bullfinch heißt ein anderes Fintech.

Blackrock und Barclays setzen auf das Geschäft

Hinter dem Enpal-Angebot steckt ein kompliziertes Verbriefungsprogramm: Enpal veräußert Forderungen aus dem Verkauf und der Installation von Solaranlagen an spezielle Zweckgesellschaften (sogenannte SPVs). Diese Firmen machen daraus Wertpapiere, die sie an Investoren verkaufen. Das Geld, das Enpal dadurch bekommt, wird genutzt, um wiederum die Ratenkredite vorzufinanzieren.

„Unser Team hat hier nichts weniger als eine neue Asset-Klasse in Europa geschaffen“, schwärmt Enpal-CEO Mario Kohle. Dem Ganzen seien „Jahre an Aufbauarbeit“ mit internationalen Banken vorangegangen, so Kohle. Mittlerweile habe seine Firma 3,6 Milliarden Euro an Finanzierungsvolumen bei Investoren eingeworben, darunter vom Vermögensverwalter Blackrock, der britischen Großbank Barclays, der Bank of America und dem kanadischen Pensionsfonds CPP. Damit kann auch das neue Fintech-Produkt befeuert werden.

Kleine Firmen dominieren den Markt

Ein eigenes Team hat in den vergangenen Monaten schon den Start von EFS vorbereitet. Das milliardenschwere Startup muss nach neuen Wachstumsfeldern suchen, das bisherige Solar-Geschäft ist zurzeit schwieriger geworden. Der Vorteil: Ein Großteil des Marktes wird noch von kleineren Solarfirmen bedient und genau die will EFS erreichen.


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Wettbewerber Cloover geht davon aus, dass die neueren Anbieter wie Enpal und Co. gerade einmal 15 Prozent des Gesamtmarktes abdecken, der große Rest wird von Mittelständlern und Handwerksbetrieben bedient. Ein erster Kunde von Cloover heißt 4Panels, eine Firma, die 2.000 Anlagen im Jahr installiert. Um die 100 Partner habe es schon.

Enpal versucht ebenfalls die Zielgruppe zu erreichen – mit seinem Angebot „Enpal Pro“  verkauft es, das eigene Logistiknetzwerk und Wareneinkauf an andere Solar-Firmen. Die Ratenfinanzierung ist ein nächster Schritt.

„Kapitaleffizient ist anders“

Unter Wagniskapitalgebern sieht man den neuen Boom der Solar-Fintechs zwiegespalten. Stark wachsende Solar-Anbieter wie Zolar oder eben Enpal könnten von dem Modell rasch profitieren, heißt es in Investorenkreisen. Ein Grund ist der Fachkräftemangel: „Das Modell ermöglicht, auch über die eigene Manpower und Vetriebsleistung hinaus Umsatz zu machen, weil man quasi nur die Finanzierung anbietet und den Rest lokalen Betrieben überlässt“, sagt einer, der sich das Modell angesehen hat. Dazu könnten die Anbieter über Bande an zusätzliche Nutzer gelangen, um ihre intelligenten Stromnetze auszubauen.

Die Sorge, dass die Handwerksbetriebe ihre Kunden durch die Fremdfinanzierung an die Startup-Konkurrenz weiterreichen, teilt man nicht. Das Modell verspreche den Betrieben mehr Umsatz. Denn sie könnten so auch Kunden bedienen, die etwa aufgrund geringer Bonität keinen Kredit bei einer Bank bekommen. „Da sich die Finanzanbieter mit der Energieleistung der Kunden absichern, besteht auch ein geringeres Ausfallrisiko“, meint ein Investor.

Überzeugt ist aber nicht jeder. Gerade reine Finanzierungsanbieter wie Cloover oder Bullfinch müssten ständig mehr Kredite vermitteln, um verlässlich wachsen zu können. Dabei wachsen entweder die Partner selbst oder man benötigt immer neue Partnerfirmen. Entsprechend hoch sei der Sales-Aufwand. Zusätzlich erfordere das Modell zunächst hohe Fremdkapitalinvesitionen bei den Unternehmen selbst, um die Kredite zu finanzieren. „Kapitaleffizient ist anders“, moniert ein Partner eines Frühphasen-VCs. Entsprechend habe man von dem Modell Abstand genommen.

Vorbild aus den USA

Unbestritten sei allerdings, dass es für Finanzierungen von Solar und anderen Anlagen rundum Erneuerbare Energien einen Markt gebe – das zeigten wieder einmal die USA. Dort hat allein der junge Anbieter Goodleap nach eigenen Angaben bereits Kredite im Volumen von 30 Milliarden Dollar vermittelt. Das Startup zählt zum Kreis der sogenannten Decacorns, wird also von Investoren mit mehr als zehn Milliarden US-Dollar bewertet. In Europa ist die Firma bislang nicht aktiv. Das schafft eine Marktlücke, die nun auch Enpal erkannt hat.

Ob sich Installateure auf einen Finanzierungspartner wie Enpal einlassen, ist allerdings fraglich. „Kein Installateur hat Lust die ganzen Daten an ihren größten Kokurrenten zu geben“, lautet die Argumentation von Cloover. „Die brauchen einen neutralen Softwarepartner.“ Das Wettrennen dürfte nun erst richtig losgehen.

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