Der erste Buchstabe in mBank – immerhin vor 20 Jahren gegründet – steht für "Mobil". (Bild: PR)

Digitalvorreiter mBank: Die große Expansion, die nicht gelingen wollte

Die mBank gilt als Vorreiter der Digitalisierung. Noch vor wenigen Jahren wollte die Commerzbank ihre polnische Tochter zu einer paneuropäischen Digitalbank aufbauen – doch die Pläne scheiterten. Nun will die Bank aus Frankfurt ihre Anteile für mehrere Milliarden loswerden. Was für ein Unternehmen steht da zum Verkauf?

Slawomir Lachowski denkt zurück an die Anfangszeit seiner mBank vor 20 Jahren: „Bei unseren Partys lief häufig ‚I believe I can fly‘, das war unsere Hymne“, erzählt der Gründer. „Wir hatten das Momentum der New Economy auf unserer Seite.“ Noch vor den Zeiten von Smartphones startete er eine der ersten Onlinebanken für Privatkunden und stieg damit innerhalb kurzer Zeit zu einer der größten polnischen Banken auf. 13 Jahre nach dem Start war die Bank so wichtig, dass die Muttergesellschaft, die BRE Bank, sich komplett nach ihrer Onlinetochter umbenannte.

In Deutschland kennt man die mBank, weil die Commerzbank als Hauptaktionär mit 69 Prozent den Takt vorgibt. Doch das soll bald ein Ende haben. In diesem Jahr will die Commerzbank ihre Anteile – Börsenwert: etwa 2,5 Milliarden Euro – verkaufen. Die Interessenten müssen bis Mitte Januar ihre Gebote abgeben. Das deutsche Institut will so einen grundlegenden Umbau finanzieren, den die Bank im September angekündigt hat. Dafür soll die deutsche Tochter Comdirect in die Commerzbank eingegliedert werden. Zudem will die Bank etwa 4.300 Stellen streichen und ein Fünftel der rund 1.000 Filialen streichen.

Der Verkauf der mBank war lange Zeit nicht abzusehen – die polnische Tochter galt als Zukunftslabor der Commerzbank. Bis vor knapp einem Jahr gab es noch gemeinsame Pläne für eine paneuropäische Digitalbank. Was war passiert?

Bank mit 5,5 Millionen Privatkunden

Er habe die Commerzbank als Hauptaktionär der BRE im Jahr 2000 vom Konzept einer Onlinebank schnell überzeugen können, erzählt Lachowski. Zwischen Gründung und Launch der mBank hätten lediglich 100 Tage gelegen. Ein maßgeblicher Grund für die späteren Erfolge sei das Selbstverständnis der Bank gewesen: „Wir wollten kein Onlinebanking entwickeln, wir haben von vorne herein eine Onlinebank gebaut.“ Es sei nicht darum gegangen, bestehende Geschäfte zu digitalisieren, sondern eine Bank mit digitaler Infrastruktur aufzubauen.

Schon früh setzte das Unternehmen auf eine gute Bedienbarkeit. Die Ausgaben der Kunden schlüsselte es in Grafiken auf, lange bevor es Challengerbanken und Finanz-Apps gab. Das Branchenmedium Techcrunch schrieb 2013, es mache Spaß, sich auf der Website der Bank herumzutreiben – ein großes Kompliment für eine Bank. Ein internationales Ranking sah die mBank 2018 auf dem ersten Platz in Sachen Digitalisierung. Ihre Filialen konzipierte die mBank kleiner und weniger kompliziert. Ihre mKioske brachte sie zum Beispiel in Supermärkten unter.

