(Bild: VanveenJF/Unsplash)

Ein Insurtech will den Markt der Fluggastrechte-Startups trockenlegen

Weil Airlines besser werden, bricht vielen Fluggastrechte-Startups das Geschäft weg. Lars Watermann sattelt mit Euflight daher um: Er bietet Versicherungen gegen Flugverspätungen an. Und will als Insurtech den Markt nun neu aufrollen.

Kaum ein Geschäftsmodell zog in den vergangenen Jahren so viele Copycats an wie das Thema Flugentschädigung. Die Idee von Flightright, Airhelp und anderen: Sie boxen für den genervten Fluggast eine Entschädigung bei dessen Airline durch. Denn den Passagieren stehen bei einem verspäteten Flug bis zu 600 Euro zu, selbst wenn das Ticket viel weniger gekostet hat. Doch die Airlines weigern sich oft zu zahlen – dann springen die Fluggastrechte-Startups ein. Sie versuchen, die Entschädigung durchzusetzen und ziehen im Zweifel vor Gericht. Im Erfolgsfall behalten sie einen Teil der Summe als Gebühr ein.

Mehr als 20 Anbieter tummeln sich inzwischen auf dem deutschen Markt, wie die Stiftung Warentest (PDF) kürzlich auflistete. Seit 2016 ist auch Euflight darunter, gegründet von Lars Watermann, der mit 16 Mitarbeitern aktuell etwa 30.000 Fluggäste pro Jahr entschädigt.

Der Geschäftsführer des Hamburger Startups kämpft seit einigen Monaten jedoch nicht nur gegen die vielen Konkurrenten im Markt – sondern auch mit dem Umstand, dass es Flugpassagieren besser ergeht. „Der Markt ist schwieriger, die Fluglinien sind nach dem Chaossommer 2018 pünktlicher geworden und zahlen die Entschädigungen bereitwilliger aus“, sagt Watermann im Gespräch mit Finance Forward. Das Geschäft laufe seit Ende 2018 längst nicht mehr so gut wie in den Vorjahren, der Umsatz sei um etwa 20 Prozent eingebrochen. „Nach unserer Analyse stecken einige Anbieter in der Klemme.“

Getneo will die Kunden schon bei der Buchung gewinnen

Auch aus diesem Grund setzt er nun auf ein neues Produkt: Getneo, eine Versicherung gegen Flugverspätungen. Die Idee: Der Kunde schließt bei der Buchung eine Versicherung ab. Sie kostet je nach Entfernung zwischen 5 und 20 Euro. Das Unternehmen verfolgt die Flüge im Hintergrund, verspätet sich der Flug, wird die Entschädigungssumme sofort beglichen. „Wir zahlen bei jeder Verspätung aus“, sagt Watermann. „Normalerweise muss die Airline nur bei bestimmten Vorkommnissen wie technischen Problemen für die Summe aufkommen.“ Das sei nur in circa 45 Prozent der Verspätungen der Fall. Außerdem zahlt Getneo die volle Summe aus, es wird keine Provision mehr einbehalten.

Das Insurtech verfolgt die Flüge im Hintergrund, verspätet sich der Flug, wird die Entschädigungssumme sofort beglichen

Versicherungspartner für Getneo ist die Berlin Direkt Versicherung, eine auf Reiseversicherungen spezialisierte Tochterfirma der HanseMerkur. Steht dem Passagier tatsächlich eine Entschädigung zu, setzt Euflight diese später durch, der Kunden bekommt davon nichts mehr mit.

Das Startup verhandelt nun zum Beispiel mit Buchungsportalen, um dort Nutzer direkt bei der Buchung zu erreichen – dadurch ließen sich die hohen Marketingausgaben reduzieren. Denn durch den Wettbewerbsdruck sind die Kosten für Google-Marketing hoch. Auch mit Airlines will Getneo sprechen. Noch ist Watermann mit seinem Vorhaben in einer frühen Phase, er baut das Team aktuell aus. Zurzeit sind fünf Mitarbeiter angestellt.

Weitere Versicherungen sollen folgen – zum Beispiel für verpasste Anschlussflüge

Watermann plant bereits weitere Versicherungsprodukte. Wer zum Beispiel über das Online-Reisebüro Kiwi.com einen Flug gebucht hat und seinen Anschlussflug verpasst, soll dies versichern können.

Getneo-Gründer Lars Watermann

Das Prinzip von Kiwi.com: Wer von Berlin nach New York fliegen will, bucht getrennt zwei Flüge von zwei Airlines – erst nach Frankfurt und dann nach New York. Diese beiden unabhängigen Flüge sind manchmal günstiger, als wenn man einen zusammenhängenden Flug bucht. Wer seinen Flug aber verpasst, ist aufgeschmissen. „Wir würden dann den Alternativflug erstatten“, sagt der Getneo-Gründer.

Nach diesem Muster will Watermann in den kommenden Monaten weitere spezielle Versicherungen entwickeln. Im Insurtech-Bereich, ist er überzeugt, gebe es noch haufenweise interessante Marktlücken. „Ich habe mir den Markt angeschaut, viele Startups bekommen Millionen von Investoren, um dann eine subventionierte Hausrat-Versicherung anzubieten – das finde ich wenig innovativ“, sagt der Gründer. Erst einmal muss er aber nun den Beweis erbringen, dass er auch seine neue Versicherung gegen Flugverspätungen zum Fliegen bringen kann.