Smava-Chef Alexander Artopé (Bild: PR)

Smava-Verkauf geht in entscheidende Phase – welche Bewertung ist realistisch?

Exklusiv: Im Verkaufsverfahren des Berliner Fintechs Smava könnte ein strategischer Käufer den Zuschlag bekommen – die Entscheidung dürfte bald fallen. Dabei überrascht der Kreditvermittler mit profitablen Zahlen – doch es gibt Haken. 

Die Jalousien sind dieser Tage weit unten bei Smava. Dabei hatte sich der größte deutsche Ratenkredit-Vermittler – abgesehen von Check24 natürlich – vor zwei Jahren eine Transparenz-Offensive verordnet. Ermutigt von solidem Wachstum enthüllte CEO Alexander Artopé erstmals überhaupt Ertragszahlen (162 Millionen Euro Umsatz bezogen auf das Geschäftsjahr 2021, ähnlich viel wie N26 damals) und war auch ansonsten ziemlich gut drauf: „Wir sind bei unserem Ziel, Check24 als Marktführer abzulösen, gut vorankommen und dürften den Abstand weiter verkürzt haben“, gab der Smava-Chef im Exklusiv-Gespräch mit Finanz-Szene zu Protokoll.

Aktuell zeigt sich Artopé weniger gesprächig. Zu viel steht auf dem Spiel in diesen Wochen, denn laut Informationen von Finance Forward und Finanz-Szene geht das vor Monaten eingeleitete Verkaufsverfahren in die entscheidende Phase. Das Feld der Interessenten hat sich gelichtet. Nur noch wenige Kandidaten seien im Rennen, ist in Finanzkreisen zu hören.

Als interessiert galten lange Zeit vor allem Private-Equity-Gesellschaften, von denen aber einige inzwischen ausgeschieden sein sollen. So könnte es sogar zu einer Überraschung kommen – nämlich dass ein strategischer Investor den Zuschlag erhält. Vorausgesetzt freilich, es kommt überhaupt zu einem Deal. Denn die Zahlen, die Smava den Interessenten vorgelegt hat, sehen zwar sehr ordentlich aus. Ohne Makel allerdings sind sie nicht.

Smava erreicht Gewinnzone

Konkret: Wie Verfahrensteilnehmer berichten, soll das jahrelang notorisch defizitäre Berliner Fintech inzwischen eine erstaunliche Profitabilität erlangt haben. Bezogen aufs laufende Geschäftsjahr ist in Finanzkreisen von einem Ebitda von grob 35 Millionen Euro die Rede. Was eine beachtliche Leistung wäre, wenn man bedenkt, dass der Ratenkreditmarkt in den letzten Jahren immer mal wieder schwächelte und gerade der digitale Direktvertrieb (also das Leib- und Magengeschäft von Smava) ein paar bemerkenswerte Schleifspuren aufwies.

So vermeldete der Bankenfachverband (also die Kreditbanken-Lobby) vor einigen Monaten …

  • … dass das Neugeschäft seiner Mitgliedsbanken im vergangenen Jahr auf 53 Mrd. Euro zurückgegangen sei (unbereinigt beinahe das Level der Corona-Jahre),
  • … dass dieses Minus quasi eins zu eins auf die Unterkategorie der „Barkredite“ entfallen sei (–14% auf 27,2 Mrd. Euro) – also Ratenkredite, die ohne Zweckbindung und häufig übers Internet ausgezahlt werden, und
  • … dass dabei tatsächlich auch der in der Vergangenheit stetig wachsende Online-Vertrieb gelitten habe (–12% auf 13,7 Millionen Euro)

Im H1/24 hat sich das allgemeine Geschäft laut Bankenfachverband zwar etwas erholt. Trotzdem war nicht zwingend zu erwarten, dass Smava ausgerechnet unter solchen Rahmenbedingungen deutlich in die Gewinnzone vordringt.

Dennoch blickten zuletzt manche Kaufinteressenten mit einer gewissen Skepsis auf das präsentierte Zahlenwerk. Das wiederum liegt daran, dass Smava in die schwarzen Zahlen nicht wirklich hineingewachsen ist, sondern sie sich eher erspart zu haben scheint. Dazu muss man wissen: Schon im Zuge der Übernahme des Finanzportals Finanzcheck vor drei Jahren mussten Dutzende Mitarbeiter gehen, im Sommer 2022 wurde dann sogar knapp ein Zehntel der damals rund 1.000 Köpfe großen Belegschaft entlassen. Genau wie die meisten anderen großen Fintechs fokussierte Smava in den letzten Jahren stark auf die Profitabilität. Das Wachstum litt darunter.

Glaubt man den Zahlen, die im Umkreis des Verkaufsverfahrens lanciert werden, dann soll die Umsatzentwicklung schon seit Jahren mehr oder weniger flach sein – angeblich werden die 2021 erzielten gut 160 Millionen Euro selbst im laufenden, eigentlich sehr ordentlichen Geschäftsjahr 2024 nicht ganz erreicht (die Rede ist von 150-155 Millionen Euro, was immerhin eine merkliche Steigerung verglichen mit 2023 wäre). Nun kann das Berliner Fintech natürlich darauf verweisen, dass die Kosten im gleichen Zeitraum massiv gesenkt worden sind. Ein bisschen mehr Wachstums-Dynamik hätten die Investoren dem Vernehmen nach allerdings trotzdem gern. Zumal auch hinterfragt wird, wie nachhaltig die Kostensenkungen sind.

Marketingschlacht mit Check24

Das wiederum liegt daran, dass bei einem Unternehmen wie Smava vor allem die Marketingausgaben über die Kostenquote entscheiden. Denn: Auch wenn sich mit Kreditvergleichen hohe Provisionserträge erwirtschaften lassen (Insider schätzen, dass je 1.000 Euro vermitteltem Kreditvolumen um die 35-40 Euro beim Vermittler hängenbleiben), sind die Umsätze über TV-Werbung und Google-Spendings meist teuer erkauft. Branchenkenner sagen, in den letzten ein, zwei Jahren sei die Marketingschlacht zwischen Check24 und Smava weniger hart geführt worden als in der Vergangenheit. Sobald Check24 als Markführer das Tempo allerdings wieder forciere, müsse auch Smava die Werbeausgaben hochfahren – mit entsprechenden Folgen für die Gewinn- und Verlustrechnung. Die Perspektiven von Smava seien darum mit Unsicherheiten behaftet.

Entsprechend kursieren im Markt zurzeit sehr unterschiedliche Bewertungsvorstellungen. Fest dürfte stehen: Einen Unicorn-Status (über den auf dem Höhepunkt des Fintech-Booms im Jahr 2021 spekuliert wurde) wird ein möglicher Käufer den Berlinern eher nicht zugestehen wollen. Kenner bezweifeln sogar, dass es die Hälfte wird. Denn für einen Kaufpreis von 500 Millionen Euro müssten Investoren ein Ebitda-Multiple von deutlich über zehn aufbieten. „Dabei wäre eine Bewertung von 10x schon richtig, richtig gut“, wie ein Kenner des Verfahrens sagt. Ein anderer Insider ist da deutlich bullisher: „Verglichen mit PE-Investoren sind Strategen deutlich zahlungsbereiter. Ein Preis nördlich von 500 Millionen Euro ist deshalb durchaus realistisch.“

Fragt sich nur noch, wer der Stratege ist, der so viel Geld bietet.