Der Spac-Trend schwappt nach Europa
An den US-Börsen gab es 2020 einen wahren Spac-Boom: Investoren bringen eine Firmenhülle an die Börse und kaufen dann später ein Unternehmen. Längst arbeiten deutsche Teams an eigenen Spacs. Was hat es damit auf sich?
Das Akronym Spac treibt die Wall Street seit Monaten um. „Wer keine eigene Spac hat, ist ein Niemand“, sagte Finanzexperte Peter Atwater kürzlich dem Wall Street Journal. Die Liste reicht vom ehemaligen NBA-Star Shaquille O’Neal bis zum Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld.
Auch in Deutschland bereiten mehrere Teams eigene Spacs vor, darunter der prominente Geldgeber Klaus Hommels mit seinem Fonds Lakestar, 400 Millionen Euro will er zusammen bekommen, wie Bloomberg berichtet. Gleichzeitig diskutieren deutsche Startups, inwiefern eine Spac für sie als Käufer infrage kommen könnte.
Trotz des Booms sind die Deals umstritten
In einer Zeit der aufgeheizten Märkte macht eine Spac es möglich, das Unternehmen innerhalb von wenigen Monaten an die Börse zu bringen, bei einem traditionellen Börsengang dauert das bedeutend länger, zum Beispiel wegen einer Roadshow vor potentiellen Investoren. „Der Vorteil für die gekauften Unternehmen ist es außerdem, dass sie sich auf einen Preis verlassen können“, sagt Philipp Schlüter, Partner bei der Finanzberatung Cowen. Denn sie verhandeln den Preis mit den Spac-Managern. Bei einem normalen Börsengang kommt es häufiger vor, dass der Aktienkurs am ersten Tag explodiert, wie etwa bei der Vermietungsplattform Airbnb. Ärgerlich für die Investoren der Firma, die nicht an der Wertsteigerung teilhaben.
Trotz des Booms sind die Deals umstritten. Gerade für Kleininvestoren an der Börse birgt jedes Investment in eine Spac ein hohes Risiko. Das WSJ analysierte Spacs von Januar 2019 bis Juni 2020 – nach den Zusammenschlüssen mit der neuen Firma sank der Wert im Schnitt um zwölf Prozent, während der Aktienindex Nasdaq um 30 Prozent stieg.
Das Vertrauen in die Spac-Manager muss außerdem groß sein, schließlich suchen sie nach der Firma, die sie kaufen möchten. Sie wissen vor dem Börsengang noch nicht, welche Firma sie erwerben möchten und haben zwei Jahre Zeit, ein Übernahmeziel zu finden. Bei den vielen Spacs muss sich zeigen, ob die Qualität der Firmen weiterhin gut bleibt, das war bei Deals in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Doch in diesem Boom scheine es sich um bessere Firmen zu handeln, meint Schüter.
Mindestens zwei Berliner Teams arbeiten an einer Spac
Während in den vergangenen Monaten vor allem Spacs an der New Yorker Börse nach US-Startups Ausschau hielten, gehen die Firmen nun stärker in anderen Regionen der Welt auf die Suche – auch in Europa. So hat der Geldgeber Priceville kürzlich mit 345 Millionen Dollar eine Spac an die Börse gebracht, die speziell nach europäischen und asiatischen Zielfirmen sucht. „Circa ein Viertel der Spacs könnte auch in Europa ein Unternehmen kaufen und sieht sich hier um“, sagt Philipp Schlüter.
Seit einigen Monaten diskutieren auch deutsche Startups, ob sie nicht an eine Spac verkaufen sollen. Es sei eine gute Exit-Alternative für Startups, abseits von Private-Equity-Fonds und einem Börsengang, sagt Julian Riedlbauer von der M&A-Beratung GP Bullhound. Ein Beispiel ist Volocopter. Das Flugtaxi-Startup sucht nach Informationen von Finance Forward zurzeit nach neuen Investorengeldern – das Management habe die Möglichkeit eines Spac-Deals kurz diskutiert, heißt es von Insidern. Das Unternehmen will sich dazu nicht äußern. „Es ist eine Finanzierungsform, die alle erstmal verstehen müssen“, sagt ein Partner von einem bekannten Wagniskapitalgeber. In den Aufsichtsgremien der Firmen seien die Spacs ein Thema, bestätigt er. Infrage komme dies zum Beispiel für reife Startups. Bislang ist noch kein Deal bekannt. In Großbritannien steht der Hersteller von Elektro-Lkws Arrival vor einem Spac-Deal, den Schlüter beraten hat.
Auch auf der Investoren-Seite arbeiten mehrere Manager daran, eine eigene Spac zu starten. Zwei Teams bereiten derzeit nach Finance-Forward-Informationen eine Spac vor – und sprechen zum Beispiel mit Banken. Ein Projekt stammt aus dem Umfeld des Lieferdienstes Delivery Hero. Beide Berliner Teams planen einen IPO an der New Yorker Börse. Geldgeber Hommels will dagegen seine Spac in Frankfurt an die Börse bringen – geplant ist bereits das erste Quartal.
Linktipps:
- Die Vor- und Nachteile einer Spac von CB Insights.
- Ein ausführlicher Bericht im Wall Street Journal.