Kommt jetzt ein Kurssprung? Was ihr über das Bitcoin-Halving wissen müsst
Das Angebot an Bitcoin wurde zum dritten Mal in der Geschichte der Kryptowährung künstlich verknappt. Viele Beobachter erwarten einen Kursanstieg, doch erst einmal ging es mit dem Bitcoin-Preis steil nach unten. Was ist los? Finance Forward beantwortet die wichtigsten Fragen.
Montagabend war ein großes Event für Bitcoin-Fans auf der ganzen Welt, denn es gab ein weiteres Halving für die Kryptowährung. So heißt ein simpler Vorgang, der jedoch große Folgen haben wird: Die Belohnung für die Rechenleistung hinter der Digitalwährung wurde für die sogenannten Miner (deutsch: Schürfer) halbiert. Das ist seit der Erfindung der digitalen Währung geplant und soll einer Inflation vorbeugen. Die Bitcoin-Jünger saßen gestern vor den Bildschirmen. Um kurz vor halb zehn am Abend hieß es dann: Happy Halvening!
Der Hintergrund: Insgesamt wird es nur 21 Millionen Bitcoin geben, etwa 18,3 Millionen wurden bereits erzeugt. Bislang kamen etwa 1.800 Bitcoin jeden Tag dazu, seit dem Halving sind es lediglich 900. Zwei Mal gab es bereits ein sogenanntes Halving: 2012 und 2016. Beide Male folgte ein immenser Kursanstieg. (Eine genaue Erklärung der Hintergründe lest ihr hier.)
Warum ist der Kurs so kurz vor dem Halving eingestürzt?
Eine einzelne Antwort gibt es darauf zwar nicht, doch ein paar konkrete Faktoren lassen sich benennen. Das wichtigste dabei ist das, was Finanzexperten eine „psychologisch wichtige Marke“ nennen. In den vergangenen Monaten hat sich der Bitcoin-Kurs unter 10.000 US-Dollar eingepreist. Das bedeutet: Immer wenn der Bitcoin die Preis-Marke erreichte, verkauften einige Investoren, sodass er den Wert nicht mehr signifikant überschritt.
Kurz vor so einem Halving steigt auch das Interesse an Bitcoin noch einmal rasant an. Die großen Handelsbörsen verzeichnen ein höheres Handelsvolumen, das macht die Kryptowährung volatil und treibt den Preis kurzfristig in die Höhe.
Als die Kryptowährung am Freitag die fünfstellige Summe kurzzeitig überschritt, trennten sich viele Investoren von ihren Beständen. Großinvestoren fangen mitunter schon kurz unter der 10.000er-Marke an, zu verkaufen, um anderen Tradern voraus zu sein. Ein Dominoeffekt führte dann offenbar am Wochenende wiederum zum großen Kursverlust.
Was ist der Halving-Effekt überhaupt?
Viele Bitcoin-Enthusiasten gehen davon aus, dass die Kryptowährung zumindest ähnlich reagieren wird wie in den Jahren 2012 und 2016. Denn in beiden Jahren folgte jeweils ein starker Kursanstieg nach dem Halving. Bei dem letzten Mal war es sogar der Beginn der Kursrallye bis zur 20.000-Dollar-Marke, die Kryptowährungen 2017 weltweit bekannt gemacht haben.
Das Halving ist eine künstliche Verknappung des Bitcoin-Angebots – das sorgt bei Anlagen in aller Regel für eine Wertsteigerung. Das hat vor allem 2012 funktioniert. Der Wert vor dem Halving hat sich innerhalb eines Jahres von zwölf Dollar um 8.000 Prozent auf weit mehr als 900 Dollar gesteigert.
Vier Jahre später war es jedoch schon ein anderes Umfeld und der 2008 erfundene Bitcoin bekannter. Unter den Investoren waren nicht mehr nur Hardcore-Fans. Nur durch das Halving lässt sich der Krypto-Boom von 2017 nicht erklären.
Weitere vier Jahre später, zum dritten Halving, ist die Situation noch einmal anders. Inzwischen haben einige institutionelle Investoren viel Geld in die Währung gesteckt. Weil sie große Mengen an Bitcoin halten, können sie mit wenigen Transaktionen verhältnismäßig große Auswirkungen auf den Kurs ausüben.
Einige Anleger glauben zudem, Bitcoin hätte zwischen 8.000 und 10.000 Dollar seinen Wert gefunden. Meltem Demirors, Analystin bei Coinshares, glaubt etwa, dass der Bitcoinkurs nicht mehr so stark durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, da inzwischen viel Derivatehandel auf den Bitcoinkurs betrieben wird, statt direkter Handel mit Bitcoin. Das sei entkoppelt von der Währung. „Die reale Chance besteht, dass der Kurs nach dem Halving nicht steigt“, schrieb sie auf Twitter. Denn: „Die meisten Firmen, die auf Bitcoin spekulieren wollen, handeln mittlerweile mit einem Derivat und nicht mit der Kryptowährung selbst.“ (Eine ausführliche Erklärung gibt sie auf Twitter.)
Wie sehen die Kursprognosen jetzt aus?
Wenn es um Kursprognosen geht, wird Bitcoin seit Jahren mit astronomischen Summen assoziiert – zumindest in den Träumen von Leuten wie dem ehemaligen Hedgefonds-Manager Mike Novogratz. „Dies ist das Jahr von Bitcoin“, sagt er im April. Der Kurs würde sich noch in diesem Jahr verdoppeln.
Auch der Mitgründer der Krypto-Bank Nexo, Antoni Trenchev, glaubt, dass der Bitcoin bis auf rund 50.000 Dollar steigen wird. Der Wagniskapitalgeber Tim Draper rechnet bis 2024 mit satten 250.000 Dollar, der CEO der Bitcoin-Wallet Ballet, Bobby Lee, legt einen drauf und prognostiziert bis 2028 ein Kursziel von 500.000 Dollar. Andere Experten sind da vorsichtiger: Fabian Schär vom Center for Innovative Finance der Universität Basel sagte kürzlich auf einem Panel: „Vergesst Kursprognosen. Da könnt ihr genauso gut eine Münze werfen. Man kann nicht wirklich sagen, in welche Richtung es geht.“
Was beeinflusst den Kurs zusätzlich?
Es ist eines der wichtigen Entwicklungen der vergangenen Monate: Institutionelle Investoren haben Bitcoin als Anlage für sich entdeckt. Es gibt inzwischen viel mehr Produkte, die es Anlegern ermöglichen, sich an der Bitcoin-Welt zu beteiligen, ohne dass sie den der Kryptowährung zugrunde liegenden Vermögenswert unbedingt selbst halten müssen. Das war vielen professionelle Investoren in der Vergangenheit zu unsicher.
Und auch wenn sie tatsächlich Bitcoin besitzen wollen, gibt es mittlerweile sicherere Verwahrungslösungen als noch vor ein paar Jahren. „Bitcoin wird zunehmend als Inflationsabsicherung angesehen, das könnte angesichts der geldpolitischen Anreize der Zentralbanken im Zuge der Covid-19-Pandemie Anleger dazu veranlassen, langfristig einen Teil in Bitcoin zu investieren“, sagt Simon Peters, Analyst beim Broker Etoro. Und diese Entwicklung ist ein potentieller Kurstreiber für die populäre Kryptowährung.