Givve und Spendit sitzen beide in München (Bild: Jan Antonin Kolar/Unsplash)

Nach Gegenwind aus der Politik: Wie geht es für Givve, Spendit und Co. weiter?

Aus Kreditkarten für Mitarbeiterguthaben haben mehrere Fintechs ein Geschäft gemacht. Dann bedrohte eine Gesetzesänderung ihre Existenz. Nun aber gibt es Hoffnung.

Für die beiden Münchner Fintechs Givve und Spendit war 2020 ein besonders hartes Jahr – und die Coronakrise war dabei eines der kleineren Probleme. Erst gerieten die beiden Unternehmen in den Strudel des Wirecard-Skandals, weil sie ihr Geschäft auf der Infrastruktur des ehemaligen Dax-Konzerns aufgebaut hatten – den Rückschlag konnten sie aber überwinden.

Viel bedrohlicher war eine politische Debatte: Unter welchen Voraussetzungen können Finanzämter Unternehmen weiterhin 44 Euro im Monat an sogenannten steuerfreien Sachbezügen für ihre Mitarbeiter gewähren?

Sollte die Möglichkeit komplett abgeschafft werden, würde das das Geschäftsmodell mehrerer gutfinanzierter Unternehmen bedrohen – Givve und Spendit etwa, deren Guthabenkarten wie Kreditkarten genutzt werden können. Rund sechs Millionen Arbeitnehmer nutzen derartige Angebote in Deutschland. Seit dieser Woche aber gibt es Hoffnung.

Bedrohung aus der Politik

Die Debatte um die Sachbezüge läuft bereits seit Längerem, auch innerhalb der Koalition. Das SPD-geführte Bundesfinanzministerium hatte im vergangenen Sommer einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der die Zahl der Akzeptanzstellen für die Karten deutlich eingegrenzt hätte. So sollte die Unterscheidung zwischen Gutscheinen und Geldkarten klarer werden, um zu vermeiden, dass Mitarbeitern einfach zusätzliche Geldbeträge über das versteuerte Gehalt hinaus ausgezahlt würden – zum Nachteil des Fiskus.

Das hätte auch rückwirkend zum 1. Januar 2020 gelten sollen – Unternehmen hätten die bereits ausgezahlten Bezüge im schlimmsten Fall also nachversteuern müssen. Im Dezember konnten sich CDU/CSU jedoch im Koalitionsausschuss mit einer sogenannten Nichtbeanstandungsregelung der steuerfreien Sachbezüge für 2020 und 2021 durchsetzen. Am Mittwochnachmittag bestätigten die Länder nach Informationen von Finance Forward den Beschluss.

Ab 2022 wird dann ohnehin ein neues Jahressteuergesetz gelten – und klar ist schon jetzt: Die Sachbezugsfreigrenze soll ab dann von 44 auf 50 Euro erhöht werden. Die Bedingungen, unter denen dieser Betrag ausgegeben werden kann, sind allerdings alles andere als geklärt.

Streitpunkt sind beispielsweise die sogenannten Open-Loop-Karten, die Anbieter wie Givve und Spendit herausgeben. Über ihre Kreditkarten können Unternehmen ihren Mitarbeitern den steuerfreien Sachbezug zukommen lassen.

Kritik am Geschäftsmodell

Die Karten können in ganz Deutschland überall dort genutzt werden, wo auch Kreditkarten angenommen werden. Das entspreche nicht der Ursprungsidee von Sachbezügen, kritisiert etwa der SPD-Abgeordnete Lothar Binding. „Sie waren dafür gedacht, den regionalen Handel in den Innenstädten zu stärken“, erklärt er im Gespräch mit Finance Forward. Binding befürwortet daher eine Limitierung der Nutzung etwa auf bestimmte Postleitzahlen.

Ohne Einschränkungen würden die Karten den Arbeitnehmern sogar schaden, weil sie wie Lohn ohne Sozialabgaben wirkten. „Die Arbeitgeber sparen sich bei steuerfreien Sachbezügen die Sozialabgaben und nutzen den Betriebsausgabenabzug“, kritisiert er. Das würde unter anderem dazu führen, dass die Arbeitnehmer später eine geringere Rente ausgezahlt bekämen.

Bei den Kreditkarten-Startups sieht man das naturgemäß anders. Die Karten seien eine zusätzliche Motivation für Mitarbeiter, die sich vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abgrenze, heißt es. Dafür gebe es auch genügend Einschränkungen, der Betrag könne schließlich nur in Deutschland genutzt werden – und dabei nicht überwiesen oder als Bargeld ausgezahlt werden.

Mitunter hätten Händler ihre Zentrale auch in einem anderen Bundesland, deshalb würde der Vorschlag einer Einschränkung auf bestimmte Postleitzahlen nicht funktionieren, sagt Spendit-Chef Ralph Meyer, der mit etwa 5.500 Unternehmenskunden – unter anderem Rewe und die Lufthansa – gut 100.000 Kartennutzer bedient. Zudem sei es grundsätzlich problematisch, wenn der Gesetzgeber die Gestaltungsebene des Geschäftsmodells übernehme.

Für bestimmte Einschränkungen zeigen sich die Startups dennoch offen. „Da unser Angebot digital gemanagt wird, können unsere Unternehmenskunden die Nutzung ihrer Karten für ihre Mitarbeiter selbst nach Bedarf einschränken“, sagt Patrick Löffler, Gründer und CEO von Givve. Sein Startup bedient aktuell 20.000 Unternehmenskunden, die wiederum auf insgesamt 500.000 Kartennutzer kommen. Die größten Kunden sind Hornbach, Toyota oder Oettinger, doch Givve hat auch viele kleinere Kunden.

„Optimistisch in die Zukunft“

Sie können die Karten ihrer Mitarbeiter auf regionale Anbieter beschränken oder auch auf Güter des täglichen Gebrauchs, also Waren aus Supermärkten oder die Leistungen bestimmter Mobilitätsdienstleister. „Am Ende werden Fintechs immer eine Antwort auf den gesetzlichen Rahmen geben“, sagt Spendit-Chef Meyer. Auch wenn der Gesetzgeber ihr Angebot unter Umständen weniger attraktiv gestalten könnte.

Durch die Anhebung auf 50 Euro ab 2022 sei das Sachbezugsprinzip aber gestärkt. Er sehe „sehr optimistisch in die Zukunft“, sagt Meyer, „was die Belebung 2021 angeht und auch die Fortführung in den Folgejahren“.

Dann wird es allerdings auch eine neue Bundesregierung geben – und mutmaßlich auch ein nicht SPD-geführtes Finanzministerium. Was das dann zu ihrem Geschäftsmodell sagen wird, das müssen Spendit, Givve und Co. erst einmal abwarten. Die Karten werden dann wieder neu gemischt.