Auto1 kappt die Partnerschaft mit seiner Fintech-Tochter
Auto1 beendet nach Informationen von Finance Forward die Partnerschaft mit seinem eigenen Fintech. Das Joint Venture hatte das Gebrauchtwagen-Startup mit den prominenten Partnern von Deutsche Bank und Allianz aufgebaut. Mit frischem Geld soll sich das Fintech nun neu orientieren.
Die Coronakrise hat den Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 fest im Griff: Bereits vor einigen Tagen stimmte der Deutschland-Chef in einer Mail seine Mitarbeiter auf Kurzarbeit ein, auf der Website Wirkaufendeinauto.de lassen sich aktuell keine Autos mehr an das Startup verkaufen. Das Geschäft – Gebrauchtwagen über das Netz anzukaufen, in eigenen Werkstätten zu inspizieren und dann mit Gewinn an Autohändler weiterzuverkaufen – dürfte damit zum Erliegen gekommen sein.
Für das milliardenschwere Berliner Startup ist das aber derzeit nicht der einzige Krisenherd. Der zweite betrifft ein Projekt, in das einmal große Hoffnungen gesetzt worden waren.
Im Sommer 2018 war Auto1 angetreten, mit einer Fintech-Tochter sein Geschäftsmodell zu erweitern: Zusammen mit Deutscher Bank und Allianz startete das Startup das Joint Venture Auto1 Fintech, das Händlern den Autoeinkauf finanzieren sollte. „Das kann sehr, sehr groß werden“, sagte Auto1-Chef Hakan Koç damals sichtlich stolz auf der Bühne der Tech-Konferenz Noah.
Auto1 Fintech erfülle die „Anforderungen an Produktqualität und die Service Levels“ nicht mehr, hieß es in dem Schreiben. Bereits ab dem 11. März – dem Datum, an dem die Nachricht verschickt wurde – solle es keine weiteren Finanzierungen geben. Abrupt zog das Unternehmen die Reißleine. Auto1 will sich zu den Vorgängen nicht äußern.
Hintergrund der Entscheidung war offenbar ein heftiger Streit zwischen den Anteilseignern des Joint Ventures, wie Finanz-Szene.de mithilfe von Unterlagen aus dem Handelsregister heute rekonstruiert hat. Dort taucht abgesehen von Auto1, Deutscher Bank und Allianz auch ein bislang unbekannter vierter Gesellschafter auf, der offenbar sogar die Mehrheit am Unternehmen hält: ein Geschäftsmann mit dem Namen Bensen Safa.
Genauer Ablauf und weiterer Kontext der Auseinandersetzung sind bislang unklar. Was aber klar ist: Das Geschäft von Auto1 Fintech entwickelte sich im vergangenen Jahr nicht wie geplant, das berichten ehemalige Mitarbeiter. „Alles ist Auto1 nicht schnell genug gegangen“, sagt einer der Angestellten. Weil die Gesellschafter mit der Geschäftsentwicklung unzufrieden waren, mussten auch zwei Top-Manager, die für den Aufbau des Fintechs von Tesla gekommen waren, Ende des Jahres gehen. Das berichtete damals Finance Forward.
Ein Problem sei gewesen, dass Banken wie die Santander zu vielen Autohändlern bereits enge Geschäftsbeziehungen pflegen, berichtet der Insider. Sie würden günstige Ankaufsfinanzierungen ermöglichen und die Autohändler im Gegenzug dazu bringen, Konsumentenkredite der eigenen Bank zu verkaufen – ein guter Deal für beide Seiten. Es sei schwer gewesen, die Händler von einem Wechsel zu Auto1 Fintech zu überzeugen.
Mehr als 100 Millionen Euro sollte Auto1 Fintech an Finanzierungen vergeben – bislang soll nur ein kleiner Teil davon geflossen sein, berichten die ehemaligen Angestellten. Die Autofinanzierungen liefen laut der Insider vor allem über die französische Bank BNP Paribas, die auch an Auto1 selbst beteiligt ist. Mit der Deutschen Bank sei man sich über die Konditionen nicht einig geworden, heißt es. Beide Banken wollten sich zu ihrem Engagement nicht im Detail äußern.
Mit einer neuen Finanzierungsrunde für Auto1 Fintech von knapp 20 Millionen Euro, über die Finanz-Szene.de ebenfalls berichtete, soll nun der Neustart gelingen – ohne Auto1 als Partner. Allianz und Deutsche Bank haben dabei ihre Anteile allerdings nicht ausgebaut, sondern vor allem der vierte Gesellschafter Bensen Safa. Von der Allianz heißt es: Durch die neue Finanzierung sei „die Zukunft gesichert. Das begrüßen wir.“
Es ist fraglich, wie es nun für Auto1 Fintech ohne den großen Berliner Partner weitergeht. Etwa 50 Mitarbeiter sind laut Insidern in dem Unternehmen beschäftigt. Bislang besitzt Auto1 Fintech nicht einmal eine eigene Website. Mit den neuen Millionen muss es nun zeigen, dass es sich neu erfinden kann. Ein Namenswechsel dürfte wahrscheinlich als erstes anstehen.