Milliarden-Gewinne, Klagen und Hacks – die Binance-Story
Binance ist die größte Kryptobörse der Welt und erzielt Milliarden-Gewinne. Ein Betrieb ohne Skandale ist in den vergangenen Jahren jedoch nicht gelungen. Welche Rolle kann das Startup in der Zukunft spielen?
Es begann bei einer Pokerrunde in Shanghai: An einem Abend im August 2013 hörte Changpeng Zhao zum ersten Mal von der Kryptowährung Bitcoin. Wenige Monate später verkaufte der studierte Informatiker sein Haus für eine Million Dollar – und erwarb von dem Geld Bitcoin, damals für etwa 600 Dollar pro BTC.
Mittlereile ist Zhao nur noch als CZ bekannt. Und er ist Milliardär. Geschafft hat er das mit seiner im Juli 2017 gegründeten Krypto-Börse Binance. Das Unternehmen hat eine durchwachsene Geschichte, es gab Ärger mit diversen Regulatoren, Hacks und Scams.
Mit einfacher Bedienbarkeit und einer großen Auswahl an Währungen ist es Binance trotzdem gelungen zur größten Kryptobörse der Welt aufgestiegen. Und es ist damit auch als Unternehmen höchst erfolgreich. Während viele Krypto-Startups noch an ihrem Produkt und Geschäftsmodell werkeln, ist Binance bereits hochprofitabel.
Lediglich 15 Millionen für den Start
Vor sieben Jahren hatte der Binance-Gründer nicht mit irgendwem gepokert, sondern mit Bobby Lee, mittlerweile einer der bekanntesten Bitcoin-Visionäre und Gründer von BTCC, der wichtigsten chinesischen Kryptobörse. Aber es dauerte noch vier Jahre bis zum Start von Binance, CZ sammelte in dieser Zeit Erfahrung.
Im Juli 2017, in der Hochphase der Kryptowährungen, sammelte er von Anlegern dann bei einem ICO 15 Millionen Dollar ein, um seine eigene Kryptobörse zu starten. Ein vergleichsweise kleiner Betrag, der Binance weit brachte. Der Gründer setze auf eine einfache Bedienbarkeit der Seite, auch für die breite Masse.
Im Gegensatz zu dem US-Startup Coinbase fokussierte sich CZ mit Binance nicht nur auf wenige große Kryptowährungen, sondern holte gleich mehrere unterschiedliche Projekte auf seine Handelsplattform, die dort gelistet ist. Für einen Token ist es ein Ritterschlag auf der Börse Binance gehandelt zu werden, die Listung soll mitunter mehrere Millionen Dollar kosten. Auch die Schnelligkeit zählt Binance zu seinen Vorteilen: Eigenen Angaben zufolge kann es 1,4 Millionen Transaktionen pro Sekunde verarbeiten.
Schon drei Monate nach dem Start gab es jedoch den ersten Rückschlag: Binance musste China verlassen. Die Behörden hatten ihren Kurs gegenüber Kryptoprojekten verschärft. Das Startup zog daraufhin nach Japan. Es war der Beginn von weiteren Schwierigkeiten: 2018 wurde die Krypto-Börse zum ersten Mal gehackt. Scammer hatten Google-Anzeigen erstellt, um Nutzer dazu zu verleiten, ihre Binance-Anmeldedaten auf gefälschten Websites einzugeben. Dann leerten sie die Konten. Der Worst-Case für eine Börse.
Binance konnte Schlimmeres verhindern, indem es Auszahlungen stoppte. Aber die japanischen Behörden nahmen den Fall zum Anlass, ihre Regularien strenger zu gestalten. Das Unternehmen musste erneut das Weite suchen, dieses Mal ging es nach Malta und auf die Cayman Islands – zumindest so halb. Denn bei diesem Umzug kamen die rund 600 Mitarbeiter nicht mit, sie arbeiten seither von überall aus der Welt. Inzwischen ist das Fintech in fast allen Ländern der Welt aktiv.
Bitcoin stagniert, Binance wächst
Um den Bitcoin wurde es nach dem Hype 2017 wieder ruhiger, der Preis pendelte sich nach dem Hoch zwischen 5.000 und 10.000 Dollar ein. Die große Masse an Interessenten war erst einmal wieder weg.
