FTX-Gründer und CEO Sam Bankman-Fried (Bild: PR)

Was ein 29-jähriger Kryptostar mit seiner Milliarden-Börse FTX vorhat

Schon zwei Jahre nach dem Start wird seine Kryptobörse FTX mit 18 Milliarden Dollar bewertet, Top-Investoren wie Sequoia und Softbank wetten auf das Projekt. Nun muss Gründer Sam Bankman-Fried für die große Expansion einen Weg mit den Regulatoren finden – und hat in Deutschland eine Tochterfirma gegründet.

Er ist gerade einmal 29 Jahre alt und sein Vermögen wird auf 16 Milliarden Dollar geschätzt. Sam Bankman-Fried gehört zu den Ausnahmetalenten der Kryptobranche. Sein Unternehmen FTX, gerade einmal vor zwei Jahren gegründet, ist in Rekordzeit zu einem der wichtigsten Player der Branche mutiert. Mit mehr als einer Million Nutzern und einem durchschnittlichen täglichen Handelsvolumen von zehn Milliarden US-Dollar hat sich das Finanz-Startup zu einer der weltweit führenden Kryptobörsen entwickelt, die Kleinanleger aber auch anspruchsvolle Daytrader und institutionelle Händler bedient.

In diesem Sommer steckten 60 prominente Geldgeber – darunter Softbank, Ribbit, Sequoia und Coinbase – 900 Millionen Dollar in die Firma, zu einer Bewertung von 18 Milliarden Dollar, noch vor wenigen Monaten eine unvorstellbar hohe Summe für eine zwei Jahre alte Firma. Wie viele andere Kryptounternehmen muss FTX schauen, wie es seine riskanten Finanzinstrumente mit den Regulatoren abstimmt. Das viele Geld solle helfen, „in regulierte Märkte zu expandieren“, sagt Bankman-Fried. Auch in Deutschland hat der Krypto-Star eine Dependance gegründet, wie Recherchen von Finance Forward zeigen.

Krypto-Wetten mit Hebelwirkung

Alles begann vor einigen Jahren damit, dass Bankman-Fried, der im US-Bundesstaat Kalifornien aufgewachsen ist, darauf stieß, dass Kryptowährungen in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Preisen gehandelt wurden. Also kaufte er sie zu einem niedrigeren Preis in den USA und verkaufte sie zum höheren Preis beispielsweise in Japan, erzählte er der New York Times.

Da es sich schnell um höhere Geldsummen handelte, sperrten Finanzinstitute zeitweise seine Konten. Außerdem benötigte er japanische Staatsangehörige, um die Transaktionen in den örtlichen Banken abzuschließen. Aber am Ende machte er mit diesen ersten Transaktionen bereits mehrere zehn Millionen Dollar, heißt es in dem Bericht.

Von diesem Erfolg befeuert, verwarf Bankman-Fried seine Pläne endgültig, nach einem Physik-Studium am renommierten MIT in der Wissenschaft zu bleiben. Er entschied sich mit FTX eine Krypto-Börse zu gründen, die sich auf Derivate spezialisiert. Die teilweise riskanten Finanzinstrumente ermöglichen es Händlern, statt beispielsweise Bitcoin zu kaufen oder zu verkaufen, darauf zu wetten, ob Kryptowährungen steigen oder fallen werden. Dafür nehmen viele der FTX-Kunden Kredite auf, um mit einem Hebel diese Wetten noch größer zu machen. Die Börse nimmt dabei dann eine Gebühr von 0,02 Prozent.

