Savedroid-Gründer Yassin Hankir (Bild: Unternehmen)

Staatsanwaltschaft ermittelt wieder und Streit um Millionen – Savedroid unter Beschuss

Exklusiv: Dem skandalgebeutelten Krypto-Startup Savedroid droht neuer Ärger: Das Unternehmen streitet sich mit einem Anwalt, der noch mehrere ICO-Millionen auf dem Konto hält – und sich weigert, das Geld auszuzahlen. Und auch die Staatsanwaltschaft ermittelt wieder.

In Raum 122 des Frankfurter Landgerichts sollte es gestern eigentlich endlich losgehen: Zum ersten Mal sollte vor Gericht über die Klage eines Savedroid-Anlegers verhandelt werden, der sein Investment in den Krypto-Börsengangs des Frankfurter Fintechs zurückhaben wollte. Er hatte 49.000 Euro in dem sogenannten Initial Coin Offering (ICO) investiert und sich mit den Token des Unternehmens eingedeckt.

Der Gerichtstermin platzte kurzfristig. Doch Ruhe dürfte bei Savedroid kaum einkehren. Wie Recherchen von Finance Forward zeigen, hängt das Startup in weiteren juristischen Konflikten fest: Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt ermittelt wieder. Und Savedroid verklagt einen Partner, der noch vier Millionen Euro aus dem ICO hält und sich weigert, den Betrag an die Firma zu überweisen. Unterdessen läuft das eigentliche Geschäft mit der Spar-App schleppend. Was ist los bei dem einstigen Krypto-Star?

Los ging die Krise im Frühjahr 2018 mit einem völlig verunglückten PR-Stunt. Savedroid-Gründer Yassin Hankir hatte kurz nach dem erfolgreichen ICO so getan, als wäre er mit den Anlegergeldern im Wert von mehreren Millionen Euro einfach abgehauen. Nach 24 Stunden – und viel Aufregung – löste er den „Gag“ auf. Er habe auf die „ganzen Betrügereien“ aufmerksam machen wollte, sagte er im Gründerszene-Interview. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt nahm damals bereits Ermittlungen auf, stellte diese allerdings kurze Zeit später wieder ein.

„Aus meiner Sicht gab es Unregelmäßigkeiten“

Vor einigen Monaten hat die Behörde nun nach Informationen von Finance Forward ihre Ermittlungen wegen Betrugs gegen das Frankfurter Unternehmen wieder aufgenommen. Das bestätigt auch eine Sprecherin der Behörde.

Ein anderer Konflikt wird in Bonn ausgetragen. Dort dürfte bald ein Prozess starten, bei dem Savedroid auf der Klägerseite steht. Die Firma klagt gegen einen ehemaligen Partner, den Rechtsanwalt Axel Hellinger. Er hatte beim ICO Einnahmen als Treuhänder eingesammelt. „Ich halte die ICO-Einnahmen im Wert von 4,2 Millionen Euro weiter, weil es aus meiner Sicht Unregelmäßigkeiten gab“, teilt Hellinger gegenüber Finance Forward mit.

Mehrere Klärungsversuche mit Savedroid seien gescheitert – nun soll ein Gericht den Sachverhalt klären.

Der Anwalt kritisiert unter anderem, dass Savedroid vor dem ICO angekündigt habe, dass der Token auch auf einer der größten Kryptobörsen gelistet werden würde – ein Zeichen für Glaubwürdigkeit, was zu einem stärkeren Handel führen würde. Doch das sei nie passiert. Außerdem habe das Unternehmen in seinen Unterlagen unzureichend deutlich gemacht, dass sich die Krypto-App nicht in Deutschland verwenden lasse. Viele deutsche Anleger hätten aber trotzdem investiert und Token erhalten, die sie nun in Deutschland gar nicht in der App verwenden dürften.

Mehrere Klärungsversuche mit Savedroid seien gescheitert – nun soll ein Gericht den Sachverhalt klären. Ein Termin steht laut Gerichtssprecher noch nicht fest. Savedroid will sich zu den laufenden Verfahren nicht äußern.

Die Anschuldigungen der Savedroid-Anleger, die in Frankfurt vor Gericht ziehen, bestreitet das Unternehmen hingegen. Die Investoren werfen der Firma vor, es habe „die verbraucherrechtlichen Informationspflichten nicht erfüllt, insbesondere nicht über das Widerrufsrecht aufgeklärt“, so die Anwältin Claudia Otto, die mehrere Anleger vertritt.

Provisionserlöse von 65,42 Euro

Unterdessen läuft das eigentliche Savedroid-Geschäft schleppend. Im vergangenen Jahr konnte das Startup laut Bundesanzeiger ganze 65,42 Euro an Provisionserlösen einnehmen. Der Fokus habe darauf gelegen, die App zu entwickeln, sagte Gründer Yassin Hankir dazu gegenüber Finanz-Szene.

In der App können Nutzer Sparregeln definieren, sodass bei bestimmten Ereignissen Geld in Kryptowährungen zurückgelegt wird – zum Beispiel, wenn der US-Präsident einen Tweet absetzt. Nach diesem Prinzip hat Savedroid bereits eine ähnliche Sparschwein-App für Fiatwährungen entwickelt.

Die Krypto-App wurde etwa 44.000 Mal heruntergeladen, zeigen Zahlen des Analysetools Priori Data. Die Zahl der tatsächlichen Nutzer dürfte deutlich niedriger liegen. Ein großer Durchbruch sieht anders aus. In den kommenden Wochen wolle Savedroid jedoch „marketingtechnisch Gas geben und die Nutzerzahlen richtig hochfahren“, sagte Hankir kürzlich in einem Gründerszene-Interview.

Mit einem Börsengang durch die Hintertür – einem sogenannten Reverse Takeover – hat er sein Fintech gerade erst an die Börse gebracht. Durch den ungewöhnlichen Schritt will er Vertrauen zurückgewinnen, etwa weil das Unternehmen nun strengeren Berichtspflichten unterliege. „Krypto geht auch in seriös“, sagte er. Das mag stimmen. Aber Savedroid hat diesbezüglich sicher noch einen weiten Weg vor sich – erst recht vor dem Hintergrund der verschiedenen juristischen Auseinandersetzungen.