Nelly erhält 100 Millionen Euro von Vereinigten Volksbank
Exklusiv: Die Fintech-Volksbank finanziert das Berliner Startup Nelly, das Factoring für Arztpraxen anbietet. Mit dem Fremdkapital soll nun ein neues Produkt starten. Was ist geplant?
Die umtriebige Vereinigte Volksbank aus dem Odenwald von Chef Ralf Magerkurth verkündet den nächsten Fintech-Deal: Insgesamt 100 Millionen Euro stellt die Bank dem Fintech Nelly bereit, das Factoring für Arztpraxen mit den Partnern anbietet. Nelly, 2021 von Niklas Radner, Lukas Eicher und Rasmus Schults gegründet, hat eine Lösung entwickelt, mit der Patientinnen und Patienten zum Beispiel ihre Rechnungen beim Zahnarzt auf Rechnung bezahlen können. Während die Praxis das Geld sofort bekommt, kümmern sich Nelly und die Partnerbank um die Bezahlung – das funktioniert im Hintergrund mit sogenanntem Factoring.
Die neue Partnerschaft soll es ermöglichen, auch kassenärztliche Leistungen mit Nelly abzuwickeln. „Wir haben uns bislang darauf fokussiert, die Factoring- und Bezahl-Lösungen für Selbstzahler bei Zahn- und Arztpraxen stetig weiterzuentwickeln“, sagt Radner. „Doch wir haben gemerkt, es gibt auch weiteren Bedarf für kassenärztliche Leistungen.“ In dem Fall müssen manchen Ärzte länger auf ihre Zahlung von der Krankenkasse warten. Aus diesem Grund würde es auch Nachfrage geben, diese Zahlungen per Factoring abzuwickeln.
Modell wurde unter die Lupe genommen
Dabei ist pikant: Dass Nelly auf die Volksbank als Finanzierungspartner setzt, denn sonst arbeitet es mit der Bank Varengold zusammen, die zurzeit ins Visier der Finanzaufsicht geraten ist – allerdings nicht mit seinen Fintech-Geschäften. Zuletzt hat mit Pliant bereits ein anderes Varengold-Startup auch die Vereinigte Volksbank für ein Produkt an Bord geholt. Nelly-Gründer betont: „Wir werden beide Banken an Bord behalten, Varengold können wir zum Beispiel nutzen, wenn wir außerhalb von Deutschland expandieren.“ Das sei zeitnah geplant. „Auch sonst behalten wir beide Partner, und die Zahn- und Arztpraxen können anhand ihrer eigenen Kriterien entscheiden, wen sie auswählen möchten.“
Das Modell von Nelly war zuletzt in einem Artikel von Business Insider unter die Lupe genommen worden. Der Vorwurf: Dem Unternehmen fehlen bei dem Konstrukt eine eigene Factoring-Lizenz. Eine Bafin-Sprecher sagte demnach: Die Aufsicht prüfe derzeit, „ob es hier eine Erlaubnispflicht gibt“. „Es handelt sich bei unserem Verfahren um das sogenanntes White-Label-Factoring, wie es renommierte Fintech-Unternehmen in anderen Sektoren bereits seit vielen Jahren betreiben“, sagt Gründer Radner. Auf Nachfrage will sich die Bafin nicht zu dem Fall äußern.