Der Bafin-Chef Mark Branson (Bild: IMAGO / Manuel Winterberger)

Der neue Bafin-Chef muss sich Respekt verschaffen – ohne Kollateralschäden

Unter der Führung von Mark Branson soll die Finanzaufsicht Bafin einen nächsten Wirecard-Skandal verhindern. Dazu gehört auch ein neues Auftreten, doch die Zukunftsthemen dürfen dabei nicht aus dem Blick geraten. Eine Analyse.

Seit dem Aufstieg der deutschen Digitalwirtschaft haben Fintech-Gründer ein gespaltenes Verhältnis zur Aufsicht Bafin. Als lax galten die Behörde und ihr alter Chef unter den Finanz-Startups dabei nie. Felix Hufeld betonte stets, dass Fintechs nicht auf eine Sonderbehandlung hoffen könnten. Gleiches Geschäft, gleiche Regeln, lautete sein Credo. Doch während man sich öffentlich gegenseitig lobte, lästerten einige Gründer hinter vorgehaltener Hand über die behäbige Behörde – Respekt sieht anders aus.

Eine Geschichte kursiert dazu in Aufsichtsbehörden: Ein paar Jahre ist es schon her, dass Mitarbeiter der Bafin zu einem Termin bei einem großen deutschen Fintech antraten. In einem verglasten Büro tagte das Management – und ließ sich merklich Zeit, während die Aufseher draußen warteten. So werden die Geschehnisse aus der Behörde kolportiert. Die Botschaft der Gründer war damals klar: Wir können es uns erlauben.

Nach dem Wirecard-Skandal steht die Bafin nun vor einer Zäsur. Weil die Behörde die Machenschaften bei dem einstigen Payment-Hoffnungsträger nicht erkannte und verhindern konnte, muss Präsident Hufeld gehen. Es ist für beide Seiten die Chance für einen Neuanfang.

Ein Kulturwandel ist gefragt

Wie am Montag bekannt wurde, übernimmt Mark Branson vom Schweizer Bafin-Pendant Finma den Aufsichtsposten. Einen Kulturwandel fordert der Linken-Politiker Fabio Di Masi im Interview mit Capital und Finance Forward von der neuen Führung. Die Bafin sei „keine Agentur für Standortmarketing, sondern muss eine Art Finanzpolizei sein“, sagte di Masi, der im Untersuchungsausschuss den Wirecard-Skandal mit aufarbeitet.

Zu einem Neuanfang sollte gehören, dass die Behörde in der gesamten Finanz-Branche respektiert wird – und in ernsten Fällen auch öffentlichkeitswirksam durchgreift. Gleichzeitig muss der Spagat gelingen, nicht als Reaktion auf die Skandale sinnvolle Entwicklungen kaputt zu machen.

Ein Anfang wäre eine offensivere Kommunikation. Ein Beispiel: Die Behörde stoppte Ende 2018 ein Initial Coin Offering (ICO) des Krypto-Startups Rise. Doch alles passierte hinter den Kulissen, erst ein halbes Jahr später sickerte an die Öffentlichkeit, dass die Behörde den Krypto-Börsengang verhindert hatte. Pranger-Wirkung entwickelt der Fall kaum.

Die Kommunikation nach außen wird für den neuen Chef eine große Aufgabe sein. Denn der öffentliche Druck auf die Behörde ist zurzeit groß. Als Trade Republic und einige andere Broker zwischenzeitlich den Handel von beliebten Aktien aussetzten, beschwerten sich 4.000 Anleger bei der Behörde. (Nach einer Prüfung konnte die Behörde keine Fehler feststellen). Die digitale Anlage-Community wird in den kommenden Jahren die Aufsicht öfter konsultieren – und gerade für die vielen Kleinanleger braucht die Bafin klare und schnelle Antworten.

„In dem Sturm rund um Wirecard und Greensill dürfen die nachhaltigen Herausforderungen nicht in Vergessenheit geraten“

Trotz aller Härte im Auftreten gegenüber den Unternehmen und der Kommunikation nach außen liegt bei den Fintech-Geschäftsmodellen die Schwierigkeit darin, keine pauschalen Urteile zu fällen. Es sollte zum Beispiel nicht aus dem Blick geraten, dass bei den beiden großen Skandale der vergangenen Monate – Wirecard sowie der Supply-Chain-Finanzierer Greensill – die Ursache nicht in der Technik lag, sondern vor allem in den grenzüberschreitenden Verflechtungen der Geschäfte. Auf diese Art der globalen Unternehmen muss der Fokus der Aufsicht liegen.

Wie überzogene Kritik im aktuellen Klima aussieht, zeigt sich auch im Fall Greensill. In dem Finanz-Skandal hatten einige Politiker gefordert, Kleinsparer vor den Zinsplattformen zu schützen, weil diese Geld an Greensill vermittelt hatten. Dabei wäre es die Aufgabe der Bafin gewesen, bei dem Bremer Institut selbst einzugreifen.

Mark Branson muss in dieser schwierigen Gemengelage seinen Weg finden. „In dem Sturm rund um Wirecard und Greensill dürfen die nachhaltigen Herausforderungen nicht in Vergessenheit geraten“, fordert dabei der Elinvar-Gründer Chris Bartz, der auch dem Fintechrat vorsitzt. Dazu zählen die Regulierung zum Finanz-Ökosystem und europäischen Schnittstellen, beispielsweise bei Fragen zur Cloud oder digitalen Identität, die für die Zukunft ausschlaggebend sind.

Die Hoffnung der Fintech-Szene ist groß: Gerade Krypto-Experten spekulieren auf eine Blockchain-freundliche Regulierung. Die Schweizer Behörde von Branson ermöglichte durch ihre Gesetze bereits eine umtriebige Krypto-Szene. Gleichzeitig ist der politische Druck immens, die Zügel enger zu halten. Ein Skandal darf unter der neuen Führung nicht mehr passieren, für eine bessere Aufsicht will die Behörde ihre Belegschaft aufstocken. Einen intelligenten Mittelweg zu finden, das ist die große Schwierigkeit.