Billie-Gründer Christian Grobe (Bild: Carolin Weinkopf)

Umbau bei „Buy now, pay later“-Startup: „Billie muss erwachsener werden“

Exklusiv: Das Berliner Fintech Billie entlässt ein Dutzend Mitarbeiter, gleichzeitig will es 37 offene Stellen besetzen. Grund für die Kündigungen seien keine Kosteneinsparungen, beteuert Gründer Christian Grobe. Für Produktausbau und Expansionen wolle sich das Unternehmen mit erfahrenem Personal aufstellen.

Billie hat bislang nur positive Nachrichten produziert: Vor einem Jahr verkündete es erst eine Finanzierungsrunde über 100 Millionen Dollar zu einer Bewertung von 640 Millionen Dollar. Dann folgte eine Kooperation mit dem schwedischen „Buy Now, Pay Later“-Riesen Klarna (Finance Forward berichtete). Der Partner Klarna musste seitdem eine massive Downround hinnehmen und Mitarbeiter entlassen. Doch die Billie-Gründer gaben sich im Podcast im Mai weiterhin optimistisch: Der Boom im Online-Handel habe sich bei Endkunden anders entwickelt als bei den Geschäftskunden, die Billie bedient. Christian Grobe und Aiga Senftleben erwarteten, dass sich die Digitalisierung bei Firmen fortsetzen werde – und damit auch der Online-Einkauf.

Vor dem Hintergrund der schwierigen Funding-Lage freue sich das Gründerteam, eine „große Finanzierungsrunde“ eingesammelt zu haben, sagten die Gründer. Einst als Factoring-Startup gestartet, setzt Billie mittlerweile auf einen neuen Trend: „Buy now, pay later“ für Geschäftskunden. Auch Firmenkunden sollen ihre Zahlungsziele flexibel anpassen können. Sie zahlen dann beispielsweise erst ein paar Monate später.

In dieser Woche entließ Billie dann allerdings zwölf Mitarbeiter, wie Finance Forward erfuhr. Gleichzeitig hat das Fintech mit insgesamt rund 200 Beschäftigten 37 offene Stellen ausgeschrieben. Wie passt das zusammen?

Zugang von Paypal

CEO Christian Grobe bestätigt die Zahl auf Anfrage. Die Entlassungen seien allerdings nicht mit Kosteneinsparungen zu begründen. „Wir haben unser Leadership-Team in den vergangenen Monaten erweitert und umgebaut“, sagt er. Darunter ist beispielsweise der ehemalige Paypal-Manager, Damien Perillat, der als Chief Commercial Officer kam. „Die neuen Manager haben ihre Teamsstruktur überprüft und sind zum Entschluss gekommen, dass Billie für das, was wir planen erwachsener werden muss.“ Die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen durch Talente mit mehr Erfahrung ersetzt werden.

Billie wolle in der kommenden Zeit seine strategische Partnerschaft mit Klarna ausbauen und die B2B-Lösung für Händler ausrollen, die Klarna integriert haben. Zudem plant das Fintech, sein Produkt in verschiedene Plattformen zu integrieren, beispielsweise bei Checkout.com oder Mollie. „Für jede große Plattform brauchen wir drei Monate“, sagt Grobe.

Außerdem steht die Expansion ins Ausland an. Die Pläne für das kommende Jahr sind ambitioniert: „Alle zwei Monate wollen wir ein neues Land expandieren“, sagt der Gründer. „Europa, wir kommen.“

Mehr Verlust, mehr Umsatz

Entgegen der schwierigen Marktentwicklung habe sich das Geschäft bislang gut entwickelt, „Wir haben mittlerweile 200.000 einzelne Käufer, das sind fünf Prozent der rund vier Millionen B2B-Käufer, die wir in Deutschland als potentielle Kundengruppe ausgemacht haben.“

Auch die Zahlen hätten sich nach dem schwierigen Jahr 2020 verbessert. Laut Grobe sieht man in den Geschäftszahlen für das vergangene Jahr, die bald veröffentlicht werden sollen, einen Jahresfehlbetrag in Höhe von rund zehn Millionen, in den Vorjahren lag er bei 8,7 Millionen und 4,8 Millionen Euro. Der Umsatz habe Billie allerdings von rund fünf auf neun Millionen Euro steigern können.

Das aktuell schwierige Funding-Klima sei eine „angenehme Situation“, sagt Grobe, weil nicht mehr in jede Hype-Idee Kapital geschossen wird. „Wir sind froh, dass die Verrückheit aus dem Markt verschwindet und der Fokus auf dem Produkt liegt.“ Billie werde gut durch die schwierige Marktphase kommen, weil es zum richtigen Zeitpunkt Kapital aufgenommen habe. „Man braucht ein starkes Balance-Sheet, das wir aktuell haben“, sagt der Gründer. Und: „Wir investieren weiter.“