Bitpanda-Gründer: „Ich bin ein sehr fauler, aber regelmäßiger Investor“
Crowdinvesting, Robo-Advisor oder Trading-Apps – Fintech-Gründer versuchen Nutzer dazu zu bringen, ihr Geld anders anzulegen. Aber in was investieren sie eigentlich selbst? Bitpanda-Gründer Eric Demuth gewährt Einblick in seine privaten Bücher. Protokoll: John Stanley Hunter
Bei ihren Finanzen treffen viele Menschen katastrophale Entscheidungen. Sie sind zu ängstlich, konservativ und vor allem wollen sie sich häufig nicht selbst damit befassen. Das Ergebnis: Ihr Geld landet auf dem ertragslosen Sparkonto oder es wird den Bankberatern anvertraut, die es dann in ineffiziente eigene Produkte stecken. Auch darum wird „Personal Finance“ das bestimmende Thema der kommenden Jahre werden – es muss. Besser noch heute als morgen. Besonders wegen der Inflation müssen wir endlich offen über die eigenen Finanzen und Investments sprechen.
Basiswissen habe ich mir schnell angeeignet, was aber fehlte, war das nötige Geld, überhaupt am Kapitalmarkt teilzunehmen – wenig überraschend. Erst mit Mitte 20 habe ich dann einen gewissen Betrag gehabt, um die ersten „Mini“-Investments zu tätigen. Kleinstbeträge eingesetzt, um mal etwas auszuprobieren. Neben den Fixkosten war es eigentlich keine besonders schlaue Idee. So starten wohl viele, allerdings ist das heutzutage wesentlich einfacher.
In Zeiten, in denen Zentralbank-Geld so billig wie nie zuvor ist, müssen einfachere Möglichkeiten und Optionen zur Diversifikation gegeben werden. Und so kann man heute mit entsprechenden Plattformen innerhalb weniger Minuten ein Konto eröffnen und ab einem Euro investieren. Ein Traum, den wir ganz wesentlich mit realisiert haben.
Mit „wir“ meine ich Paul und Christian, mit denen ich 2014 Bitpanda in Wien gegründet habe. Natürlich ist fast mein gesamtes Geld in das eigene Unternehmen geflossen. Mit Blick auf Risiko und Diversifikation ist das an sich nicht besonders schlau. Aber aus unternehmerischer Sicht ist es unvermeidlich, wenn man etwas in jungen Jahren aufbauen will.
Aus dieser Erfahrung in meinen 20ern kommt auch die Idee für unser Unternehmen: Wir wollen Anlageformen wie Kryptowährungen und Aktien für alle einfach und ohne Einstiegshürde zugänglich machen und dabei Wissen vermitteln. Je einfacher und verständlicher das Investment, desto besser für das eigene Portemonnaie und die Psyche.
Techaktien und ETFs
Dementsprechend ist meine Anlagestrategie simpel – und das hat zwei Gründe: Der absolute Großteil meines Vermögens sind meine Unternehmensanteile. Dadurch, dass Bitpanda in der Krypto-Welt groß geworden ist, versuche ich in meinem privaten Portfolio Diversifikation mit einem Fokus auf Aktien und ETFs reinzubringen.
Meine Grundregel: Investiere nur in Dinge, die du auch wirklich verstehst. Das ist der Grund, warum ich beispielsweise bisher nichts mit Immobilien zu tun habe. Immobilien machen dazu noch Arbeit und ich bin ein sehr fauler, aber regelmäßiger Investor. Dagegen setze ich auf Tech-Klassiker, also vor allem Aktien von Netflix, Alphabet oder Amazon.
Zum Börsengang von Facebook habe ich dort ein paar Aktien gekauft – und bis heute gehalten. Leider haben wir in Europa noch einen starken Nachholbedarf, was die Aktionärsquote im privaten Bereich angeht. Ich bin mir aber sicher, dass sich dies in den Jahren stark ändern wird. Es wird höchste Zeit. Es ist auch die Politik gefragt, Anreizsysteme wie in Schweden oder dem berühmten 401k-Plan in den USA zu schaffen.
Daneben stecke ich Geld in ETFs, die den S&P 500 oder Nasdaq abbilden. Dazu noch diverse andere kostengünstige, physische ETFs, um andere Märkte und Industrien abzubilden.
Verluste als „part of the game“
Meine zweite Regel: Der Anlagehorizont für mich liegt immer mindestens bei zehn Jahren. Deshalb sehe ich es auch sehr gelassen, wenn mal etwas schief geht. Von kurzfristigen Entwicklungen darf man sich bekanntlich nicht verrückt machen lassen.
Ich habe aber auch einen kleinen Teil zum „Herumspielen“. Das macht zum einen Spaß und man hat eine sehr steile Lernkurve, denn man beginnt sich in neue Produkte oder Themen reinzufuchsen, was allerdings häufig mit Lehrgeld verbunden ist. Mal in aller Transparenz: Ich habe rund 15.000 Euro mit Wirecard-Aktien in den Sand gesetzt. Tut weh, kann passieren, sehr schade drum. Wirecard mag jetzt ein Sonderfall gewesen sein, aber was ich damit sagen möchte: Man lernt daraus. Und Wirecard ist ein hervorragendes Beispiel für „Gier frisst Hirn“. Wichtig ist aber, dass der absolut große Teil in langfristige Investments gehen sollte, die breit gestreut sind und keine Wirecard-Gambles sind.
Neuerdings auch Angel-Investor
In letzter Zeit werde ich häufiger gefragt, ob ich sogenannte Angel-Investments tätigen will, also in einem sehr frühen Stadium bei anderen Neugründungen einsteigen. Spannend, vereinzelt mache ich das einfach, weil es mich reizt. Und klar, Angel-Investor zu werden ist einfach eine Chance, die nicht jeder bekommt, dessen bin ich mehr als bewusst. Dabei entscheide ich – Achtung, Phrase – immer nach dem jeweiligen Team, ob es zu einem Investment kommt.
Was mich konkret interessiert, sind Branchen, die meinen persönlichen Überzeugungen entsprechen. Also beispielsweise Startups, die an Fleischersatz im Labor forschen oder auch Startups, die nachhaltige Mode produzieren (Circular economy – ohne Greenwashing). Diese Investments mache ich nur, wenn ich überzeugt bin, dass meine Zeit dafür sinnvoll eingesetzt ist. Im Allgemeinen möchte ich keine Copy-Cat Projekte unterstützen, die einfach nur besser im Marketing sein wollen, sondern in Bereiche gehen, die wirklich Dinge verändern, besser machen und ihrer Zeit voraus sind.
Eric Demuth ist Gründer und CEO von Bitpanda. Mehr als 2,7 Millionen Nutzer nutzen die Handelsplattform für digitale Assets, um mit jedem Geldbetrag in Aktien, Kryptowährungen und Edelmetalle zu investieren. Vor einiger Zeit ist es zum Unicorn aufgestiegen und wird mit 1,2 Milliarden Dollar bewertet.