Peter Thiel 2019 in einer Sendung des TV-Senders Fox News (Bild: Getty Images)

Kryptoplattform von Peter Thiel und Christian Angermayer: Bullish bereitet Standort in Deutschland vor

Exklusiv: Mit fast zehn Milliarden Dollar Funding und einem prominenten Investorenkreis will Bullish sich als neue Kryptobörse etablieren. Nach einem geplatzten Börsengang gibt es nun konkrete Anzeichen für einen Start in Deutschland.

Die Liste der Investoren lässt aufhorchen: Neben US-Investor Peter Thiel und dem deutschen Gründer Christian Angermayer sind unter anderem die Hedgefonds-Manager Alan Howard und Louis Bacon sowie der Hongkonger Milliardär Richard Li an der Kryptoplattform Bullish beteiligt. Im Mai 2021 entstand sie als Tochtergesellschaft der umstrittenen Krypto-Softwarefirma Block.one.

Auf dem Weg zur europäischen Kryptolizenz?

Nun bereitet das circa 300-köpfige Team offenbar den Markteinstieg in Deutschland vor. Wie der Karriereseite des Unternehmens zu entnehmen ist, sucht Bullish aktuell sieben Neuzugänge für den deutschen Markt. Unter anderem im Bereich Compliance, Operations und Finance hat das Unternehmen Stellen ausgeschrieben. Dazu zwei Führungspositionen, die direkt an den CEO Tom Farley berichten sollen.

Das neue Team soll ausgerechnet am traditionsreichen Bankenstandort in Frankfurt das operative Geschäft der Kryptobörse aufbauen, wie Details der Stellenanzeigen andeuten. Daneben sei Bullish gerade auch mit Hilfe von Headhuntern auf Mitarbeitersuche, berichten Brancheninsider.

Auch zwei deutsche Tochtergesellschaften wurden bereits unter den Namen „Bullish DE Custody GmbH“ und „Bullish DE Operations GmbH“ im Handelsregister angemeldet – ein weiteres Signal für den operativen Aufbau im deutschen Markt. Auf Anfrage wollte sich das Unternehmen dazu nicht äußern.

Wann Bullish starten kann, ist allerdings noch unklar. Das Fintech besitzt nach eigenen Angaben eine Banklizenz der gibraltischen Finanzaufsicht, nicht aber in einem EU-Land. Der Erhalt der hiesigen Lizenz könnte somit eine der ersten Aufgaben des deutschen Teams werden. Denn ohne diese dürfte es von Frankfurt aus schwierig werden: Seit dem Brexit gilt das britische Überseegebiet Gibraltar im Bafin-Regelwerk als Drittland. Ein Lizenz-Passporting gemäß der neuen europäischen Kryptowerte-Verordnung (MiCa), die im Laufe des nächsten Jahres in Kraft treten soll, ist damit keine Option.

Erste institutionelle Kunden

Aktuell kämpfen viele Kryptobörsen mit Image-Problemen, manche wurden gleich mehrmals von der US-Finanzaufsicht SEC verklagt. Bullish gibt sich dagegen betont seriös. „Die nächste Welle an Gewinnern wird gut geführt, zuverlässig und rechtskonform sein“, sagte Bullish-CEO Farley kürzlich im Gespräch mit CNBC.

Daneben wirbt das Fintech mit dem – eigens im Markenregister eingetragenen – Schlagwort „Hybrid Order Book“. Das Modell soll den klassischen Orderbuch-Handel mit automatisiertem Market Making verbinden und im Ergebnis zu höherer Liquidität, geringeren Spreads und mehr Sicherheit führen.

