In Frankreich hat N26 inzwischen mehr als 2,5 Millionen Kunden (Bild: John Hunter)

Kontoschließungen in Frankreich: Kunden klagen gegen N26

In Frankreich streitet sich N26 mit enttäuschten Kunden, deren Konten die Neobank geschlossen hatte. Einige von ihnen Klagen nun. Was sind die Hintergründe?

Auf Facebook haben sie sich zusammengefunden. In einer Gruppe mit inzwischen 685 Mitgliedern berichten mehrere Franzosen davon, dass ihr Konto bei N26 geschlossen worden sei. Einfach so. Schlimmer noch: Ihr Geld, so berichten sie, habe die Neobank einbehalten.

Damit haben es die betroffenen Bankkunden jetzt ins Fernsehen geschafft. „So etwas hat man noch nie gesehen: Dass eine Bank auf eigene Faust und völlig willkürlich und unbefugt das Geld eines Kundens blockiert, der dieses braucht, um alltägliche Transaktionen durchzuführen“, erklärt ihre Anwältin beim französischen Nachrichtensenders RMC. „N26 wird sich vor einem französischen Richter für diese ungewollten Sperrungen verantworten müssen.“

Es soll sich um drei- bis vierstellige Summen handeln, die sie seit Monaten nicht zurückerhalten hätten, heißt es. N26 widerspricht, nennt den Vorgang eine „Routineüberprüfung“ im Sinne der Geldwäschebekämpfung. Jeder Kunde würde sein Geld zurückbekommen. Im April wird die Sammelklage vor einem Gericht bei Paris verhandelt.

„N26 folgt strengen regulatorischen Richtlinien

Bereits im Dezember hatte RMC über die ersten Vorfälle berichtet. „Den Vorwand, im Rahmen der Geldwäschebekämpfung Konten verifizieren zu müssen, nutzt N26 nur, um das Geld einiger ihrer Kunden zu stehlen“, wird darin ein wütender Kunde zitiert, der etwa 300 Euro auf seinem Konto hatte. Der Sender berichtet von „Hunderten vergleichbaren Fällen“.

Die eigentliche Schwierigkeit: Nach der Kontoschließung sei die Bank kaum noch zu erreichen. Eine Telefonnummer gebe es nicht, auch keine Emailadresse. Nur Kunden können über einen Chat über die App mit Mitarbeitern in Kontakt treten. Ist das Konto aber geschlossen, entfällt diese Möglichkeit.

N26 stand in der Vergangenheit bereits häufiger in der Kritik, in Krisensituationen für seine Kunden schlecht erreichbar gewesen zu sein. 2019 tauchte in der Berliner Firmenzentrale beispielsweise ein verzweifelter Kunde auf, das Unternehmen rief die Polizei (Finance Forward berichtete). Auch der Fall eines Unternehmers, dem 80.000 Euro vom N26-Konto gestohlen wurden und der über Tage den Kundenservice nicht erreichte, machte Schlagzeilen.

Dass Konten generell geschlossen werden, überrascht indes wenig. Besonders im vergangenen Jahr hatte die deutsche Finanzaufsicht Bafin, die für N26 zuständig ist, harte Ansagen gemacht und dem Unternehmen zwei Sonderbeauftragte ins Haus geschickt (Finance Forward berichtete). N26 solle „angemessene interne Sicherungsmaßnahmen ergreifen und Allgemeine Sorgfaltspflichten einhalten“, teilte die Aufsicht öffentlichkeitswirksam mit. Zudem darf N26 derzeit nur eine begrenzte Zahl an Neukunden aufnehmen.

Die Neobank solle unbedingt ihre Probleme mit der Geldwäschebekämpfung in Griff bekommen, so die Forderung der Bafin. Konkret attestierte sie N26 im Mai 2021 noch „Defizite sowohl im EDV-Monitoring als auch bei der Identifizierung und Verifizierung von Kunden“. Die gelte es zu beseitigen.

