Tech-Investor Florian Fritsch will seinen Namen rehabilitieren (Bild: CC BY-SA 4.0)

Schillernder Investor: Der Startup-Krieg um Florian Fritsch eskaliert

Seit zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Liechtenstein gegen Florian Fritsch und sein Umfeld, Konten wurden eingefroren und mindestens 200 Goldbarren beschlagnahmt. Parallel laufen weitere Verfahren gegen den Tech-Investor – ein Gerichtsvollzieher versucht zurzeit Schulden einzutreiben. Fritsch kündigt trotzdem ein Comeback an.

Am 8. Mai in der Früh klingelte der Gerichtsvollzieher das erste Mal an der Wiener Wohnung von Florian Fritsch. Der deutsche Unternehmer habe in Sportsachen geöffnet, erinnert er sich. Erfreut dürfte Fritsch über den Besuch nicht gewesen sein – schließlich ging es darum, in der Wohnung Wertgegenstände für eine Pfändung aufzutun. 750.000 Euro versucht der Gerichtsvollzieher derzeit bei dem Investor einzutreiben, insgesamt belaufen sich die Schulden an einen ehemaligen Geschäftspartner, um die es geht, auf eine Millionensumme.

Im Mai musste der Gerichtsvollzieher unverrichteter Dinge kehrt machen – doch schon bald dürfte er wiederkommen. Der nächste Termin ist für den kommenden Dienstag, den 29. Oktober, angesetzt. Auf der Pfändungsliste stehen etwa ein Großbildfernseher von Samsung, eine Nikon-Kamera und mehrere Kunstwerke (darunter „Torso Nackte Frau“). Insgesamt 22 Gegenstände sind in einem öffentlichen Verzeichnis zu finden. Sie sollen – wie in Österreich üblich – dann vor Ort versteigert werden.

Für Fritsch ist es dabei längst nicht der einzige juristische Konflikt, in dessen Zentrum er steht. So führt in Liechtenstein die Staatsanwaltschaft gegen ihn und sein Umfeld sogenannte Vorerhebungen. In dem Fall gegen Fritsch geht es um den Verdacht des schweren Betruges, des betrügerischen Konkurses, der Geldwäscherei und der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Parallel gibt es mehrere zivilrechtliche Auseinandersetzungen, eine davon in Wien. Nun eskaliert die Situation auch öffentlich.

Ausstieg nach Streit

Kaum ein Akteur der deutschsprachigen Techszene hat sich über die Jahre so viele Feinde gemacht. Mit ehemaligen Geschäftspartnern streitet er sich etwa um Anteile oder um die Frage, wem Geld aus Unternehmensverkäufen zusteht. Fritschs Übernahme der indischen Fluglinie Jet Airways, die weltweit für viel Aufsehen sorgte, steht zudem auf der Kippe.

Es sieht nicht gerade gut aus für Fritsch in diesen Tagen. Doch der Unternehmer gibt sich gegenüber Finance Forward kämpferisch und kündigt an, dass man ihn vollständig rehabilitieren werde. Schon bis Weihnachten könnte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen einstellen, hofft er – auch wenn er den Ermittlern keine „Vorgaben“ machen wolle, die sollten sich „alle Zeit“ nehmen. Zudem plant er ein Comeback, wieder einmal mit großen Ambitionen.


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Fritsch ist ein schillernder, bemerkenswert umtriebiger Investor. Der Mann mit der Vorliebe für schnelle Autos kam einst über den Verkauf der Firma Kreisel Electric an den Gerätebauer John Deere zu Geld. Auch beteiligte er sich vor dem Börsengang an der Essenslieferplattform Delivery Hero und an dem IoT-Startup Relayr, das für 300 Millionen Dollar an die Munich Re verkauft wurde. Zuletzt war er in der Startphase des Fertighaus-Anbieters Gropyus beteiligt, aus dem ein „Tesla für Wohnbau“ werden sollte. Doch Ende 2021 verließ er die Firma im Streit mit dem Management, wie Capital damals aufdeckte. Dann wurde es in der Öffentlichkeit erst einmal still um den Investor.

Ermittlungen laufen weiter

Knapp ein Jahr später folgte der große Knall. Die Liechtensteiner Staatsanwaltschaft ließ infolge von Ermittlungen Privat- und Geschäftsräume im Fürstentum sowie in Österreich und der Schweiz durchsuchen. Sie fror Konten ein und sicherte Vermögensgegenstände.

Darunter befanden sich zum Beispiel auch 200 Goldbarren, wie aus einem Dokument hervorgeht, das Finance Forward und Capital vorliegt. Die Ermittler hatten in Österreich um Amtshilfe gebeten. Laut Fritsch selbst handelt es sich um insgesamt 100 Kilogramm Gold, die er sich für den Werterhalt gekauft habe. Über die Beschlagnahmung des Goldes hatte bislang nur die Liechtensteiner Zeitung „Vaterland“ berichtet.

