Mit einem Check24-Klon machte er einen 320-Millionen-Exit – jetzt folgt die nächste Gründung
Exklusiv: Im November schaffte der deutsche Gründer Vincenz Klemm mit seinem Versicherungs-Startup Gabi aus dem Silicon Valley den Exit für Hunderte Millionen Dollar – jetzt startet er bereits sein neues Startup in Berlin. Erstes Kapital kommt von Project A, La Famiglia und prominenten Fintech-Angels.
Eigentlich sollte Vincenz Klemm für den TV-Sender ProsiebenSat1 im Silicon Valley nach aussichtsreichen Startups scouten. Er kam frisch von der Uni, hatte gerade sein Wirtschaftsstudium an Johns-Hopkins-Universität in Washington, DC beendet. Doch es kam anders: Gemeinsam mit mehreren Mitgründern startete er 2016 in San Francisco das Versicherungs-Startup Gabi.
Das Angebot orientierte sich an dem Erfolgsrezept von Check24, über die App können US-Verbraucher ihre Versicherungen überprüfen, Angebote vergleichen und sich bei einem Wechsel beraten lassen. „Viel Ahnung vom Versicherungsgeschäft hatte ich nicht“, sagt Klemm über die Anfangszeit.
„Ich bin raus“
In den USA wollte er sowieso nicht für immer bleiben. Die Pandemie verstärkte seine Überlegungen, wieder nach Europa zu kommen. „Ich habe Ende 2020 konkrete Pläne gefasst, in Deutschland bei einem Startup oder Scale-up anzufangen“, erzählt Klemm. So könnte er sich beispielsweise mal so richtig in ein Thema vertiefen. Nochmal zu gründen stand damals nicht wirklich im Raum.
Gleichzeitig bahnte sich in den USA bereits der Exit an die Verbraucherkreditauskunftei Experian an. Klemm teilte seinen Mitgründern mit: „Ich bin raus.“ Und zog nach Berlin. Dort entstand die lose Idee für Baobab – nach dem afrikanischen Baum benannt, Sequoia war bereits an den namhaften Venture Capitalist vergeben. Es waren die Investoren, sagt er, die ihn dazu trieben, das Startup tatsächlich zu gründen. „Unternehmer sein ist aber dann doch einfach etwas aufregender“, sagt er.
Es bietet kleinen und mittelständischen Unternehmen eine Cyber-Sicherheitslösung, bewertet das Risiko und versichert sie gegen Angriffe ab. Kommt es zu einem Angriff, dann sind Baobab-Kunden beispielsweise gegen Einbußen durch Betriebsunterbrechung abgesichert. Gleichzeitig überprüft der Anbieter kontinuierlich Schwachstellen seiner Kunden. Der technische Hintergrund dieser sogenannten „Angriffsoberflächen-Scans“ unterscheide sich bei den verschiedenen Anbietern nicht sonderlich, sagt der 34-jährige Gründer im Gespräch mit Finance Forward.
Aber: „Die Auswertung dieser Daten ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt er. Per Machine Learning sollen die Schadensvorhersagen mit der Zeit immer besser werden. Außerdem unterscheide es stärker zwischen Kunden einzelner Branchen, die Datenauswertung sei so besser auf individuelle Kunden zugeschnitten. Dafür hat Klemm den Cybersecurity-Chef von Tui, Andrew Saula, abgeworben. Die Produktentwicklung verantwortet Manuela Solescu, die zuvor bei Wefox und Revolut war. Klemms Mitgründer Anton Foth kommt vom deutschen Lemonade-Nachahmer Coya.
Clark-Gründer und Jan Beckers investieren
Insgesamt bekommt das Team von derzeit fünf Mitarbeitern zum Start 3,5 Millionen Euro, abgesehen von Venture-Capital-Fonds Project A, La Famiglia und den Zeitgold-Gründern mit Discovery Ventures beteiligen sich beispielsweise die Clark-Gründer Christopher Oster und Marco Adelt, Comtravo-CEO Michael Riegel und Fondsmanager Jan Beckers als Angels. Auch Klemms Gabi-Mitgründer Hanno Fichtner, ein ehemaliger Finleap-Partner, glaubt an die Idee.
Im Frühjahr soll es losgehen, mit dem Startkapital muss sich Baobab schnell von konkurrierenden Anbietern abgrenzen. Der Wettbewerb findet hauptsächlich bei Versicherungsmaklern statt, sie sollen die vorderste Front im Vertrieb darstellen. Sie gilt es zu überzeugen, das Startup muss dafür ein eigenes Maklernetzwerk aufbauen. Das Insurtech will keine eigene Versicherung aufbauen, sondern arbeitet mit größeren Versicherungen zusammen, Namen nennt der Gründer noch nicht. Das sei auch das Erfolgsrezept von Gabi gewesen, im Versicherungsbereich müsse ein Startup nicht selbst zum Risikoträger werden. „Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz – die Datenanalyse“, sagt Klemm. „Das Maklerwesen und die Assekuranz geben wir dafür weiter.“
Die Nachfrage für das Baobab-Angebot wird laut Klemm auch durch die Pandemie-bedingte Veränderung der Arbeitswelt befeuert. Da durch die Einführung hybrider Arbeitsmodelle Geschäftsprozesse digitalisiert wurden, würden kleine und mittlere Firmen auch vermehrt von Hackern angegriffen. Schlagzeilen dazu gab es genug.