Ex-Weltmeister und Fußballprofi Mario Götze. Bild: Julia Stiller

So wurde ich vom Fußballprofi zum Startup-Investor

Top-Spieler bei Eintracht Frankfurt, Siegtorschütze im WM-Finale 2014 – und mit über 60 Investments einer der aktivsten Start-up-Investoren Deutschlands: Im ersten Teil seiner sechsteiligen Kolumne „Gamechanger – meine Karriere zwischen Fußballplatz und Pitchdeck” bei Finance Forward zieht Mario Götze die Parallelen zwischen Athleten und Gründern –  und verrät, wie er an vielversprechende Deals kommt.

Wenn ich als Fußballprofi eines gelernt habe, dann, dass Erfolg nicht nur von Talent abhängt – sondern vor allem von harter Arbeit, Resilienz und ständigem Fortschritt. Im Fußball müssen wir uns kontinuierlich weiterentwickeln, neue Taktiken anwenden und uns verschiedenen Herausforderungen stellen, um erfolgreich zu sein. Das Umfeld im Profisport verleiht ein strategisches Gespür. Es geht über den Sport hinaus und hilft, die Komplexitäten anderer Branchen und Teamdynamiken zu verstehen.

Durch meine Stationen bei Vereinen im In- und Ausland sowie bei der Nationalmannschaft durfte ich unterschiedliche Managementstrukturen und Führungsstile erleben. Vereine sind nicht nur wegen des inzwischen enormen Umsatzes sehr ähnlich zu Unternehmen, bei denen es zuweilen mal gut und mal schlecht läuft – und bei denen unterschiedliche Menschen unterschiedliche Ansprüche an Performance und Arbeitsalltag haben.

Startups sind keine Familien

Das sage ich auch oft im Gespräch mit Gründern: Versucht euer Team als Sportmannschaft zu verstehen. Alle sind füreinander da, die Leistung des gesamten Teams sollte immer über dem Ego Einzelner stehen, denn Erfolg ist nur durch das Zusammenspiel der Gruppe möglich. Man hält sich deshalb den Rücken frei, glaubt an die gleiche Vision und treibt sich gegenseitig zu Bestleistungen an.

Die individuelle Performance ist allerdings die Grundvoraussetzung, um Teil des Teams zu sein. Diese Analogie finde ich viel passender als den „Familienbegriff“, der in der Startup-Welt häufig genutzt wird. Familie bedeutet ja gewissermaßen bedingungslose Zugehörigkeit und Einheit ein Leben lang – was für Führung in meinen Augen kein treffendes Beispiel ist. Denn an bestimmten Stellen müssen wir uns individuell und als Team auch an unserer Leistung messen lassen – und die geeigneten Konsequenzen daraus ziehen.

Im Sport lernt man durch unvorhergesehene Herausforderungen und permanenten Leistungsdruck, fokussiert zu bleiben und sich von Rückschlägen nicht demotivieren zu lassen. Darüber rede ich auch viel mit den Startups. Resilienz ist unglaublich wichtig. Gerade wenn eine Idee am Anfang steht, vieles noch auf einem weißen Blatt Papier stattfindet. Da gehört es einfach dazu, Rückschläge einzukalkulieren, Dinge über den Haufen zu werfen und dann aber auch wieder Lösungen und neue Ansätze zu finden. Am Ende sind Fußball und Investieren zwei verschiedene Materien, doch beide lassen sich mit dem gleichen Mindset gepaart mit dem jeweiligen Talent und Knowhow erfolgreich gestalten.


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Dass ich heute überhaupt diese Vergleiche ziehen kann, ist ein Stück weit dem Zufall geschuldet. Meine Reise als Investor begann vor knapp sechs Jahren. Mein Vater ist Professor für Datentechnik und stellte mir eine Gruppe von Ingenieuren vor, die an einem Projekt arbeiteten und dafür Geld suchten. Dadurch habe ich erst verstanden, wie Angel Investing funktioniert und wie viel in dem Bereich mittlerweile passiert.

In den letzten drei Jahren habe ich aktiv angefangen, mich tiefer mit Investieren und dem gesamten Ökosystem dahinter zu beschäftigen. Mein Fokus liegt insbesondere auf den Bereichen B2B SaaS, Digital Health, Climate Tech und Creator Economy, da ich fest davon überzeugt bin, dass diese Sektoren meine langfristige Vision einer zukunftsorientierten Gesellschaft widerspiegeln und ich mit meinen Investments einen Teil dazu beitragen kann, dass innovative Ideen umgesetzt werden.

So komme ich an meine Investments

Auch heute laufen meine Investitionen größtenteils über Intros oder Kontakte. Obwohl ich mich intensiv mit Tech-Themen auseinandersetze, viel lese und gerne tief eintauche, habe ich aufgrund meines Hauptberufs als Athlet und als Familienvater nur begrenzte Kapazitäten für Investment-Aktivitäten. Hier ist es also wichtig, möglichst effizient zu agieren. Mit meinem Team gibt es einen klaren Prozess, wie Investments zunächst evaluiert und dann durchgeführt werden. So bleibe ich immer im Boot und treffe die finalen Entscheidungen, kann aber auch guten Gewissens einige Aufgaben abgeben.

Dieses Team und mein gesamtes Set-up ist über die letzten Jahre gewachsen und in der Rollenverteilung geschärft, sodass sich alle Aktivitäten in verschiedene Bereiche aufteilen lassen. Meine eigene Firma Companion-M konzentriert sich vor allem auf Medien, Marketing, VC- und Angel-Investing. Die Berateragentur Sports360 widmet sich allen fußballspezifischen Themen, während das Multi Family Office HQTrust mich bei Anlagen wie Immobilien, Aktienportfolios etc. unterstützt.

Bei allen Anlagen – egal ob in PE-, VC-Fonds oder Angel-Investitionen – versuche ich, mit einer langfristigen Strategie und klarer Vision ein resilientes Portfolio über mehrere Asset-Klassen, Unternehmensphasen und Märkte aufzubauen. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass meine Investments nicht nur auf kurzfristige Gewinne abzielen, sondern einen entscheidenden Beitrag zur Gestaltung unserer Zukunft leisten können.

Diese nächste Kolumne von Mario Götze erscheint im November. Darin erklärt er, welche Trends ihn im Fintech-Bereich besonders faszinieren und warum.