Vor dem Yandex-Büro. Die russische Suchmaschine will Tinkoff kaufen – die Mutter des Startups Vivid. (Bild: imago images / ITAR-TASS)

Deal mit Wirecard: Vivid wirbt um Boon-Planet-Kunden

Exklusiv: Seinen Kunden hatte Wirecard schon angekündigt, dass bei der Banking-App Boon Planet Mitte Oktober Schluss ist. Nun hat die aufstrebende Neobank Vivid ihre Chance ergriffen und will die Boon-Kunden für sich gewinnen.

Seit Wochen laufen im Hintergrund Verhandlungen, wer die verbleibenden Teile von Wirecard kauft. Große Namen wie Santander oder Deutsche Bank waren im Gespräch, in den kommenden Tagen dürfte eine Entscheidung fallen, vor allem, was das Geschäft der Wirecard-Bank betrifft. Die Hoffnung für die Banking-App Boon Planet, einst ein ambitioniertes Projekt, hatten viele schon aufgegeben. Anfang August teilte das Unternehmen seinen Kunden mit, dass sie Bankkonto und Karte bald nicht mehr verwenden können.

Nun hat das deutsch-russische Fintech Vivid seine Chance ergriffen. Es ist mit der Wirecard-Bank einen Deal eingegangen und versucht jetzt, die Boon-Planet-Kunden von der eigenen Banking-App zu überzeugen. Die Firma aus dem Reich der russischen Digitalbank Tinkoff hat sich dafür einen besonderen Marketing-Anreiz überlegt.

„Viele sind wegen der attraktiven Zinsen zu Boon gekommen“

In Kürze sollen alle Boon-Planet-Kunden eine Mail erhalten, in der ihnen Vivid als Alternative vorgeschlagen wird, teilt das Fintech mit. „Viele sind wegen der attraktiven Zinsen zu Boon gekommen“, sagt Vivid-Gründer Alexander Emeshev. „Wir arbeiten zurzeit an vergleichbaren Angeboten.“ Als zusätzlichen Anreiz erhalten ehemalige Wirecard-Kunden einen Wechselbonus von 50 Euro, dieser wird an den Wert einer Aktie gekoppelt und entwickelt sich ensprechend (das Prinzip haben wir hier erklärt.) Mit einer eigenen Landing-Page will Vivid die Kunden zum Wechseln bringen. Wie viel Vivid für den Marketing-Deal gezahlt hat, sagt Emeshev nicht.

Vivid ist im Sommer in Deutschland gestartet, die Berliner Solarisbank fungiert als Partner. Hinter dem Unternehmen steht die mächtige Digitalbank Tinkoff, die international zu den Vorreitern gehört. Mit Vivid will sich Tinkoff auch in Europa ausbreiten, das Unterfangen ist ambitioniert, 130 Leute arbeiten in Moskau und Berlin an dem neuen Produkt. Gerade erst hat die russische Suchmaschine Yandex angekündigt, die ganze Bank für 5,5 Milliarden Dollar kaufen zu wollen. An den Vivid-Plänen würde sich dadurch aber nichts ändern, heißt es vom Unternehmen.

Etwa 70.000 haben die Vivid-App heruntergeladen

Wie viele Kunden das Konto und die App von Vivid bereits verwenden, will der Gründer nicht sagen. Laut dem Analyse-Tool Priori Data haben 72.600 Nutzer die App heruntergeladen. „In den Appstores kann man sehen, dass wir bei den Downloads bereits in den Top 10 unter den Neobanken sind“, sagt Emeshev. Wie viele Nutzer die App tatsächlich als Konto verwenden, ist allerdings nicht ersichtlich. Denn sie müssen eine Video-Identifizierung durchlaufen, das Konto mit einer Metallkarte ist kostenlos. Auch die ehemaligen Boon-Planet-Kunden müssen sich noch einmal neu identifizieren, aus rechtlichen Gründen können sie nicht anders übertragen werden.

Boon Planet selbst hatte nach Informationen von Unternehmensquellen nur 10.000 aktive Kunden, wie Finance Forward berichtete. Der ehemalige Wirecard-CEO Markus Braun, der mittlerweile in Haft sitzt, hatte große Pläne mit dem Produkt: Zusammen mit Partnern wollte er „hunderte Millionen Bankkunden“ erreichen. Gerade zum Start wurden viele der Kunden von einem Zinssatz von 0,75 Prozent angelockt.