Mit diesem Angebot richtet sich Bullish insbesondere an institutionelle Kunden, darunter der US-Finanzdienstleister Virtu Financial und der Hongkonger Kryptodienste-Anbieter Amber. In Deutschland ist der Markt für den institutionellen Kryptohandel noch überschaubar. Zu den bekanntesten Kryptoanbietern in diesem Bereich zählen das Bankhaus Scheich mit Tradias und Coinbase. Für professionelle Investoren aus der alten Finanzwelt dürften allerdings Krypto-ETNs, also Schulverschreibungen auf Kryptowerte, die an klassischen Börsen gehandelt werden, noch immer attraktiver sein.

Aus dem Eos-ICO finanziert?

Entgegen dem markanten Firmennamen sorgt Bullish aber nicht bei allen Kryptofans für Begeisterung. Denn hinter dem Projekt steht mit Block.one ein Unternehmen, das über die vergangenen Jahren in der Kryptoszene in Verruf geraten ist. Der Hauptgrund liegt im„Initial Coin Offering“ (kurz: ICO), den das Unternehmen 2017 durchführte. Damals kündigte Block.one vollmundig an, ein Blockchain-Netzwerk namens Eos zu entwickeln, das den Branchen-Primus Ethereum in puncto Skalierbarkeit und Schnelligkeit noch übertreffen sollte. Im damaligen Rekord-ICO sammelte Block.one für das Projekt über vier Milliarden Dollar ein.

Doch schnell entpuppte sich das Netzwerk als Flop. Zahlreiche Entwickler gingen von Bord, der Wert des Eos-Token stürzte ab und nur eine Handvoll der dezentralen Blockchain-Apps (auch Dapps genannt) nutzten das Netzwerk. Auf der Kryptoplattform Coinmarketcap rangiert Eos heute auf einem abgeschlagenen 66. Platz – weit hinter den steilen Ambitionen der Vergangenheit.

Kritiker aus der Eos-Community werfen Block.one vor, nicht genug in das Projekt investiert zu haben. Eine Gruppe, die sich zur Eos Network Foundation formiert hat, verklagt Block.one mittlerweile auf eine Milliarde Dollar, die das Unternehmen einst zugesagt aber nie gezahlt haben soll. Dies soll aus ihrer Sicht zum Niedergang des Blockchain-Projekts geführt haben.

Fraglich bleibt, woher das viele Geld für Bullish herkommt. Hat Block.one Gewinne aus dem Eos-ICO verwendet? Den Verdacht äußern Branchenkenner. Ein Hinweis dafür könnten die Bitcoins und Eos-Token im Wert von fast zehn Milliarden Dollar sein, die Block.one laut eigenen Angaben 2021 in Bullish investierte.

Im gleichen Zug verkündete Bullish damals auch sein Vorhaben, bis Ende 2021 durch eine so genannte SPAC-Akquisition an die Börse zu gehen. Dabei handelt es sich um eine börsennotierte Unternehmenshülle, die gegründet wird, um Kapital einzusammeln, mit dem Ziel, später durch Fusion oder Übernahme ein anderes Unternehmen zu erwerben.

Nachdem der Börsengang mehrere Male verschoben wurde, wurden die Pläne im Dezember letzten Jahres begraben. Als Begründung lieferte das Unternehmen ein bürokratisches Statement, das organisatorische Engpässe im Rahmen der SEC-Zulassung andeutete.

Übrigens: Vor wenigen Tagen hat Bullish die Übernahme von Coindesk, eine der größten Medienmarken im Kryptobereich, verkündet. Auch diese Nachricht hat in Teilen der Szene für Kritik gesorgt. Obwohl die Kryptobörse Coindesk „als unabhängige Tochtergesellschaft innerhalb“ führen will, fürchten einige um die redaktionelle Integrität. Jason Yanowitz, Gründer des Medien-Konkurrenten Blockworks, kommentierte auf X, dass es mehr denn je unvoreingenommene Medien brauche, um die Kryptobranche nach vorne zu bringen. Die Akquisition nennt er allerdings einen Rückschritt.

 

Redaktioneller Hinweis: Einige Details wurden nach Veröffentlichung geändert.