Inzwischen verkauft die mBank ihre gesamte Plattform an andere Banken. „Es geht nicht nur um eine App für mobiles Banking oder eine IT-Plattform, sondern der Kunde erhält unser gesamtes Know-how über digitale Kanäle und Prozesse im Banking“, zitiert die NZZ Jacek Iljin, der bei der mBank für das Privatkundengeschäft verantwortlich ist. „Das Projekt zeigt, dass der polnische Bankensektor innovativ ist und die hier entwickelten Lösungen international geschätzt werden.“

Mittlerweile hat die Bank etwa 5,5 Millionen Privatkunden. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 8.400 Mitarbeiter. Das Ergebnis lässt sich sehen: 2018 lag die Eigenkapitalrendite bei 9,5 Prozent, die Commerzbank kam insgesamt im gleichen Jahr auf 3,6 Prozent.

Große Pläne mit dem Projekt Copernicus

Schon in den Anfangsjahren wollte der Gründer mit seiner mBank ganz Europa erschließen. Testweise ging es in die Tschechische Republik und die Slowakei. Dort habe das Unternehmen die eigenen Kundenziele übertroffen, erzählt Slawomir Lachowski. Nach einem Jahr zählte die mBank dort etwa 400.000 Kunden.

Doch seine Expansionspläne nach Westeuropa habe die Commerzbank in Frankfurt geblockt, sagt er. „Die wollten eine paneuropäische Bank aus Deutschland heraus, nicht aus Polen.“ Aus dem Unternehmensumfeld klingt das etwas anders. Das Rollout nach Tschechien und in die Slowakei sei „regulativ holprig“ gewesen, sagt ein Unternehmenskenner. Lachowski habe sich mit den Plänen übernommen. Das habe zunächst bereinigt werden müssen.

Als das Auslandsgeschäft dann einige Jahre später lief, sei das Inlandswachstum in Polen so stark gewesen, dass an eine Expansion nicht zu denken gewesen sei, so der Insider. Zwischenzeitlich seien eine Million Neukunden pro Jahr hinzugekommen.

Der mBank-Gründer verließ das Unternehmen 2008. Doch die Idee einer paneuropäischen Bank lebte vor etwa zwei Jahren wieder auf. Unter dem Projektnamen Copernicus arbeitete die mBank gemeinsam mit ihrer Mutter an einer europäischen Digitalbank. Dafür wurde bereits eine GmbH gegründet, bevor die Commerzbank auch dieses Projekt im Dezember 2018 einstampfte. Das Management müsse „Prioritäten setzen“, hieß es offiziell.

Der mBank-Gründer gibt nicht auf

Eine Entwicklung, die Lachowski zu der Zeit mit Spannung verfolgte. Es habe ihn nicht überrascht, dass das Projekt gescheitert sei und die Commerzbank ihre Anteile an der mBank nun verkaufen wolle. „In den vergangenen fünf Jahren hat es die Commerzbank nicht geschafft, eine nachhaltige Strategie für den deutschen Markt zu entwickeln, da war der Verkauf als Konsequenz abzusehen“, sagt er.

Nachdem sich das Unternehmen von seiner Mutter losgelöst hat, könnte der Weg frei sein, um doch noch nach Westeuropa zu expandieren. Eine konkurrierende Comdirect im gleichen Konzern steht dann nicht mehr im Weg. Laut Unternehmen ist das allerdings nicht geplant: „Nach der aktuellen Strategie wird die mBank organisch in den drei Märkten wachsen, in denen sie bereits präsent ist.“

Berichten zufolge gibt es einige interessierte Investoren, die an diese Story glauben. „Es ist eine sehr gute Bank“, zitiert die Financial Times einen polnischen Banker. „Sie ist digital. Sie ist in der Tschechischen Republik und in der Slowakei vertreten, also ist es ein guter Weg, um in diesen Märkten zu wachsen. Und sie hat eine Menge jüngerer Kunden und gutes Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen.“

Lachowski lässt indes die Idee einer paneuropäischen Bank nicht los. Er hat die Golden Sand Bank gegründet. Im vergangenen Jahr hat er sogar eine Banklizenz für Deutschland beantragt.

mBank-Gründer Slawomir Lachowski (Bild: Infobankservice, CC BY-SA 4.0)