Elon Musk beim ersten Richtfest auf der Baustelle der Tesla-Gigafactory. (Bild: IMAGO / Future Image)

„Ich habe überhaupt keine Ahnung von dem Scheiß“ – der TSLAinsider erzählt, wie er Reddit und die New York Post narrte

Auf Reddit sagt ein angeblicher Mitarbeiter voraus, dass Tesla Bitcoin kaufen werde – und wird gefeiert, als es tatsächlich passiert. Später enthüllt er, dass er gar kein Mitarbeiter sei, und den Post auf LSD geschrieben habe. Gegenüber Finance Forward erklärt er nun: Das stimmt auch nur zur Hälfte.

Das, sagt Henning Kastner (Nachname geändert), waren jetzt seine 15 Minuten Ruhm. Während er in seinem Zimmer im verschneiten Nordhessen saß, schaffte er es mit seiner Geschichte in die Financial Times, die New York Post und zu Reuters.

Die Geschichte ist ziemlich schräg, sie ist gerade deshalb ein guter Beleg dafür, wie verrückt die Finanzmärkte in diesen Wochen spielen. Es ist eine Zeit, in der ein paar Nerds die Finanzwelt durcheinanderwirbeln können – und es einem (nach eigenen Angaben) 29-jährigem Systemadministrator gelingt, erst die halbe Reddit-Anlegercommunity und dann eine Reihe von großen Medien zu narren.

Und so geht die Geschichte: Vor einem Monat gab sich Henning Kastner unter dem Pseudonym TSLAinsider als Mitarbeiter der gehypten E-Auto-Firma aus – und behauptete, Tesla hätte gerade für 800 Millionen Dollar Bitcoin gekauft. „Ihr habt es hier zuerst gehört“, schrieb er.

Vor wenigen Tagen kam dann heraus: Tesla kauft tatsächlich Bitcoin in großem Stil, zunächst für insgesamt 1,5 Milliarden Dollar. Kastner vermeintliche Insiderinformation ging daraufhin viral – er postete nur: „Ich habe es euch gesagt“.

Wenige Tage später aber enthüllte er gegenüber der US-Boulevardzeitung New York Post, gar kein Tesla-Mitarbeiter zu sein. „Ich hatte diese Eingebung, dass Elon Bitcoin kaufen wird, also habe ich diesen Trollpost erstellt“, erzählte er. Gemeinsam mit seiner Freundin habe er LSD genommen und während des Trips den Post abgesetzt. „Und jetzt schreiben alle Zeitungen rund um den Globus darüber, es ist irgendwie lustig und beängstigend, um ehrlich zu sein“, sagt er.

Im Gespräch mit Finance Forward gibt Henning Kastner nun an, der Zeitung auch nur die halbe Wahrheit erzählt zu haben. Wie es wirklich war, darüber spricht er im Zoom-Interview. Er trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Bitcoin“, hinter ihm läuft eine Katze durchs Zimmer.

Seine Version der Ereignisse lässt sich nicht in Gänze verifizieren. Zumindest aber konnte Finance Forward die Identität von Kastner bestätigen und die Tatsache, dass es sich bei ihm um den berühmt-berüchtigten TSLAinsider handelt. Der Nachname ist der Redaktion bekannt und wurde geändert.

Henning, vor wenigen Tagen bist du auf einen Schlag berühmt geworden: Deine Vorhersage, dass Tesla im großen Stil Bitcoin kaufen würde, die du vor einigen Wochen auf Reddit gepostet hattest, trat ein. Dein Post wurde daraufhin überall zitiert. Was war deine erste Reaktion?

Ich dachte: What the Fuck! Jeder bekommt irgendwann seine 15 Minuten Ruhm – und die hatte ich jetzt. Als erstes habe ich mich mit meinen Kumpels zusammengeschaltet und wir haben uns darüber kaputtgelacht. Die Situation war komplett surreal. Viele hätten aus so einer Situation sicherlich Profit geschlagen und versucht, den Kurs von anderen Aktien in die Höhe zu treiben.

Du meinst, dass dir plötzlich ein Expertenwissen zugesprochen wurde, weil viele Menschen glaubten, dass du ein Tesla-Insider seist?

