Die Barzahlen-Gründer Florian Swoboda, Achim Bönsch und Sebastian Seifert (von links; Bild: Unternehmen)

40-Millionen-Exit für Barzahlen: Die Hintergründe zum Deal

Beim Finanz-Startup Barzahlen übernimmt ein strategischer Investor die Mehrheit – und will das Geschäft massiv ausbauen. Von dem Verkauf profitieren nach Informationen von Finance Forward vor allem zwei Anteilseigner.

Der Zeitpunkt, um den Exit zu verkünden, hätte nicht ungünstiger sein können: Um zwei Uhr morgens am Tag der Deutschen Einheit verschickte das japanische Unternehmen Glory Ltd. eine Mitteilung. Betreff: „Announcement regarding the Acquisition of Cash Payment Solutions GmbH“.

Hinter den beiden vermutlich nur Insidern bekannten Namen steckt jedoch eine wichtige Nachricht für die deutsche Fintechszene: Der japanische Bargeldspezialist Glory übernimmt demnach die Kontrolle beim Berliner Startup Barzahlen. Das Fintech ermöglicht seinen Nutzern, Online-Einkäufe mit Bargeld an Supermarktkassen zu begleichen. Zum Partnernetzwerk gehören Rewe, dm, Rossmann oder Real. Mittlerweile nutzen auch Banken wie N26 den Service: Ihre Kunden können in den Supermärkten Geld einzahlen oder abheben.

Dem neuen Mehrheitseigner gehören nun 53 Prozent der Unternehmensanteile, den Rest halten die beiden Gründer Achim Bönsch und Sebastian Seifert sowie die Grenke Bank aus Baden-Baden. Das Finanzinstitut hatte bereits vorher investiert und agiert als Partner.

Nach Informationen von Finance Forward lag die Unternehmensbewertung für den Deal bei 42,5 Millionen Euro. Das heißt: Glory hat für die Anteile etwa 22 Millionen gezahlt. Weiter soll es laut Finanzkreisen sogenannte Earn-out-Vereinbarungen geben. So könnte der Wert der Firmenanteile der beiden Gründer noch einmal steigen, wenn das Unternehmen bestimmte Ziele erreicht. Barzahlen wollte sich zu dem Kaufpreis nicht äußern.

Startup-Investoren waren erst einmal wenig begeistert

Einer der größten Profiteure des Verkaufs ist Florian Swoboda. Als Mitgründer baute er Barzahlen mit auf – und verließ das Unternehmen vor einiger Zeit. Er ist nun als Startup-Investor tätig. Vor dem Verkauf gehörten ihm noch zehn Prozent der Unternehmensanteile. Aus dem Studium heraus hatte er mit zwei Kommilitonen von der Business School WHU das Startup gegründet. Während eines Praktikums bei einem Entwickler von Online-Spielen hatte Swoboda beobachtet, wie viele Nutzer kurz vor dem Bezahlen wieder absprangen.

Die These der Gründer: Die bargeldverliebten Deutschen würden mehr im Netz kaufen, wenn sie dort auch bar bezahlen könnten.

Die These der Gründer: Die bargeldverliebten Deutschen würden mehr im Netz kaufen, wenn sie dort auch bar bezahlen könnten. „Bei meinen Freunden wäre es sicherlich besser angekommen, wenn ich erzählt hätte, dass ich eine App für Mobile Payment entwickle“, so Swoboda im Gespräch mit Finance Forward. Auch die Wagniskapitalgeber seien wenig begeistert gewesen, weil die Geschäftsidee nicht auf den Trend des bargeldlosen Bezahlens gesetzt habe.

Doch die drei ließen sich nicht entmutigen und überzeugten die Drogeriekette dm, eine Kooperation einzugehen. 2012, ein Jahr nach Gründung, stieg der schillernde AWD-Gründer Carsten Maschmeyer mit seinem Fonds Alstin ein – damals zu einer Bewertung von drei Millionen Euro. Auch er hat an dem Exit gut verdient, ihm gehörten zuletzt etwa ein Viertel der Firma. Auch Maschmeyer wollte sich zur Exit-Summe nicht äußern.

„Wir haben keinen einzigen Anteil verkauft“

Mit dem neuen Eigentümer soll Barzahlen nun stark über die Grenzen von Deutschland hinaus wachsen. Die Vorbereitungen zur Expansion nach Spanien, Polen, Frankreich, Großbritannien und Griechenland würden bereits laufen, sagt Gründer Sebastian Seifert im Gespräch mit Finance Forward. Abgesehen von Deutschland ist Barzahlen bereits in Österreich, Italien und der Schweiz am Markt.

Der Glory-Konzern besitzt einen Börsenwert von 205 Milliarden Yen (etwa 1,75 Milliarden Euro) und verkauft Geräte für sogenanntes Cash Management. In Berührung kommen Kunden mit den Kassen etwa in Shell-Tankstellen: Der Kunde steckt seine Scheine und Münzen dort selbst in ein Gerät und bekommt automatisch sein Rückgeld – die Kassierer fassen das Bargeld nicht mehr an.

Die Japaner seien auf Barzahlen zugekommen, sagt der Gründer.

Die Japaner seien auf Barzahlen zugekommen, sagt Seifert: „Mit Einzelhändlern und Banken haben wir die gleichen Kunden und Glory kann uns beim Vertrieb Türen öffnen.“ Für die Expansion gibt es vom neuen Eigentümer und der Grenke Bank zusätzlich einen Kredit. In Zukunft soll die Software von Barzahlen auch auf die Geräte von Glory kommen.

Die beiden verbliebenen Gründer glauben weiter an die Zukunft ihres Geschäftsmodells: „Wir haben keinen einzigen Anteil verkauft“, sagt Seifert. Man wolle den Wert der Firma in den kommenden Jahren noch stark steigern. Das Unternehmen, das mittlerweile 60 Mitarbeiter beschäftigt, agiere weiterhin eigenständig, so der Gründer.

Kein Potential wie N26 oder Raisin

Der Exit ist zweifellos ein Erfolg für die deutsche Fintechszene, der den beteiligten Investoren gutes Geld gebracht hat (sie haben in Summe 12,5 Millionen Euro in die Firma investiert). Der Deal zeigt aber auch: An die Ambitionen von Playern wie der Neobank N26 oder der Zinsplattform Raisin reicht das Potential von Barzahlen nicht heran. Immerhin: Wie es aus Finanzkreisen heißt, ist Barzahlen schon profitabel. Damit beweist das Startup als eines der wenigen deutschen Fintechs zumindest eines: dass sich mit dem Geschäft der neuen Finanzfirmen auch wirklich Geld verdienen lässt.