Ehemaliger Mollie-Manager bringt US-Fintech Capchase nach Deutschland
Der spanisch-amerikanische Revenue-Based-Capital-Anbieter Capchase kommt nach Deutschland. Verantworten wird die Expansion Frank Bertele, der zuvor in gleicher Rolle bei Mollie aktiv war.
Es hat weniger als ein Jahr gedauert, bis Pipe zum Unicorn aufstieg. Kaum überraschend also, dass sich andere Gründerinnen und Gründer das Geschäftsmodell näher anschauen. Sowohl in den USA als auch Europa arbeiten verschiedene Teams an dem gleichen Produkt: einer umsatzbasierten Finanzierungsform.
Die Startups erhalten dabei beispielsweise eine Million Euro und zahlen das Geld zurück, immer dann, wenn sie etwas einnehmen. Der Finanzierungsgeber erhält einen vorher vereinbarten Teil des Umsatzes ein. Von einer Bank erhalten die Firmen oft keine Kredite. Unter den Wettbewerbern in Deutschland sind unter anderem die beiden Liqid-Macher mit ihrem Fintech Recap, bei dem Szeneköpfe wie Jan Beckers und Ramin Niroumand eingestiegen sind.
Europageschäft in weniger als einem Jahr verzehnfacht?
Für die Gründerinnen und Gründer ist die umsatzbasierte Finanzierungsform deshalb attraktiv, weil sie dabei im Gegensatz zu VC-Deals ihre Anteile nicht verwässern. Das Modell funktioniert allerdings nur, wenn bereits Umsätze generiert werden, die planbar sind. Besonders Software-Startups können ihre Erträge damit vorfinanzieren, weil sie feste, monatliche Gebühren erhalten.
Capchase geht in der Wertschöpfungskette noch eine Ebene tiefer: Vor wenigen Monaten hat es für seine Kunden eine Analyseplattform mit einer Übersicht der Unternehmensdaten in Echtzeit gestartet, die bei der Finanzplanung helfen soll. Damit bindet es seine Kunden länger an sich – und bekommt Einblick in Datensätze, auf Grundlage derer es möglicherweise lukrative Zusatzangebote machen kann.
Im Juli bekam Capchase eine Fremdfinanzierung in Höhe von 400 Millionen Dollar, damit finanziert das Unternehmen seine Deals. Seit Beginn des Jahres ist es bereits in den nordeuropäischen Ländern, den Niederlanden und Belgien unterwegs und eine Büro in London eröffnet. Nach Angaben des Unternehmens hat sich sein Europageschäft in weniger als einem Jahr verzehnfacht. Nun sieht es sich dafür gut aufgestellt, in den kommen Jahren „mehr als eine Milliarde Dollar“ für Software-as-a-Service-Unternehmen (SaaS) bereitzustellen, heißt es in einer Mitteilung.
„Der Gründungstrend von SaaS-Unternehmen in Deutschland ist ungebrochen, doch es gibt einen ungedeckten Bedarf an Finanzierungsmöglichkeiten für diese Unternehmen“, lässt sich Frank Bertele zitieren. Er ist seit Oktober „General Manager Germany“, war zuvor in gleicher Rolle bei Mollie und mehrere Jahre bei UBS. Daten der Analyseplattform Pitchbook zeigen, dass in den ersten zehn Monaten von 2022 im Schnitt pro Monat mehr SaaS-Startups Wagniskapital aufgenommen haben, als 2020 oder davor. Einzig 2021 lag über dem Trend.
In dem Markt ist noch einiges zu holen, darauf setzt Capchase. Eine Auswertung von Statista von Juni geht davon aus, dass deutsche Software-Unternehmen in diesem Jahr einen Umsatz von rund zehn Milliarden Dollar Dollar machen, Tendenz steigend: „Es wird erwartet, dass der Umsatz eine jährliche Wachstumsrate von rund zwölf Prozent aufweisen wird“, heißt es darin. Sollte diese Vorhersage zutreffen, würde das zu einem Marktvolumen von rund 17 Milliarden Dollar bis 2027 führen.
Während Capchase darauf hofft, dass der Markt sich entsprechend entwickelt, muss es sich aber auch der Realität stellen: Das aktuelle Fundingklima wird auch vor der neuen Finanzierungsform keinen Halt machen. Außerdem setzt es sich durch seine Abhängigkeit des Umsatzes seiner Kunden einem Ausfallrisiko aus. Um dem entgegenzuwirken hat es ein firmeneigenes System entwickelt, das anhand verschiedener Datenpunkte wie Umsatzentwicklung, Wachstum und Kassenbestand in Echtzeit die Fähigkeit seiner Kunden ermittelt, das Kapital zurückzuzahlen.
Und auch die Konkurrenz mehrt sich, Capchase stößt mit der noch recht jungen Finanzierungsform in einen bereits umkämpften Markt: Neben Recap arbeiten weitere Unternehmen wie Pulse und Vitt in dem Bereich. Auch nordamerikanische Anbieter wie Clearco und Riverside sind bereits nach Deutschland gekommen. Pipe lässt allerdings noch auf sich warten.