Jobabbau und schrumpfende Umsätze bei Unicorn Deposit Solutions
Exklusiv: In dem Jahr vor der Fusion mit dem Konkurrenten Raisin kämpfte Deposit Solutions mit Problemen. Eine wichtige Partnerbank brach weg, der Umsatz sank um neun Prozent.
2019 erreichte die Einlagenplattform Deposit Solutions, die hinter der Marke Zinspilot steht, den Einhorn-Status. Die Deutsche Bank kaufte sich damals zu einer Firmenbewertung von mehr als einer Milliarde bei dem Hamburger Fintech ein. Dem Ritterschlag allerdings folgte die Ernüchterung. Wie aus dem dieser Tage veröffentlichten 2020er-Geschäftsbericht hervorgeht, sanken die Umsätze in jenem Jahre nämlich um neun Prozent auf nur noch 16,9 Millionen Euro. Höchst ungewöhnlich für ein Wachstumsunternehmen, und zumal für ein frisch gekürtes Einhorn.
Als Grund schreibt das Unternehmen: „Die größte Produktbank der Gesellschaft, welche zu Spitzenzeiten ~ 60 Prozent der von der Gesellschaft verwalteten Einlagen auf sich versammelte, setzte nach ihrer Übernahme und der anschließenden strategischen Neuausrichtung das Einlagenvolumen auf Null herab.“
Wer die „Produktbank“ ist, verrät der Abschluss nicht, ein Sprecher des fusionierten Nachfolge-Unternehmens Raisin DS (das „DS“ steht für „Deposit Solutions“) wollte sich dazu am Wochenende nicht äußern.
Partnerbank aus Hamburg
Plausibel wäre jedoch, dass es sich bei der „Produktbank“ (das sind die Banken, bei denen die über die Deposit-Plattform vermittelten Einlagen landen) um die heutige Hamburg Commercial Bank (HCOB) handelte – also um die frühere HSH Nordbank. Diese hatte sich ab Ende 2017 eine Zeitlang stark über Retail-Einlagen refinanziert und Kunden mit hohen Zinsen sowohl für Tages- als auch für Festgelder angelockt.
Partner hierbei war Deposit Solutions, das Hamburger Fintech kassierte entsprechend auch die Vermittlungsprovisionen. Später allerdings stellte die HCOB/HSH ihr Funding um, refinanzierte sich wieder stärker über Wholesale-Kanäle sowie über die TLTRO-Programme der EZB. In der Folge sank der Einlagenbestand zwischen Ende 2019 und Ende 2020 von 13,6 Milliarden Euro auf nur noch 9,1 Milliarden Euro.
Folgen der Probleme: Jobabbau
Neben dem Verlust der wichtigsten „Produktbank“ hatte Deposit laut Geschäftsbericht 2020 auch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. So habe sich durch die Corona-Krise die Nachfrage bei bestehenden Partner reduziert, bei neuen Partner sei es zu „Launch-Verzögerungen“ gekommen.
Eine Folge der Probleme: Der Hamburger Einlagen-Broker musste sein Team offenbar merklich verkleinern. 2019 hatte das Fintech noch 239 Mitarbeiter beschäftigt, ein Jahr später waren es ausweislich des Geschäftsberichts rund 50 weniger. Raisin DS wollte die Umstände des Jobabbaus nicht kommentieren.
Der Zusammenschluss zwischen Raisin („Weltsparen“) und Deposit Solutions im Sommer 2021 gilt als der bislang größte Zusammenschluss zweier Fintechs hierzulande. Einer der wichtigsten Investoren des fusionierten Unternehmens, nämlich der skandinavische Risikopitalgeber Kinnevik, hatte Raisin DS unmittelbar nach dem Merger mit 1,3 Milliarden Euro bewertet. Gut möglich, dass Umsatzrückgang bei Deposit Solutions die Verhandlungen mit Raisin beschleunigt hat.
Zumal: Der Blick in alte Geschäftsberichte zeigt, dass auch Raisin nicht von Rückschlägen verschont geblieben ist. Die jüngsten veröffentlichten Zahlen des Berliner Fintechs stammen aus 2018. In jenem Jahr setzte Raisin zwar stattliche 17,0 Millionen Euro um, also etwa so viel wie Deposit Solutions zwei Jahre später. Gleichwohl blieb der Einlagen-Broker damit 27 Prozent hinter den eigenen Planzahlen zurück.