Die ehemalige Paypal-Managerin Nicola Breyer verantwortet der Vertrieb seit einigen Monaten (Bild: PR).

Optiopay und seine Fundingkünste

Gleich vier Mal hat das Berliner Fintech Optiopay in den vergangenen Jahren eine millionenschwere Finanzierungsrunde verkündet. Kann das überhaupt sein? Zeit für einen kleinen Faktencheck.

Diese Woche war Oliver Oster, Gründer und COO des Berliner Fintechs Optiopay, mal wieder „thrilled“ und „proud“, wie er bei Linkedin bekannte (optisch ergänzt war das Ganze übrigens durch das Video einer startenden Rakete). Der Anlass diesmal: Das einstige Gutschein- und heutige „Open Banking“-Startup hat eine Finanzierung erhalten. Mal wieder, möchte man hinzufügen. Denn es handelte sich (jedenfalls wenn man den offiziellen Verlautbarungen des Unternehmens folgt) um die vierte millionenschwere Finanzierungsrunde in sechs Jahren.

Der Faktencheck:

Was macht Optiopay noch mal genau?

Ursprünglich firmierte Optiopay als Gutschein-Fintech. Die Idee: Die Berliner wollten Banken, Versicherern und anderen Unternehmen ermöglichen, finanzielle Forderungen in Form von Gutscheinen zu erfüllen. Beispiel: Ein Versicherungsnehmer hat einen Schadensfall in Höhe von 100 Euro. Mithilfe von Optiopay bietet ihm die Versicherung nun anstelle der 100 Euro in bar einen Gutschein bei einem Online-Händler in Höhe von 110 Euro an. Für die technische Abwicklung erhält Optiopay eine kleine Provision.

Was an Optiopay ist „Open Banking“?

2018 – also auf dem Höhepunkt der PSD2-Euphorie – hieß es irgendwann, man  habe sich zur „Open Banking Lösung“ weiterentwickelt (im August 2019 folgte die Bafin-Registrierung als Kontoinformationsdienst). Die neue Funktionsweise: Optiopay greift im Auftrag seiner Kunden (also beispielsweise im Auftrag eines Versicherers oder eines Stromanbieters) auf das Girokonto von dessen Kunden (also des Endkunden) zu. Dadurch bekommt der Versicherer oder Stromanbieter ein besseres Bild von seinem Kunden und kann ihm auf dieser Basis passgenauere Angebot machen. Dieses Angebot kann auch weiterhin ein Gutschein sein, aber zum Beispiel auch eine Empfehlung zur Geldanlage.

In der Pressemitteilung zur neuen Funding-Runde ist etwas abstrakt von drei Open-Banking-Lösungen die Rede:

  • „die endkundenzentrierte White Label Plattform für Bankdaten basierte Mehrwertangebote“
  • ein „Data-Insights-Portal für Unternehmenskunden“
  • sowie ein „bankdaten-getriebener Kampagnen -Manager für Werbepartner“

Was ist von Optiopays regelmäßigen Funding-Meldungen zu halten?

Die sind mit Vorsicht zu genießen. Ein kurzer Abriss:

Mitte 2016 hieß es in Startup-Medien, Optiopay habe bei Investoren 7 Millionen Euro „eingesammelt“. Tatsächlich belief sich die Kapitalrücklage per Ende 2016 allerdings nur auf 1,6 Mio. Euro. Heute heißt es auf unsere Anfrage hin: “Das war ein Wandeldarlehen, welches 2019 gewandelt wurde.”

2017 wurde in Startup-Medien über eine 20 Millionen Euro schwere Finanzierungsrunde spekuliert (wofür Optiopay allerdings nichts konnte, die Gerüchte kamen aus dem Umfeld eines Investors). Die Nachricht entpuppte sich als substanzlos …

Mitte 2019 vermeldete das Optiopay eine Kapitalerhöhung in „zweistelliger Millionenhöhe“. Tatsächlich wurde das Kapital laut Geschäftsbericht nur um 9,1 Millionen Euro erhöht – dabei handelte es sich allerdings nicht um frisches Geld, sondern vollständig um eine Umwandlung von nachrangigen Wandeldarlehen. Die Erklärung, siehe auch oben: Aus der Aufnahme von Wandeldarlehen größtenteils in 2016 und deren Umwandlung in 2019 wurden kommunikativ einfach zwei Funding-Runden gemacht. Wobei Optiopay darauf hinweist, dass 2019 zusätzlich zur Umwandelung auch noch mal ein weiteres (allerdings eher bescheidenes) Darlehen aufgenommen wurde. So kam man dann auf die Formulierung „zweistellig“.

Im Herbst 2020 war dann von einer 5,25 Millionen Euro schweren Finanzierung die Rede (auch Finance Forward berichtete). Tatsächlich enthält der 2019er-Abschluss bereits den Hinweis auf eine „Verstärkung des Eigenkapitals in Höhe von 4,65 Millionen Euro“ im August 2020. Tatsächlich flossen aber nur 2,7 Millionen Euro frisch in die Gesellschaft. 1,9 Millionen Euro stammten wiederum aus einer Umwandlung von nachrangigen Verbindlichkeiten.

Die diese Woche verkündeten 11 Millionen Euro schließen die Kapitalmaßnahmen aus dem vergangenen Jahr explizit ein. Wobei die Sache ja irgendwie trotzdem nicht so richtig aufgeht. Wir haben darum nochmal nachgehakt, wie viel frisches Kapital denn nun seit Mitte 2020 in Optiopay geflossen ist. Die Auskunft: 2,75 Millionen Euro (Aug. ’20) + 1,6 Millionen Euro (Okt. ’20) plus 4,5 Millionen Euro (April ’21). Macht in Summe: 8,85 Millionen Euro.

Wie steht Optiopay operativ da?

2019 beliefen sich die Provisionserträge laut Abschluss auf 4,1 Millionen Euro – wovon allerdings 2,5 Millionen Euro auf „Auszahlungs-Transaktionen“ entfielen. Es dürfte sich hierbei um Erlöse aus dem Gutschein-Geschäft handelte. Denen standen wiederum Provisionsaufwendungen aus dem Gutscheingeschäft in Höhe von 2,8 Millionen Euro gegenüber. Die übrigens Provisionserträge in Höhe von 1,7 Millionen Euro werden auf „Software-as-a-Service-Dienstleistungen“ zurückgeführt. Diesen Posten kann man überwiegend dem „Open Banking“-Geschäft zuschreiben, sagt Oster.

Im 2019er-Abschluss findet sich für 2020 zudem folgende Prognose: „Im Jahr 2020 rechnet die Optiopay mit einer deutlichen Steigerung der Provisionserträge von derzeit 4,4 Millionen Euro auf circa 6,5 Millionen Euro. […] Das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit wird sich voraussichtlich von minus 2,0 Millione Euro auf circa minus 1,9 Millionen Euro verbessern.”

Der prognostizierte Ertrag habe sich 1:1 so bestätigt, sagt Oster, das Ebit habe bei minus 1,3 Mio. Euro gelegen.