Ex-Springer-Vorstand Andreas Wiele startet Secondary-Fonds
Exklusiv: Mit 50 Millionen Euro kauft ein neuer Fonds bestehenden Investoren und Gründern Startup-Anteile ab – sogenannte Secondaries. Hinter Giano Capital steht ein profiliertes Team um den Medienmanager Andreas Wiele.
Der Startup-Ausverkauf hat bereits begonnen. Erst kürzlich verkündete der Tech-Finanzier Tiger Global, der im Boom der vergangenen Jahre quasi alle aggressiven Wetten finanziert hatte, dass er nun seine Beteiligungen verkaufen wolle. Vorher hatte die Allianz bereits versucht, ihren Anteil an der deutschen Neobank N26 loszuwerden – mit einem kräftigen Abschlag. Und kürzlich ließen sich frühe Investoren bei dem Banking-Unicorn Qonto herauskaufen, wie Finance Forward berichtete.
Das Ziel: das Geld verdreifachen
Wiele ist eigentlich branchenfremd, er blickt auf eine bewegte Karriere in der Medienbranche zurück – mit einigen Berührungspunkten mit der Tech-Welt. Nach seinem Karrierestart beim Verlag Gruner + Jahr (zu dem auch Finance Forward und Capital gehören) saß er knapp 20 Jahre im Vorstand des Medienkonzerns Axel Springer, bevor er zum Private-Equity-Unternehmen KKR wechselte. Aktuell ist er Aufsichtsratsvorsitzender von Prosiebensat1.
Sowohl Springer als auch Prosiebensat1 haben über die Jahre auch in der Startup-Szene mitgemischt. Wiele selbst sei als Springer-Vorstand für 200 Deals mit einem Gesamtvolumen von sechs Milliarden Euro verantwortlich gewesen, heißt es. Sein Geschäftspartner Alberto Chalon leitete unter anderem die französische Suchmaschine Qwant, an der Springer beteiligt war – ein Angriff auf Google, der letztlich scheiterte. Zu der Zeit kreuzten sich die Wege der beiden Manager.
Seit zwei Jahren arbeitet ein kleines Team bereits an Giano Capital. „Schon vor der aktuellen Krise haben wir den Trend beobachtet, dass Firmen länger privat bleiben – in den USA gibt es bereits einen funktionierenden Secondary-Markt, in Europa aber noch nicht“, sagt Wiele. Die 50 Millionen Euro sollen in rund zehn Firmen fließen, die mindestens 30 Millionen Euro Umsatz erzielen und mehr als 30 Prozent pro Jahr wachsen. Ein Weg zum Firmenexit an der Börse oder durch einen Verkauf in den kommenden Jahren soll bereits vorgezeichnet sein.
Die Laufzeit des Fonds geht im Gegensatz zu sonstigen Startup-Fonds nur fünf Jahre und kann um ein Jahr verlängert werden. „Wir visieren an, den Einsatz zu verdreifachen und so eine interne Rendite von 25 Prozent pro Jahr zu erreichen“, kündigt Wiele an. Er rechne damit, dass die Ausfallrate bei diesen stark wachsenden Digitalfirmen sehr gering sein werde, denn die Unternehmen hätten sich schon am Markt bewiesen.
„Wir sind keine Schnäppchenjäger“
Die große Frage wird sein, zu welchen Bewertungen sich Giano Capital einkaufen kann. Die sind in den vergangenen Monaten stark eingebrochen, selbst bei prominenten Startups wie dem Payment-Anbieter Stripe ist der Unternehmenswert von fast 100 Milliarden Dollar um rund die Hälfte gesunken. Auch in Deutschland mussten einige Startups massive Abwertungen hinnehmen. Unklar ist, ob der Tiefpunkt bereits erreicht ist, schließlich haben viele Unternehmen noch keine neuen Finanzierungsrunden abgeschlossen und noch keine neue Bewertung aus der aktuellen Marktphase. „Wir sind keine Schnäppchenjäger“, sagt der Investor. An Bewertungsfragen seien noch kein Gespräch geplatzt – sondern im Zweifel an anderen Themen.
Ein erster Deal ist bereits unterschrieben: Der Fonds beteiligt sich an einem Wandeldarlehen für den Autoabo-Anbieter Finn. Das Unternehmen machte zuletzt Schlagzeilen, weil Firmengründer Max-Josef Meier mehrere Frauen auf einer Weihnachtsfeier sexuell belästigt hatte – ein Fall, den Capital aufdeckte. Meier musste daraufhin das Unternehmen verlassen. Wiele sieht das Unternehmen nach dem Managementwechsel trotzdem gut aufgestellt. Er habe nur wenige Startups gesehen, die auch auf dem US-Markt so stark wachsen würden.
Wie schwierig der aktuelle Markt ist, musste derweil auch das Giano-Capital-Team feststellen. Schon vor mehr als einem Jahr war Finance Forward auf die Pläne von Wiele gestoßen. Damals visierte die Gründer noch ein Fondsvolumen von 100 Millionen Euro an. „Geld einzusammeln war in den letzten 12 Monaten wahnsinnig schwierig“, sagt Wiele. Seit kurzem spüre das Team „aber einen deutlichen Rückenwind“. Die Zielgröße kam noch aus der Vorkrisenzeit. Nun wolle man sich mit dem ersten Fonds erst einmal beweisen und dann später wachsen – zu einem „führenden europäischen Player“.