Warum die DKB ausgerechnet jetzt ihr kostenloses Girokonto abschafft
Die DKB erhöht die Preise – und beendet ihr bedingungslos kostenloses Kontoangebot. Damit verliert die zweitgrößte deutsche Direktbank ein Alleinstellungsmerkmal. Was sind die Gründe?
Zu den vielen ausschließlich guten Dingen, die sich über die verstorbene britische Königin sagen lassen, gehört unter anderem auch, dass sie sich an das Hausmotto „Never complain, never explain“ Zeit ihres langen Lebens tatsächlich gehalten hat. Es mag modernere Methoden der Öffentlichkeitsarbeit geben. Aber keine souveräneren. Insofern: Auch diesbezüglich hat die gute Frau eigentlich alles richtig gemacht.
Womit uns nichts anderes übrig bleibt, als uns die Dinge irgendwie selbst zusammenzureimen.
Vordergründig ist die Sache recht simpel: Die DKB vollzieht einen branchentypischen Move und kettet bei Neukunden die Gebührenfreiheit des Girokontos an einen Geldeingang von mindestens 700 Euro. Die Konkurrenten ING Diba und die Comdirect machen das exakt genauso. Die DKB macht überdies die Girocard für alle Kunden kostenpflichtig und optional, auch dies eine Parallele zu den beiden anderen großen, klassischen Direktbanken hierzulande.
Unterm Strich dürften diese beiden Maßnahmen auf folgende, durchaus wünschenswerte Effekte hinauslaufen:
– Das Konto-Angebot wird unattraktiver für Konto-Hopper und sonstige unrentable Kunden
– Man spart ein paar Euro an Kartenproduktions-, Versand- und Prozessierungskosten, schließlich werden zumindest einige der zuletzt 5,2 Millionen Kunden in Zukunft auf die Girocard verzichten
– Und mit Kunden, die die Girocard für unverzichtbar halten, macht die DKB künftig immerhin knapp 12 Euro Extra-Ertrag pro Jahr (abgeleitet aus der Gebühr von 0,99 Euro pro Monat), mal abgesehen davon, dass Visa die DKB für die Degradierung der Girocard vermutlich ordentlich gesondert entlohnt haben dürfte.
Was aber steht diesen positiven Effekten gegenüber?
1. Die DKB verliert ihr Alleinstellungsmerkmal als – jedenfalls unter den klassischen Direktbanken – letzte Anbieterin eines bedingungslos kostenlosen Girokontos. Wie die BayernLB jetzt noch das 2019 reklamierte Ziel von acht Millionen Kunden bis 2024 erreichen will, erscheint schleierhaft, es sei denn, man macht’s durch Zukäufe.
2. Das simple Einlagengeschäft könnte bald wieder Spaß machen bei einem EZB-Einlagenzins von 0,75 Prozent, dem vorerst noch ein Nullverzinsung bei den eigenen Sichteinlagen gegenüberstehen dürfte. Während der Wettbewerb – etwa Consors, die Deutsche Bank oder ING Diba – die Kunden bereits wieder lockt, geht die DKB einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung
3. Wenn die DKB jetzt schon Girocard auch für Bestandskunden bepreist, sendet sie ein Signal an die eigene Klientel, dass auch die 700-Euro-Regel früher oder für alle Kunden gelten könnte
4. Die Girocard-Bepreisung und ein paar andere Kleinigkeiten (Gebühren für Zusatzkonten) machen die aktive Zustimmung der Kunden nötig; die entsprechenden Mail-Kampagnen haben am Mittwoch bereits begonnen. Das ist ein ganz schön hoher Aufwand bei dem allergrößten Teil der 5,2 Millionen Kunden, der da jetzt erst einmal entsteht
5. Die DKB tut all das im Wissen, dass die ursprünglich für den Sommer 2020 angekündigte native App immer noch nicht fertig ist. Ein riskantes Spiel mit dem eigenen Image
Kurzum, der Preis für den angedeuteten Strategieschwenk ist hoch. Und so gesellen sich zu den naheliegenden Erklärungsmustern möglicherweise auch ein paar exotische. Etwa:
- Hat die DKB an der Generierung von Einlagen aus bilanzpolitischen Gründen womöglich gar kein Interesse?
- Wurde die am Mittwoch verkündeten Maßnahmen womöglich lange vor der Zinswende beschlossen – und nun konnte oder wollte man nicht mehr zurück?
- Ist der Gewinn-und-Verlust-Ausblick so diesig, dass sich die zweitgrößte Direktbank hierzulande möglicherweise zu dem Schritt genötigt?
In Berlin weiß man (hoffentlich) die Antworten. Aber wie gesagt, die DKB erklärt sich nicht.