Neue Entlassungswelle bei Berliner Proptech-Hoffnung McMakler
Exklusiv: Zum vierten Mal innerhalb weniger Monate kündigt das einst gefeierte Immobilien-Start-up McMakler Dutzenden Mitarbeitern. In der Branche wird schon über einen Notverkauf spekuliert.
Beim kriselnden Berliner Immobilien-Startup McMakler kommt es zu einer weiteren Entlassungswelle. Entsprechende Informationen von Capital bestätigte das Unternehmen auf Anfrage. Von den Kündigungen seien 58 Mitarbeitende betroffen, der überwiegende Teil davon betriebsbedingt. Dies entspricht nach Firmenangaben rund neun Prozent der Belegschaft.
Grund seien verfehlte Umsatzziele, wie McMakler-Chef Felix Jahn gegenüber Capital einräumte. In den Monaten September und Oktober hätten die Umsätze aus der Vermittlung von Immobilien zehn bis 15 Prozent unter Plan gelegen. „Der Markt hat sich entgegen unserer Hoffnungen nicht gedreht, sodass wir um weitere Kürzungen beim Personal leider nicht herumkommen“, sagte Jahn.
Betroffen seien besonders jene Mitarbeiter, die den Kauf oder Verkauf von Immobilien im Hintergrund vorbereiteten, etwa durch Erstellung von Exposés. Jahn zufolge soll dies nun eine Software übernehmen.
Vierte Entlassungswelle in anderthalb Jahren
McMakler wurde 2015 gegründet und galt in Start-up-Kreisen lange Zeit als Einhorn-Kandidat – also als Hoffnungsträger für eine Unternehmensbewertung von mehr als 1 Mrd. Dollar. Das Berliner Unternehmen agiert als sogenannter Hybrid-Makler. Es kombiniert den Kauf und Verkauf von Immobilien vor Ort mit technischen Tools, etwa um Objekte online und datengestützt zu bewerten. Durch Werbespots im Fernsehen ist McMakler vielen als Marke bekannt. Im vergangenen Jahr setzte das Unternehmen rund 110 Mio. Euro um – machte unterm Strich aber Verluste.
Seit zwei Jahren ächzt das Unternehmen unter dem kriselnden Immobilienmarkt. Wegen steigender Kreditzinsen sehen viele Verbraucher vom Kauf einer Immobilie ab oder können sich diese schlicht nicht mehr leisten. Dazu werden viele Bauprojekte aufgrund explodierender Kosten nicht mehr realisiert. Das ist Gift für das Provisionsgeschäft von McMakler, das von regen Transaktionen bei Immobilien lebt.
Für Felix Jahn, den CEO und Gründungsinvestor der Immobilien-Plattform, werden Entlassungsrunden daher allmählich zum regelmäßigen Ritual. Es ist bereits die vierte Entlassungswelle in 16 Monaten, die Jahn rechtfertigen muss. Von den nach Firmenangaben einst rund 1000 Beschäftigten sind nach Capital-Informationen nur noch etwa die Hälfte übrig.
Das Vertrauen in einen Turnaround scheinen einige Topmanager derweil schon verloren zu haben. Seit Jahresbeginn häufen sich die Abgänge auf Schlüsselpositionen: Im Mai trat Finanz-Co-Chef Raphael Thelen ab, im Juli nahm COO Gerrit Ahlers seinen Hut, im Oktober ging dann schließlich auch noch Chefjurist Philipp Takjas von Bord.
Gegen die gestiegenen Kreditzinsen und anhaltende Kaufzurückhaltung hat das Unternehmen offenbar kaum Resilienz entwickelt. Anders als bei den vorherigen Kündigungswellen treffe es dieses Mal „vor allem Mitarbeitende im niedrigsten Lohnsegment, die im aktuellen Marktumfeld große Schwierigkeiten haben werden, Anschlussjobs zu finden“, sagt ein Brancheninsider.
Nur noch Geld bis April
Auch die Geldgeber von McMakler müssen sich fragen, wie es um die Zukunft ihrer Investments bestellt ist. Seit Gründung flossen mehr als 200 Mio. Euro in das Unternehmen. Dass die Investoren ihr Geld noch einmal mit hoher Rendite wiedersehen, scheint unwahrscheinlich. „Das Marketing wird aktuell drastisch heruntergefahren, nachdem der mit frischem Geld finanzierte Turbo im Sommer verpufft ist“, sagt ein Insider.
Die letzte Finanzspritze im Juni (20 Mio. Euro) war bereits eine Notmaßnahme. Die Firmenbewertung wurde damals um etwa die Hälfte auf 400 Mio. Euro zusammengestrichen. Neue Investoren fanden sich keine, McMakler-Chef Felix Jahn überwies sogar noch Geld aus eigener Tasche. Ein Zeichen, dass außerhalb des Unternehmens kaum noch jemand an das fragile Geschäftsmodell glaubt. Die Frage ist, ob es überhaupt noch einen realistischen Weg aus der Dauerkrise gibt. In der Branche wird schon über einen möglichen Notverkauf spekuliert.
McMakler-Chef Felix Jahn will davon nichts wissen. Er gehe davon aus, dass sein Unternehmen nach dem jüngsten Personalabbau nun endlich die Profitabilität erreichen könne, sagte er. Bei der letzten Entlassungswelle im Mai stellte Jahn dies zum Jahresende 2023 in Aussicht, nun werde es spätestens Anfang des zweiten Quartals kommenden Jahres so weit sein. Vorausgesetzt, das Zinsniveau und die Nachfrage blieben stabil. Und falls nicht? „Dann werden wir neues Geld benötigen“, so Jahn.
Dieser Text erschien zuerst auf Capital.de