Die Ride-Gründer Felix Schulte und Christine Kiefer. Bild: PR

Gründer kaufen Krisen-Fintech Ride zurück – doch Probleme bleiben

Exklusiv: Die Übernahme des Finanz-Startups Ride ist gescheitert, der Käufer verramscht den einstigen Hoffnungsträger an die geschassten Gründer. Für Mitarbeitende geht das Chaos indes weiter: Sie warten auf Gehälter und berichten von finanziellen Problemen.

Nach der missglückten Übernahme des Finanz-Startups Ride durch einen Investor gibt es eine neue überraschende Entwicklung. Die Gründer Christine Kiefer und Felix Schulte haben wesentliche Assets ihrer früheren Firma zurückgekauft, wie Kiefer auf Anfrage von Finance Forward bestätigte.

Beide waren erst im September als Geschäftsführer abberufen worden und hatten sich kurz darauf erfolglos um die finanzielle Rettung des insolventen Steuer-Spezialisten bemüht. Der Investor Raoul Heraeus von der Beteiligungsfirma Alera Capital entschied den Machtkampf für sich. Doch die geplante Wiederaufnahme des Geschäfts scheiterte. Wichtige Partner sprangen ab und Gehälter wurden nicht gezahlt.

Nun wollen Christine Kiefer und ihr Geschäftspartner Felix Schulte das krisengeplagte Fintech wieder in Eigenregie fortführen. Für sie gehe damit ein „monatelanger Kampf“ zu Ende, wie Kiefer sagt. Welche Summe für den Deal geflossen ist, möchte sie nicht kommentieren. Nur soviel: Es handle sich um „einen Bruchteil“ jenes Betrags, den der Investor Raoul Heraeus vor einigen Wochen zahlte – laut Handelsregisterunterlagen insgesamt 630.000 Euro.

Finanzprodukt mit prominenten Fans

Rückblick: Im September hatte Ride überraschend einen Insolvenzantrag gestellt. Das Berliner Finanz-Startup galt in der Szene als Hoffnungsträger, mehrere Promis wie Fußballstar Mario Götze oder Startup-Verbandspräsidentin Verena Pausder hatten sich als Investoren beteiligt.


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Ride half Kunden beim Gründen von vermögensverwaltenden GmbHs, dadurch lassen sich bei Aktiengeschäften Steuern sparen. Beträge von rund 700 Millionen Euro soll das Finanz-Startup zuletzt verwaltet haben. Altlasten aus Nebengeschäften mit Immobilien trieben die Firma jedoch in Finanznot.

Das Kerngeschäft – wozu neben dem Gründungsservice auch ein Wertpapierbroker gehörten – galt indes als attraktiv. Rasche und hohe Umsätze seien damit möglich, hieß es im Firmenumfeld. Auch deshalb sollen es mehr als zwei Dutzend Interessenten für eine Übernahme des Finanz-Startups gegeben haben.

„Erhebliche finanzielle Belastungen“

Den Zuschlag erhielt Raoul Heraeus, Investor und früheres Boardmitglied bei Ride. Er plante das Geschäft gemeinsam mit weiteren Geldgebern fortzuführen, zusätzliche Investitionen in Millionenhöhe standen in Aussicht. Doch durch den wochenlangen Schwebezustand des Startups erodierte offenbar auch das Vertrauen bei den Steuerkanzleien, mit denen Ride kooperierte. Diese sprangen größtenteils ab. Umsätze seien somit unmöglich, wie Heraeus selbst mitteilte.

In der Folge kam es bei Ride zu offenbar zu weiteren Zahlungsproblemen. Die Novembergehälter der verbliebenen etwa 20 Beschäftigten wurden zunächst nicht überwiesen. Entgegen anderslautender Zusagen sei dies bis heute größtenteils nicht geschehen, wie vertrauliche Informationen von Mitarbeitern nahelegen. Darin ist von „erheblichen finanziellen Belastungen“ die Rede, etwa Probleme bei Mietzahlungen oder der Krankenversicherung.

Auf Fragen von Finance Forward wollte sich der bisherige Ride-Eigentümer und Investor Raoul Heraeus nicht ausführlich äußern. Alle ausstehenden Novembergehälter würden aber noch aus dem Verkaufserlös bezahlt, versicherte er. Einige Mitarbeitende glauben indes, dass das Finanz-Startup auch weiterhin noch Chancen im Markt hat. Sie wollen Ride nach dem Jahreswechsel neu aufbauen – gemeinsam mit den früheren Gründern.