Trade-Republic-Gründer Christian Hecker: „Es herrscht ein ganz anderer Geist“
Die Fintech-Branche geht durch eine Korrekturphase – auch Trade Republic, im vergangenen Jahr noch fünf Milliarden Dollar wert, muss sich anpassen. Gründer Christian Hecker erzählt, wie das war.
Es sind Krisenzeiten – und das geht auch an einem Überflieger der Fintech-Branche nicht spurlos vorüber. Das Start-up Trade Republic, das mit seiner Handels-App vom Trading-Boom der Coronazeit und der Meme-Stock-Welle in den letzten Jahren massiv profitiert hat, soll unlängst von seinen Investoren auf Bewertungsnormalmaß zurechtgestutzt worden sein: 2,7 bis 3,5 Milliarden Dollar sei Trade Republic in den Büchern seiner Geldgeber nur noch wert, berichtete das Manager Magazin.
Als das Start-up vor einem knappen Jahr 250 Millionen Euro eingesammelt hatte, lag die Bewertung noch bei fünf Milliarden Dollar. Schon im vergangenen Sommer mussten Mitarbeiter des Fintechs gehen.
„Das ist ein ganz anderer Geist, der in den Besprechungsräumen herrscht“, gab Gründer Christian Hecker auf der Finance-Forward-Konferenz am Mittwoch im Gespräch mit Redaktionsleiter Caspar Schlenk zu. Das Unternehmen habe viele Prozesse aufräumen und Prioritäten neu setzen müssen. „Wir waren ein Jahr lang mit uns selbst beschäftigt“, sagt Hecker.
In den Boomjahren 2020 bis 2022 sei die wichtigste Kennziffer des Unternehmens die Steigerung des Marktanteils gewesen – mit entsprechenden Ausgaben für Marketing und die Verbreiterung des Angebots. Nun, in Zeiten der Korrektur, gehe es um „gesunde Unit Economics, darum, dass jedes einzelne Produkt profitabel ist“. Es sei eine „Umschwungphase von Wachstum zu Profitabilität und wir befinden uns in der Mitte“, sagt Hecker. Nun heiße es: „Kopf runter und demütig an den Hausaufgaben arbeiten.“
Was plant Trade Republic für das Zwei-Prozent-Zinsangebot?
Ganz neu, so Hecker, sei die Rolle als „Wartime-CEO“ für ihn nicht. „Fintech zu skalieren ist immer Krise“, so der Gründer. „Man geht immer von einem Mangel zum anderen.“ In den ersten vier Jahren der Unternehmensgeschichte, in denen Trade Republic ohne Investorengelder wuchs (Bootstrapping heißt das im Gründerjargon), habe er genug ähnliche Phasen erlebt: „Wir waren gefühlt jeden Monat pleite.“
Heute habe er aber trotz Finanzierungskrise und fallender Unternehmensbewertungen keine derartigen Sorgen: „Ich sitze hier relativ entspannt“, erklärt der Gründer auf der Bühne. „Trade Republic hat in letzten Jahren soviel Geld eingesammelt, dass solche Bewertungen irrelevant sind.“ Übrigens sei eine Korrektur um 30 Prozent gar nicht so schlecht – angesichts von Konkurrenten, deren Abwertungen 80 bis 90 Prozent betragen würden.
Anfang des Jahres hatte Trade Republic mit einem Lockangebot von zwei Prozent Zinsen auf Einlagen große Aufmerksamkeit auf sich gezogen, die Trading-App war damit Vorreiter im sich entwickelnden Zinswettlauf. Zuviel sollten Beobachter in die Ausweitung des Angebots aber nicht interpretieren – Trade Republic werde sich treu bleiben: „Trade Republic wird keine Super-App werden. Wollen nicht mit Challengerbanken in Wettbewerb treten.“
Trotzdem gebe es in der aktuellen Marktphase „unglaubliche Chancen“. Hecker zitiert dafür den Rennfahrer Ayrton Senna, der sinngemäß gesagt habe: Bei Sonne ein Rennen zu fahren, sei langweilig, denn man könne höchstens ein Auto pro Runde überholen. Bei Regen aber würden die Karten neu gemischt, da sei alles drin. Was das heißt? Hecker glaubt: „Wenn man jetzt die richtigen Weichen stellt, kann man viel größere Marktanteile gewinnen, wenn der Markt sich konsolidiert.“