Gleichzeitig kamen andere Kryptowährungen auf, Ethereum und das Ökosystem gewann an Relevanz. Für Binance hieß das, sich in Ruhe entwickeln zu können. Auf dem Höhepunkt der Krypto-Hypes gab Binance an, dass seine 7,9 Millionen Nutzer täglich im Wert von rund zehn Milliarden Dollar gehandelt hätten. Auch nach Ende der Hochphase konnte die Plattform weiter wachsen – auf 15 Millionen Nutzer. Der Binance-Gründer schaffte es unterdessen auf das Forbes-Cover und wurde durch seine Beteiligung zum Milliardär. Sein Unternehmen ist durch seine eigene Kryptowährung BNB mittlerweile umgerechnet 3,6 Milliarden Euro wert.
Ärger gab es trotzdem: Im Mai 2019 wurde Binance erneut gehackt. Dieses Mal gelang es den Hackern, Bitcoin im Wert von 40 Millionen Dollar zu stehlen. Binance machte für eine Woche zu und übernahm die Kosten selbst, statt sie auf die Nutzer abzuwälzen. Aufgeklärt ist der Hack bis heute nicht. Unterdessen zeigt der Fall, wie schwer sich auch die wichtigste Krypto-Börse tut, große Skandale zu umschiffen.
Ein neuer Bitcoin-Boom
2020 ist nun wieder ein Bitcoin-Jahr. Doch mit dem Höhenflug von vor drei Jahren ist die Phase nicht gleichzusetzen, der komplette Markt hat sich weiterentwickelt. Das zeigt sich beispielsweise bei Google. Bis vor Kurzem korrelierte das Suchvolumen von Bitcoin mit dem Preis. Umso mehr Menschen den Begriff nachschlugen, umso höher stieg auch der Preis der Kryptowährung. Das zeigt, dass viele Kleinanleger den Preis getrieben haben.
Das hat sich geändert. Die jüngste Preisrallye sah sich keinem gesteigerten Suchaufkommen gegenübergestellt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass professionelle Investoren in den Markt einsteigen, etwa Pensionsfonds und Family Offices, die das Geld vermögender Familien anlegen. Ein Trend, auf den nun auch Binance verstärkt setzt, mit Binance Research versucht es, institutionelle Anleger zu gewinnen.
Für Binance ist 2020 immer noch kein stressfreies Jahr. Im Oktober berichtete Forbes über ein internes Dokument, das Methoden von Binance aufzeigte, die „Regulierungsbehörden in den Vereinigten Staaten absichtlich zu täuschen“. Es wolle so von US-Kunden profitieren, die es offiziell nicht führen darf. Der Binance-Chef CZ kündigte in der Folge an, Forbes zu verklagen. Einen Monat später zeigte sich, dass Binance seine US-Nutzer aus der App schmiss. Das Unternehmen hat zwar einen Ableger in den USA, der verfügt aber nicht über die gleiche Produktlinie wie Binance selbst.
Binance setzt verstärkt auf Deutschland
Im September wurden gegen Binance zudem Geldwäschevorwürfe über neun Millionen Dollar aus Japan erhoben, es kam zu einer Klage. Die Börse ist inzwischen so relevant, dass sich derartige Geschichten auf den Bitcoin-Preis auswirken könnten, heißt es in einem Bericht von Chainanalsysis.
Für deutsche Kunden ist Binance ist bereits seit Dezember 2017 verfügbar, benötigt nun jedoch auch eine entsprechende Lizenz. Die Webseite wurde damals noch von Freiwilligen ins Deutsche übersetzt, seit Anfang des Jahres sucht das Unternehmen nun schon konkret nach Mitarbeitern für den deutschen Markt. Im August wurde eine Binance Deutschland GmbH gegründet, seit September ist die hauseigene Krypto-Kreditkarte Binance Card in Kooperation mit Visa auch in Europa verfügbar.
Vielleicht schafft Bitcoin am Ende auch den großen Durchbruch in der regulierten Finanzwelt. Als die Financial Times vor wenigen Tagen damit titelte, dass die britische Queen ein Interesse an der Blockchain geäußert habe, fragte sich der Gründer CZ auf Twitter, wie viele Bitcoin sie wohl halte. Der Erfolg seiner Plattform ist eben stark vom Erfolg der Kryptowährungen abhängig. Und Binance muss beweisen, dass es das Geschäft auch ohne große Skandale bewältigt.