Zu den Details der Vorwürfe, um die es in der Liechtensteiner Vorerhebung geht, ist bislang nichts bekannt. Doch die Akte soll bereits mehrere tausend Seiten enthalten. Zudem wird nicht nur gegen Fritsch selbst ermittelt, sondern auch gegen sein Umfeld. Konkret geht es um zwölf Personen und Firmen, die im Visier der Staatsanwaltschaft stehen. Sie stammen aus dem Umfeld und teilweise aus Fritschs Familie, wie Dokumente zeigen.

Die Vorerhebungen – ein juristischer Begriff in Liechtenstein, der mit Ermittlungen in Deutschland vergleichbar ist – laufen weiter, wie die Staatsanwaltschaft erneut mitteilt, und könnten zu einer Anklage oder einer Klageniederlegung führen. Es gelte die Unschuldsvermutung.

Aufruhr im Wiener Gericht

Zeitgleich eskaliert nun aber der zivilrechtliche Streit, der zwischen Fritsch und seinem ehemaligen Geschäftspartner tobt – und das an zwei Fronten. Vor Gericht fordert Gropyus-CEO Markus Fuhrmann Firmenanteile von Fritsch zurück – eine Anwältin teilt mit, dass sich das Gründerteam von dem Investor im Bezug auf dessen „Erfahrung, seine Kompetenz und seine Finanzkraft arglistig getäuscht“ fühle. Er habe sie getäuscht, um möglichst viele Anteile zu bekommen. Fritsch selbst betont, dass ihm die Anteile als Mitgründer zustünden. Er beschreibt den Schritt als „unanständig“.

Zugleich schuldet Fritsch seinem ehemaligen Geschäftspartner Fuhrmann auch noch einen Millionenbetrag aus einem privaten Kreditgeschäft. Fritsch hatte das Geld schon vor Jahren bekommen – und bürgt für rund 1,5 Millionen Euro plus Zinsen persönlich. Das war der Grund für den Besuch des Gerichtsvollziehers im Mai in Wien.

Unmittelbar vor einer Verhandlung im Prozess um die Anteile in einem Wiener Gerichtsgebäude trat der Gerichtsvollzieher auch dort auf den Plan – mit einer sogenannten Taschenpfändung. Dabei müssen Schuldner alle Gegenstände aus ihren Taschen herausrücken. Fritsch wurde gezwungen, einen Laptop, ein iPad sowie orthopädische Schuhe des Wiener Schumachers Markus Scheer – laut Rechnung im Wert von 6.000 Euro – abzugeben. Gründerszene berichtete zuerst.

Das Katz-und-Maus-Spiel läuft seit Monaten

Der Investor sagt, er sei aufgelöst gewesen und in Tränen ausgebrochen, mit Latschen habe er durch den Regen laufen müssen. Seine Vorbereitung auf die laufende Gerichtsverhandlung an dem Tag habe sich auf dem Laptop befunden. Seine Schulden, betont Fritsch, wolle er durchaus zahlen, doch sein Vermögen sei komplett eingefroren. Aus einem Dokument geht hervor, dass Fritsch die Credit Suisse angewiesen hat, das Geld von einem Konto zu überweisen. Die Staatsanwaltschaft aus dem Schweizer Appenzell hat das eingefrorene Geld laut einem anderen Dokument auch freigegeben. Doch nach Angaben der Gegenseite sei dieses Geld nie angekommen. Sie versucht weiter, das Geld bei Fritsch einzutreiben – und lässt nicht locker.

Wie Recherchen von Finance Forward zeigen, läuft das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Fritsch und Fuhrmann bereits seit Monaten – und dürfte noch lange andauern. Fritsch will sich gegen die Pfändungen juristisch wehren.

Auch in der Auseinandersetzung um die Gropyus-Anteile ist ein nächster Verhandlungstermin für Anfang des kommenden Jahres angesetzt. Es geht dabei um viel Geld. Denn die Aktien dürften an Wert gewonnen haben, gerade erst hat Groypus eine Finanzierungsrunde über 100 Millionen Euro verkündet, der Wohnungskonzern Vonovia ist zudem im vergangenen Jahr eingestiegen.

Fritsch plant einen Gropyus-Konkurrenten

Nun will Fritsch in den USA zum Gegenschlag ausholen – dort bereitet er eine Klage gegen Gropyus vor. Er wolle seinen Ruf wiederherstellen, heißt es. Auf seiner Website kündigt er in einem Video ein „Comeback“ an – darin ist zu sehen, wie er einen Unfall in einem Rennauto überlebt. Er sei ein „Survivor“.

Nach eigenen Angaben hat Fritsch ein neues Proptech-Startup gegründet, mit dem er ausgerechnet Gropyus Konkurrenz machen will – es geht um Fertighäuser. Fritsch geizt dabei nicht mit Superlativen: Die Firma 9TC solle zu einem der „größten Proptechs weltweit“ werden. Das Unternehmen habe im Stillen bereits Wohnungen auf 5.000 Quadratmetern gebaut. Wo das ist, will Fritsch noch nicht verraten – nur dass in Zukunft auch Hotels, Tunnels und Brücken geplant seien. Am 11. November würde sich das Startup mit neuen Details aus der Deckung wagen. Und noch was: Die Series-A-Finanzierung für 9TC sei eine „der größten“ überhaupt. Wenn das mal stimmt.