In den USA wächst die Hoffnung auf echte Krypto-ETFs – und in Europa?
Krypto-ETFs werden seit langem in der Szene heiß diskutiert. Doch die Regulatoren waren bislang skeptisch – nun hat sich die US-Börsenaufsicht ein kleines Stück bewegt. In Europa gibt es ähnliche Anlageprodukte bereits. Doch das Investmentvolumen ist bestenfalls überschaubar.
ETFs sind heutzutage nicht mehr aus ausgewogenen Börsen-Portfolios weg zu denken – die jüngeren Trader werden sich kaum noch an eine Zeit ohne sie erinnern. Dabei war der Weg für John Bogle, den Erfinder der modernen börsengehandelten Indexfonds, alles andere als einfach. Nachdem er seine Idee Mitte der 70er-Jahre entwickelt hatte, dauerte es noch fast 20 Jahre, bis ETFs für die breite Masse zugänglich wurden.
Der ETF-Boom geht indes weiter, allein im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen über neun Billionen Dollar weltweit. Gleichzeitig gibt es neben Aktien-ETFs mittlerweile eine Vielzahl anderer Wertpapierklassen, auf die das Modell übertragen wurde. Auch die Kryptobranche versucht, sich über ETF-ähnliche Finanzprodukte ihren Weg an traditionelle Handelsplätze zu bahnen – und etablierte Finanzanbieter wie Blackrock und Invesco wollen dabei mitmischen.
Eine Milliarde Dollar Handelsvolumen in 24 Stunden
Vor zwei Jahren startete der erste Versuch eines Krypto-ETF in den USA. Die Erwartungen waren groß, die Resonanz überwältigend – innerhalb von nur 24 Stunden lag das Handelsvolumen des Bitcoin-Futures-ETF bei rund einer Milliarde Dollar. Es war ein Meilenstein für die gesamte Branche. Seit Jahren ringt sie mit Zulassungsbehörden, um Kryptoprodukte an traditionellen Börsen handelbar zu machen.
Es scheint auf den ersten Blick paradox, dass ausgerechnet die Kryptobranche ein derart großes Interesse daran hat, ihre Produkte auf einen zentralisierten und durchregulierten Markt zu bringen. Denn schließlich waren die Krypto-Jünger einst angetreten, um sich von den alteingesessenen Finanzmärkten und ihren mächtigen Playern zu emanzipieren. Doch nun lautet die Devise: maximalen Zugang ermöglichen. Auch unbedarfte Anlegerinnen und Anleger sollen Kryptowerte über die handelsüblichen Börsen erwerben können – ohne den komplizierten Umweg über Kryptobörsen, Wallets und Private Keys.
In der Praxis gibt es aktuell allerdings noch keine direkte Anlagemöglichkeit über geregelte Börsen. In den USA behilft man sich daher mit ETFs auf Krypto-Futures. Nach der Bitcoin-Variante genehmigte die US-amerikanische Finanzaufsichtsbehörde SEC in dieser Woche überraschend auch einen Futures-ETF auf Ethereum. Der Zeitpunkt dürfte kein Zufall gewesen sein: Brancheninsider vermuten, die Behörde hätte das Thema vor einem drohenden Shutdown der Regierung vom Tisch haben wollen. Weitere Anträge, etwa für die umkämpften Bitcoin-Spot-ETFs, liegen derweil noch in der Schublade. Die SEC schätzt diese in puncto Anlegerschutz nämlich noch deutlich kritischer ein.
Die Zahlen des neuen Ethereum-Futures-ETFs waren bisher allerdings ernüchternd: Nicht einmal zwei Millionen Dollar wurden in den ersten 24 Stunden gehandelt. Gleichzeitig sank der Wert der zugrundeliegenden Kryptowährung um mehr als vier Prozent. Trotzdem deutet die Kryptoszene die weitere Genehmigung der SEC als Hoffnungsschimmer für die lang ersehnten Krypto-Spot-ETFs.
Europäische Krypto-ETNs noch Nischenprodukt
In Europa gibt es derweil andere Krypto-Ersatzprodukte, die an traditionellen Börsen gehandelt werden können. Sie heißen Exchange Traded Notes (kurz: ETN), manchmal auch Exchange Traded Projects (kurz: ETP). Konkret handelt es sich dabei um nachrangige Schuldverschreibungen, die Kryptowerte verbriefen.
Insgesamt 4,2 Milliarden Dollar an Investmentvolumen machen Krypto-ETNs laut aktueller Zahlen in Europa aus – das hat die der Krypto-ETN-Anbieter ETC Group exklusiv für Finance Forward ausgewertet. Verglichen mit klassischen ETFs ist das zwar verschwindend gering – dort beträgt das Volumen europaweit circa 1,4 Billionen Euro. Allein im ersten Quartal wurden vom europäischen Martkführer iShares durchschnittlich ETFs im Wert von 4,2 Milliarden Dollar pro Tag gehandelt – also so viel wie das gesamte Krypto-ETN-Marktvolumen. Doch das Interesse an ETNs steigt merklich.
Wie funktionieren ETNs?
Anders als bei klassischen ETFs, die sich durch ein möglichst diversifiziertes Investment in verschiedene Wertpapiere auszeichnen, investiert man bei Krypto-ETNs in nur eine zugrundeliegende Kryptowährung. Es geht hierbei also nicht um eine breite Streuung, sondern um die bloße Möglichkeit, Kryptowerte über traditionelle Börsen zu kaufen, genauso wie Aktien oder Anleihen. Der alternative Weg über spezialisierte Kryptobörsen wie Coinbase, Binance oder Etoro ist für viele Anlegerinnen und Anleger noch immer ein exotisches Unterfangen mit schwer durchschaubaren Risiken.
Die Investition erfolgt bei ETNs über eine Schuldverschreibung – man hält als Eigentümer also eine Forderung gegen den Emittenten auf den Wert der Kryptowährung und ist nicht wie bei einem Fonds direkt investiert. Das verändert auch das Risikoprofil des Wertpapiers: Denn anders als bei ETFs fallen ETNs bilanziell nicht unter das sogenannte Sondervermögen und sind somit im Insolvenzfall nicht geschützt. Die meisten ETN-Emittenten besichern ihr Wertpapier daher zum Risikoausgleich mit dem physischen Gegenwert. Coinshares brachte 2015 erstmals ETNs auf den Markt, danach folgte 21Shares. Seit 2020 sind ETNs auch über die Deutsche Börse handelbar.
Einfachere Zugänglichkeit und höhere Sicherheit haben allerdings ihren Preis: Für ETNs fallen noch deutlich höhere Gebühren an – aktuell sind es bis zu 2,5 Prozent. Für Aktien-ETFs werden dagegen im Schnitt nur circa 0,25 Prozent fällig. Daneben war lange unklar, wie Krypto-ETNs steuerlich behandelt werden müssen. Ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen schaffte im Mai vergangenen Jahres ersehnte Klarheit: Investiert man in einen physisch hinterlegten Krypto-ETN, wird dies steuerlich wie ein Direktinvestment in Kryptowerte gewertet. Somit sind Gewinne nach Ablauf eines Jahres steuerfrei. Für nicht physisch hinterlegte ETNs fällt die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent an. Es lohnt sich also durchaus, bei den verschiedenen Produkten auf das Kleingedruckte zu achten.