Wenn das Unternehmen in der Folge nun vermehrt Konten schließt, kann das auch darauf hindeuten, dass es seine Maßnahmen entsprechend verschärft hat. „In Frankreich kann es zu wenigen Hundert Kontoschliessungen pro Jahr kommen, bei insgesamt mehr als 2,5 Millionen Kunden im Markt“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Und:

„Gemäß europäischer Bankenvorschriften ist N26 dazu verpflichtet, Routineüberprüfungen von Konten durchzuführen. Als regulierte Institution können wir so sicherstellen, dass alle N26-Konten und Einlagen sicher sind. Diese Überprüfungen werden meist schnell und reibungslos durchgeführt, ohne dass es für die entsprechenden KundInnen sichtbar ist. Gelegentlich dauern sie jedoch länger, sodass zwischenzeitlich kein Zugriff auf die Konten möglich ist.

In seltenen Fällen ergibt sich aus unserer Prüfung oder einer festgestellten Verletzung unserer Geschäftsbedingungen auch, dass Konten gekündigt werden müssen. N26 folgt strengen regulatorischen Richtlinien beim Melden dieser Fälle an die Behörden und schließt, wenn erforderlich, die betroffenen Konten. Selbstverständlich haben wir kein Interesse daran, regulär und gemäß unseren Geschäftsbedingungen genutzte Konten zu sperren oder zu schließen.“

Mehr als 50 Kunden wollen klagen

Dabei ist wichtig zu beachten, dass nicht jedes gesperrte Konto ein Geldwäsche-Fall ist, dafür reichen bereits kleinere Verstöße gegen die Geschäftsbedingungen. Überweisungen an manche Kryptobörsen, falsche Angaben bei der Kontoeröffnung oder die berufliche Nutzung eines privaten Kontos etwa von Freelancern gehören dazu. Welche Probleme es bei den französischen Kunden gab, ist nicht bekannt.

Insgesamt habe die Kontoschließungen in den vergangenen Monaten zugenommen, heißt es aus Unternehmenskreisen. Das bestätigen auch Einträge in Online-Foren – nicht nur in Frankreich, sondern beispielsweise auch in Italien. Eine mögliche Erklärung dafür: Besonders kleinere Verstöße, bei denen N26 früher noch ein Auge zugedrückt haben könnte, um das Wachstum hoch zu halten, werden inzwischen härter geahndet. Auch, weil N26 zwei Sonderbeauftragte der Bafin im Haus sitzen hat.

Der aktuelle Fall wird am 12. April vor dem Gericht in Nanterre, einem Vorort von Paris, verhandelt. „Meine Klienten wollen ihr Geld zurück – und eine Entschädigung für die Zeit, die es gedauert hat, das Geld zu bekommen“, sagt Anwältin Emma Leoty auf Anfrage von Finance Forward. Ihre Kanzlei sei inzwischen von mehr als 50 N26-Kunden kontaktiert worden.

Bei N26 dürfte man den Fall aus juristischen Gründen gelassen sehen, die Kunden sollten allesamt ihr Geld wiederbekommen. Laut N26 stünde das auch nur bei drei Prozent der Betroffenen aus, weil die Einzelfälle noch überprüft würden. Die Einlagen werden aufbewahrt, bis N26 neue Bankdaten zur Auszahlung erhalte. „Für etwaige Verzögerungen gibt es verschiedene Gründe, wie etwa dass wir noch keine korrekten, verifizierten alternativen Bankdaten erhalten haben oder die betroffenen Konten Teil von Untersuchungen sind“, so die Sprecherin.

Einen Reputationsschaden bringt der Fall indes mit sich. „Ich sympathisiere mit allen, die unter dem inakzeptablen Verhalten von N26 leiden“, schreibt etwa ein Nutzer auf Facebook. Er sei zwar nicht selbst betroffen, habe aber nun sein Vertrauen in die Bank verloren. „Ich habe mein Konto geleert und meinen Vertrag gekündigt“. Schon in der Anfangszeit hatte N26 Ärger mit Kontoschließungen in Deutschland, den das Startup längere Zeit verfolgte.