„Buy now, pay later“-Anbieter Sezzle entlässt Mitarbeiter in Berlin
Exklusiv: Erst vor einem Jahr plante das Fintech Sezzle, in Europa durchzustarten. Der einst gehypte „Buy now, pay later“-Anbieter aus den USA eröffnete ein Büro in Berlin und lockte mit hohen Gehältern. Nun soll schon wieder Schluss sein, Sezzle will die Expansion offenbar stoppen.
Eigentlich hatten die Mitarbeiter die Nachricht gut aufgenommen. Ende Februar wurde bekannt, dass die Firma Zip ihren Konkurrenten Sezzle schluckt, der „Buy now, pay later“-Markt konsolidiert sich. Beide Anbieter sind börsennotiert und erlebten noch im vergangenen Jahr einen Höhenflug. In diesem aufgeheizten Markt hatte Sezzle auch seine Expansion nach Europa gestartet (Finance Forward berichtete).
Ohne viel Aufsehen eröffnete es ein Büro in Berlin und ging nach Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien. Zudem erhielt es eine E-Money-Lizenz für den europäischen Markt. Sezzle habe seine Mitarbeiter mit teilweise hohen Gehältern gelockt, heißt es aus der Branche.
Mehrere Dutzend Mitarbeiter müssen gehen
Das US-Management habe Sezzle in Europa einfach eingestellt wollen, sagte eine mit den Vorgängen betraute Person. Die europäische Führungsriege soll nach Informationen von Finance Forward jedoch um Aufschub gebeten haben, um das kleine Geschäft wenigstens verkaufen zu können. Zunächst war der Plan, die hiesigen Kundenbeziehungen und Software samt Belegschaft zu veräußern, heißt es. Demnach wurde den Mitarbeitern gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen sollten – der Arbeitsalltag würde weitergehen, man werde schon einen Käufer finden.
Bislang ließ sich allerdings kein Unternehmenskäufer ausmachen, das Management habe mit einem Zahlungsdienstleister und einem Online-Handelskonzern gesprochen, heißt es. Inzwischen entließ Sezzle mehrere Dutzend Mitarbeiter, berichtet der Firmeninsider. Eine Anfrage von Finance Forward ließ das Unternehmen unbeantwortet.
Nun wird offenbar versucht, nur noch die Software samt dem übrig gebliebenen Management-Team zu veräußern. Einige Kunden von Sezzle in Deutschland wurden nach Informationen von Finance Forward noch gar nicht informiert. „Wir wissen von nichts“, sagt etwa Ingo Hoogen von minigolfen.de auf Anfrage. Die Sezzle-Mitarbeiter seien bis zum Ende angehalten worden, weiterhin Kundengespräche zu führen.
Der „Buy now, pay later“-Markt wird schwieriger
Insgesamt zählt Sezzle rund 400 Mitarbeiter, in den USA führt es Kunden wie dem Handelskonzern Target. Das Unternehmen war besonders in der Pandemie gewachsen und führt inzwischen eigenen Angaben zufolge 40.000 Einzelhandelskunden. In den ersten neun Monaten des Jahres 2021 erwirtschaftete Sezzle Gesamteinnahmen in Höhe von 81,9 Millionen US-Dollar, verglichen mit 36,7 Millionen Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Doch in den vergangenen Monaten hat sich bereits angedeutet, dass es zu einer Konsolidierungsphase im Markt kommt. Die Branche kann zwar noch steigende Umsätze vorweisen. Nun muss sich die Branche aber auf schwächelnden Online-Handel einstellen. Zusätzlich sind die börsennotierten Anbieter unter Druck geraten, weil verlustreiche Tech-Unternehmen zurzeit vom Markt kritisch gesehen werden.
Bisher waren Sezzle und Zip auf sehr unterschiedliche Händler ausgerichtet. Kunden können Zip nutzen, um bei Einzelhandelsriesen wie Amazon oder Walmart einzukaufen. Sezzle hingegen hat sich – abgesehen von Target – auf kleinere Nischengeschäfte spezialisiert. Hinter der Übernahme könnte für das australische Fintech Zip die Hoffnung stecken, in den USA Fuß zu fassen. In einer Mitteilung der beiden Unternehmen heißt es, dass die Übernahme „die Größe und das Produktangebot von Zip erheblich erweitert und die Möglichkeit bietet, das Wachstum in den USA zu beschleunigen“.
Die Expansionen in anderen Teilen der Welt dürften damit an Relevanz verlieren. Vom indischen Markt hat sich Sezzle im April bereits verabschiedet. Europa dürfte nun folgen.