Digitalversicherer Getsafe kauft Kreditportal Deine-Studienfinanzierung
Exklusiv: Das Heidelberger Versicherungs-Startup greift beim Kreditportal DeineStudienfinanzierung zu. Für dessen Gründer dürfte sich der Deal finanziell lohnen – auch wenn aufgrund aktueller Umstände kein hoher Millionenbetrag fließt.
Der Digitalversicherer Getsafe überrascht mit einem ungewöhnlichen Zukauf: Das Unternehmen aus Heidelberg übernimmt das Kreditportal DeineStudienfinanzierung, wie Finance Forward erfuhr. Zum Kaufpreis machten beide Seiten keine Angaben. Er soll jedoch im mittleren bis hohen siebenstelligen Bereich liegen, wie von Insidern zu hören ist. Das Geschäft von DeineStudienfinanzierung galt zuletzt als belastet.
Getsafe-Gründer Christian Wiens erhofft sich vom Zukauf langfristig mehr Neukunden. Sein Unternehmen hat sich von Vermittlern wie Check24 zurückgezogen und setzt auf den Direktvertrieb. Vor allem Berufseinsteiger stünden im Fokus: „Der wichtigste Auslöser für junge Leute, sich mit Versicherungen zu beschäftigen, ist der erste Job“, erklärt Wiens.
Nachforschungen hätten jedoch gezeigt, dass das Unternehmen bereits früher mit der Zielgruppe in Kontakt treten müsse, um ihr Policen auf breiter Front verkaufen zu können. Dazu Wiens: „DeineStudienfinanzierung genießt unter jungen Menschen einen hervorragenden Ruf und hat sich den Zugang zu ihrer Zielgruppe hart erarbeitet. Da Vertrauen auch im Versicherungskauf wichtig ist, sehen wir die Firma hier als idealen Partner.“
Vorerst soll das Geschäft von DeineStudienfinanzierung eigenständig fortgeführt werden. Wiens zufolge plant Getsafe seine Policen künftig verstärkt an Kunden des Fintechs heranzutragen, etwa mit Rabatten während des Studiums und Informationsangeboten zu Themen wie Haftpflicht oder Berufsunfähigkeit bei Jobbeginn.
Bekannt aus “Die Höhle der Löwen”
Das Berliner Startup DeineStudienfinanzierung vermittelt Kredite an Studierende und unterstützt beim Bafög-Antrag. Gegründet wurde das Unternehmen Ende 2016 von Bastian Krautwald, David Meyer und Alexander Barge. Der Durchbruch folgte zwei Jahre später.
2019 nahmen die Gründer an der TV-Show “Die Höhle der Löwen” teil. Zwar verzichteten sie trotz mehrerer Finanzierungsangebote auf einen Deal, die Fernsehsendung machte ihr Unternehmen aber unter vielen jungen Erwachsenen bekannt.
Dazu profitierte DeineStudienfinanzierung vom damals noch niedrigen Zinsniveau. Mehr als 200.000 Studierenden will das Unternehmen zu Krediten verholfen haben. Nach eigenen Angaben wuchs das Fintech in den ersten Jahren nach der Gründung durchweg profitabel. 2021 blieb laut Geschäftsbericht ein kleiner Gewinn von knapp 70.000 Euro hängen – ein Achtungserfolg für ein junges Startup im Finanzbereich.
Steigende Zinsen belasten Kreditgeschäft
Zuletzt hat sich das Marktumfeld jedoch gedreht. Studierende zahlen für einen KfW-Studienkredit laut der Förderbank im Schnitt fast dreimal so viel Zinsen wie noch vor fünf Jahren. Inzwischen liege die durchschnittliche monatliche Belastung bei rund 80 Euro.
Dies habe auch die Nachfrage nach seinem Service belastet, sagt DeineStudienfinanzierung-Gründer Bastian Krautwald, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Nur so viel: „Der Umsatz ist jetzt nicht um das drei- oder vierfache gestiegen“. Krautwald zufolge erzielte das Fintech zuletzt siebenstellige Umsätze – und blieb damit hinter den eigenen Erwartungen. Ursprünglich hatten die Gründer bereits für 2021 mit mehr als zehn Millionen Euro Umsatz kalkuliert.
Hinzu kommt: Das Berliner Fintech verwendete zwischenzeitlich viele Ressourcen darauf, mit dem Ableger Wajve (später Owwn) eine eigene Banking-App für junge Erwachsene an den Start zu bringen. Trotz Konkurrenz durch Anbieter wie N26 glaubten Investoren an die Vision: 2021 erhielt DeineStudienfinanzierung rund fünf Millionen Euro von EQT Ventures, auch 468 Capital, Finleap und Szenekopf Philipp Klöckner beteiligten sich.
Deal lohnt sich für den Gründer
Durchsetzen konnte sich das Fintech mit der Idee jedoch nicht. Nicht mal ein Jahr später und noch während der Testphase stampfte Krautwald die App wieder ein. Viel Geld sei dadurch verbrannt worden, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Als Niederlage will der Gründer den Exkurs in die Banking-Welt rückblickend aber nicht verstanden wissen. Im Gegenteil: Seiner Firma sei es immer darum gegangen, Studierenden den größtmöglichen Mehrwert zu bieten „Insofern passt Getsafe als Neueigentümer und stark wachsender Anbieter im Finanzbereich perfekt zu unserer Strategie”, sagt Krautwald.
Für den 27-Jährigen dürfte sich der Verkauf finanziell übrigens lohnen. Krautwald hielt zuletzt noch gut 22 Prozent der Anteile, seine früheren Mitgründer haben die Firma bereits vor Längerem verlassen und waren nur noch geringfügig beteiligt. Auch bei einem Erlös in geringer Millionenhöhe bleibt so meist eine ordentliche Summe übrig.
Transparenzhinweis: Die Ramp106 GmbH, die Finance Forward gemeinsam mit dem Wirtschaftsmagazin Capital betreibt, ist an DeineStudienfinanzierung beteiligt.