Die Börse ging seit dem Start durch die Decke: FTX rechnet in diesem Jahr mit einem Gewinn von etwa 400 Millionen Dollar, sagte Bankman-Fried der Financial Times. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr lag der Gewinn bei etwa 77 Millionen Dollar. „Vor zwei Jahren haben wir eine Art Miniaturversion des heutigen Geschäfts betrieben“, sagte Sam Bankman-Fried. „Es ist genau dasselbe wie damals, als wir mit dem Geschäft begonnen haben, nur dass alles mit zwei Nullen mehr versehen ist.“

Ein langweiligeres Angebot für die USA

An dem Angebot, auf das auch die Krypto-Börse Binance setzt, gab es in den vergangenen Monaten verstärkt Kritik, denn die Hebelwirkung vervielfacht nicht nur die Gewinn-, sondern auch die Verlustchancen der Trader. Im Juli kündigten dann beide Unternehmen an, die Hebelwirkung für diese Wetten zu senken. „Wir sind diejenigen, die hier den ersten Schritt machen“, schrieb Bankman-Fried auf Twitter. „Heute werden wir die hohe Hebelwirkung von FTX abschaffen. Der höchste erlaubte Wert wird 20x sein.“ Zuvor waren 101-fache Wetten auf seiner Börse möglich, bei Binance sogar 125-fache.

Diese Einsicht kam fast zeitgleich zur großen Finanzierungsrunde im Sommer, was kein Zufall sein dürfte. Denn mit der Unterstützung der vielen renommierten Wagniskapitalgeber beginnt für FTX ein neues Kapitel, es muss an seinem Image arbeiten. Jetzt will es offiziell in weitere Märkte expandieren und sein Angebot ausbauen. Im Mai startete es mit FTX Pay einen Dienst, mit dem Händler Zahlungen in Kryptowährungen akzeptieren können.

Wichtiger für das Unternehmen sind aber geographische Fragen. In den USA darf FTX aus regulatorischen Gründen nur einen kleinen Teil seiner Produkte anbieten. „Es ist ein viel langweiligeres Angebot“, sagt der CEO selbst. Auf der Unternehmenswebseite gibt FTX an, keine Geschäfte mit Personen aus den USA, Kuba, der Krim und Sewastopol, Iran, Afghanistan, Syrien, Nordkorea oder Antigua und Barbuda machen zu dürfen.

„Wir wollen Lizenzen erwerben, wo wir können“

Trotzdem ist Bankman-Fried offenbar hoffnungsvoll und bemüht sich in seinem Heimatland um Markenbekanntheit. Anfang des Jahres kaufte FTX die Namensrechte für das Stadion der Miami Heat und der Star der US-Footballliga, Tom Brady, wurde zum „Botschafter“ von FTX ernannt. Im Rahmen dieser Vereinbarung haben sich Brady und seine Frau, das Supermodel Gisele Bündchen, an dem Unternehmen beteiligt.

Abgesehen von den USA gibt es derzeit auch in Europa Probleme für Anbieter wie FTX oder Binance. Die chinesische Börse Binance stellte beispielsweise kürzlich sein Angebot von Aktientoken kurz nach dem Start wieder ein, nachdem es von Finanzaufsichten wie der Bafin und der britischen FCA unter Druck gesetzt wurde. FTX hat die Aktientoken im Angebot und arbeitet dafür auch mit dem deutschen Dienstleister CM Equity zusammen, wie auf der Website ersichtlich ist. Auch Binance setzte schon auf die Münchner Firma.

Bankman-Fried gibt sich bemüht, den Anforderungen der Regulatoren gerecht zu werden, fordert von ihnen gleichzeitig in Interviews aber auch stets mehr Klarheit. Um in diese für das FTX-Geschäftsmodell schwierigeren Märkte eintreten zu können, seien auch Übernahmen von Unternehmen denkbar, die in den jeweiligen Ländern zugelassen sind. „Wir wollen Lizenzen erwerben, wo wir können“, zitiert das Wall Street Journal Bankman-Fried.

Auch Deutschland ist einer der Märkte, mit denen sich FTX seit der Finanzierungsrunde beschäftigt, sagen Unternehmens-Insider. Seit einigen Monaten hat die Firma die Tochterfirma FTX Trading GmbH in Hannover gegründet, Max Rhotert fungiert als Geschäftsführer, er ist in der Branche bislang wenig bekannt. Auf Anfrage von Finance Forward lehnte ein FTX-Sprecher es ab, entsprechende Informationen zu kommentieren. Es ist anzunehmen, dass sich die Firma mit Sitz in Hongkong um eine Lizenz in Deutschland bemüht.