Absolut. Mein Reddit-Postfach ist explodiert. Und es waren Nachrichten darunter von Leuten, die wollten, dass ich Werbung für ihre Krypto-Coins mache. Einer hat mir dafür 1,5 Bitcoin geboten. Eine andere Überlegung war, zu posten, dass Tesla die Bitcoin wieder verkauft habe, dann wäre der Kurs heruntergegangen und ich hätte günstig nachkaufen können. Aber im Ernst: Ich wollte das nicht machen, weil dadurch auch die Leute aus den Reddit-Foren im Zweifel Geld verloren hätten. Ich wollte meine Leute nicht abziehen.

Stattdessen hast du mit der New York Post gesprochen und enthüllt, dass du gar kein Tesla-Mitarbeiter seist. Du hast dich allerdings als Hendrik ausgegeben, der Politik studiert und LSD nimmt. Und du hast erzählt, dass du den Post unter Drogeneinfluss abgesetzt hättest.

Ich habe überlegt, wie weit ich gehen kann – und was tatsächlich abgedruckt wird. Die New York Post ist ja so eine Art amerikanische Bild-Zeitung, da dachte ich, die kann ich auch noch Hops nehmen. Für das Interview habe ich vorher noch gegoogelt, wie man „göttliche Eingebung“ gut übersetzt, das wollte ich unbedingt unterbringen. Mir war bewusst, dass die Drogenstory in den sozialen Netzwerken eskalieren würde. Tatsächlich habe ich an dem Abend gar kein LSD genommen.

Ehrlich? Ist das jetzt die Wahrheit?

Ich bin sicher kein Kind von Traurigkeit, aber an diesem Abend war ich definitiv nicht auf Drogen. Ich fand die Einschätzung aber auch gar nicht so abwegig – andere Leute haben ja auch vorhergesagt, dass Tesla Bitcoin kaufen könnte.

Der Bloomberg-Kolumnist Matt Levine hat geschrieben, er hoffe, du wärst „bereits von einem Hedgefonds angestellt“ worden und hättest „ein üppiges Budget für LSD erhalten“. Denn hätte jemand aufgrund deines Posts Bitcoin gekauft, hätte er etwa 50 Prozent Gewinn gemacht. Hast du schon einen Jobangebot bekommen?

Ich bekomme immer noch Anfragen, was Tesla als nächstes macht. Meine Antwort ist dann: „fahrende Kühlschränke“. Aber ein Jobangebot habe ich noch nicht erhalten – zum Glück. Denn ich habe überhaupt keine Ahnung von dem Scheiß. Auch wenn ich viel verdient habe. Meinem Gefühl nach ist es aber zurzeit ohnehin schwierig, eine Aktie oder Anlage zu finden, die nicht nach oben geht. Jeder macht Geld in diesem Markt.

Wie lief es bei dir?

Als der Lockdown im März losging, saß ich zuhause und hatte viel Zeit. Mit Hebelprodukten bin ich eingestiegen und habe so viel Geld gemacht. Bei Gamestop war ich dabei, als die Reddit-Nutzer den Wert der Aktie nach oben getrieben haben. Bei 400 Dollar bin ich ausgestiegen. Das ganze ist wie bei Sportwetten, dort geht man auch davon aus, dass man im Zweifel seinen Einsatz komplett verliert. Deswegen hatte ich keine Angst.

Deinem Twitter-Profil nach zu urteilen interessierst du dich aber vor allem für Kryptowerte.

Ich besitze seit 2014 Bitcoin und hatte viel Glück, dass ich nicht zu viel verkauft habe oder meine Krypto-Werte bei Mt.Gox lagen (die Krypto-Börse wurde gehackt, Anm. d. Red.). Von meinem Gehalt habe ich immer einen Teil dort investiert. Man muss es sich aber auch leisten können, nicht zu verkaufen. Wenn der Kurs von 400 Dollar auf 5.000 Dollar steigt, ist die Verlockung groß. Da hatte ich wieder Glück.

Was reizt dich an Kryptowährungen?

Ich glaube, dass Gold und Silber auf kurz oder lang digitalisiert werden, deswegen investiere ich in Bitcoin und Ethereum. Zu einzelnen Kryptoprojekten lese ich mir auch Untersuchungen durch und investiere dann dort. Ich glaube aber, dass der Trading-Hype abflachen wird, sobald der Lockdown vorbei ist.

Warum?

Die Leute werden wieder ihren Hobbys nachgehen. Ich bin eigentlich auch ein sehr sozialer Mensch, mache viel mit Freunden oder lege Musik auf. Das wird wieder kommen.