N26 veröffentlicht ernüchternde Geschäftszahlen
N26 legt seine Zahlen für das Jahr 2021 vor. Die Zahl der „ertragsrelevanten Kunden“ konnte die Berliner Smartphone-Bank von 3,1 Millionen auf 3,7 Millionen steigern, die Kosten sind allerdings auch massiv angestiegen. Wie steht es um das Startup?
N26 hat seinen Betriebsergebnis 2021 verschlechtert. Der Verlust vergrößerte sich von 151 Millionen auf 172 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Dienstag mitteilte. Laut einer Prognose wollte die Neobank eigentlich ein „signifikant verbessertes Ergebnis“ erzielen.
Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, das N26 neue Geschäftszahlen veröffentlicht. Im Januar hatte das Fintech Einblicke in das erste Coronajahr und seine Auswirkungen gegeben, den Umsatz konnte es damals steigern (Finance Forward berichtete). Und das, obwohl sich 2020 bemerkbar machte, dass die Kunden nicht mehr reisten – und damit im Ausland auch nicht mehr mit der Bankkarte von N26 einkauften.
Am Dienstag folgte dann eine Pressemitteilung mit den wichtigsten Kennzahlen des Geschäftsberichts für 2021. N26 verschickt die Daten neuerdings in neuer Form an Medien, bevor der Geschäftsbericht im Handelsregister auftaucht. Damit kann es den Entwicklungen für die öffentliche Wahrnehmung eine eigene Interpretation mitgeben. Hier sind zwölf Bullet-Points, die aus der Pressemitteilung hervorstechen.
1. Im Januar 2021 hatte N26-Chef Valentin Stalf dem Handelsblatt gesagt, bis Jahresende könne „ein Gewinn in Griffweite sein“; in den großen Kernmärkten Deutschland und Frankreich sei man auch jetzt schon „nah dran“ an der Profitabilität. Tatsächlich erhöhte sich insbesondere in den EU-Ländern der Verlust deutlich um 31 Prozent auf 144 Millionen Euro.
2. Die sogenannten „Bruttoerträge“ (definiert als Zinserträge + Provisionserträge + sonstige betriebliche Erträge) stiegen auf 182 Millionen Euro (+50 Prozent zum enttäuschenden Corona-Jahr 2020).
3. Der kombinierte Zins- und Provisionsüberschuss (hier sind Zins- und Provisionsaufwand also in Abzug gebracht) lag bei 120 Millionen Euro. Das entsprach einem Plus von 70 Prozent. (Mehr zu den Erträgen weiter unten.)
4. Der Personalaufwand stieg nur geringfügig an (+11 Prozent auf 102 Millionen Euro) – die sonstigen Verwaltungskosten dafür umso stärker (plus 47 Prozent auf 168 Millionen Euro). N26 ließ auf Nachfrage offen, ob hier eher die Marketingaufwendungen oder eher Bafin-ärgerbedingte Kosten für Governance, Compliance etc. pp. zu Buche schlugen.
5. Bringt man den gesamten Verwaltungsaufwand von 270 Millionen Euro in Relation zum kombinierten Zins- und Provisionsergebnis in Höhe von 120 Millionen Euro, ergibt sich eine Cost-Income-Ratio von 225 Prozent (wobei das sonstige betriebliche Ergebnis hier unberücksichtigt bleibt).
6. Die Zahl der sogenannten „ertragsrelevanten Kunden“ stieg von 3,1 Millionen auf 3,7 Millionen.
7. Das heißt: N26 hat trotz – siehe oben – signifikant gestiegenen Aufwendungen saldiert 2021 weniger neue „ertragsrelevante Kunden“ gewonnen als im Corona-Jahr 2020 (da hatte das Delta zum Vorjahr bei rund 800.000 gelegen)
8. Um das vordergründig beachtliche Ertragswachstum besser einordnen zu können, wollten wir a) einen 2-Jahres-Vergleich anstellen und b) wissen, wie sich denn die Provisionserträge über diesen Zeitraum entwickelt haben. Diese Kennziffer (die das Kundengeschäft aus unserer Sicht am besten abbildet) wollte N26 aber nicht rausrücken.
0. Stattdessen haben wir mit dem Provisionsüberschuss gerechnet. Der lag 2019 (also vor Corona) bei 47,5 Millionen Euro und 2021 (also nach Corona) bei 90,6 Millionen Euro. Macht auf zwei Jahre eine CAGR von 38 Prozent.
10. Teilt man nun den Provisionsüberschuss durch die Zahl der ertragsrelevanten Kunden, ergibt sich für 2019 ein Wert von knapp 21 Euro und für 2021 ein Wert von gut 24 Euro.
11. Im Ergebnis präsentiert sich N26 mithin als eine Neobank, die zwar ihre Erträge merklich steigert, bei den Erträgen pro Kunde aber kaum vom Fleck kommt – und die bei alldem weiterhin extrem hohe Verluste produziert.
12. Bei einer Pressekonferenz, zu der Finanz-Szene und Finance Forward keinen Zutritt hatten, kündigte Stalf am Dienstag laut Handelsblatt für das laufende Geschäftsjahr eine weitere Steigerung der „Umsätze“ (wir vermuten, gemeint sind die sogenannten „Bruttoerträge“ aus Punkt 3) um rund 30 Prozent an. Wie viel davon auf die Zinswende und wie viel auf das (von der Bafin seit Monaten kujonierte) Kundengeschäft entfällt, blieb unklar.