Monzo-CEO TS Anil sammelte in diesem Jahr das meiste Kapital im europäischen Fintech-Markt ein (Bild: Linkedin).

Krise vorbei? Fintechs bekommen wieder mehr Kapital

Nach Jahren der Krisenstimmung zeigen sich Investoren wieder optimistisch. Die Zahlen geben ihnen Recht: Dieses Jahr wurde deutlich mehr Geld in Fintechs investiert, wie eine Auswertung von Blackfin für Finance Forward zeigt. Vor allem ein Bereich profitierte.

Die Summe sorgte im Frühjahr für Aufsehen: Über 560 Millionen Euro sammelte die britische Neobank Monzo in zwei eng getakteten Finanzierungsrunden ein. Die Größe der Deals erinnerte an Ausmaße des Boomjahrs 2021. Damals strichen Fintechs wie N26, Revolut und Trade Republic noch reihenweise hohe dreistellige Millionenbeträge ein.

Nach den Krisenjahren setzte es ein wichtiges Signal: Trotz der Unwägbarkeiten fließt wieder Geld – Investoren glauben an das Potenzial im Fintech-Markt. Hat sich die Branche also wieder gefangen?

Weniger, dafür größere Fundings

„Es herrscht wahnsinnig euphorische Aufbruchstimmung“, sagte Creandum-Partner Simon Schmincke zuletzt im FinanceFWD-Podcast. „Wir machen so viele Deals wie nie zuvor.“ Auch Nina Mayer, Principal beim Berliner Risikokapitalgeber Earlybird, beobachtet einen Aufwärtstrend: „2024 zeigte sich eine spürbare Erholung“, sagt sie gegenüber Finance Forward. „Fintech bleibt einer der relevantesten Sektoren im VC-Bereich.“

Das zeigen auch die Zahlen: Eine Milliarde mehr wurden in diesem Jahr in Finanz-Startups investiert – insgesamt 6,9 Milliarden Euro. Das sind gut 19 Prozent mehr als im Vorjahr, wie eine Erhebung des Wagniskapitalgebers Blackfin für Finance Forward zeigt. Dabei bemerkenswert: Während die Anzahl der Fundings um gut ein Viertel zurückging, gab es eine merkliche Verschiebung hin zu spät-phasigen – und damit größeren – Finanzierungsrunden. Im Mittel flossen mehr als 13 Millionen Euro pro Runde – 2023 waren es noch circa neun Millionen.

Trotz der Euphorie beobachtet Romain Grimal von Blackfin allerdings noch immer ein starkes Ungleichgewicht im Markt: „Vermeintliche Branchenführer erhalten Konditionen, die fast denen von 2021 entsprechen, während andere lange darum kämpfen, Finanzierungsrunden über die Ziellinie zu bringen“, so der Investor.

Profitabilität statt Wachstum um jeden Preis

Der steigenden Finanzierungsbereitschaft war eine Phase des Umdenkens vorausgegangen. „Wir wollen profitabel wachsen“ und „Wachstum um jeden Preis ist vorbei“ lautete vielerorts das Mantra in diesem Jahr. Statt Probleme durch eine Flut an Mitarbeitern zu lösen, mussten skalierbare und vor allem technologiegetriebene Mittel gefunden werden. Klarna machte etwa Schlagzeilen damit, dass eine Künstliche Intelligenz zukünftig die Arbeit von 700 Mitarbeitern erledigen könne. Viele Fintechs schafften durch die neue Kostendiziplin den Sprung in die Gewinnzone – darunter Zinsprofiteure wie Monzo, N26, Raisin oder Klarna. Und dank der solideren Geschäftszahlen waren auch die Geldgeber wieder gewillt, mehr Kapital bereitzustellen.

Am meisten profitierte der Banktech-Sektor: Um mehr als 70 Prozent wuchs das investierte Kapital im Vergleich zum Vorjahr. Dazu trug zum einen Monzos Megafunding bei – aber auch die beachtliche Runden des Pariser Geschäftsplanungs-Tools Pigment (135 Millionen) und der Berliner Fintechs Upvest (100 Millionen) und Solaris (96 Millionen). Letztere ringt laut Informationen von Finance Forward und Finanz-Szene allerdings noch um weitere Geldmittel. Zwischen 100 und 150 Millionen Euro sollten in einer Finanzierungsrunde im Dezember zusammen kommen, wie es von Insidern hieß. Noch wurde aber kein Deal verkündet, andernfalls soll der Verkauf drohen.

 

Weniger Geld für Krypto-Startups

Viel Aufmerksamkeit bekam in diesem Jahr derweil ein Bereich, der von Kritikern einst fast totgesagt wurde: Die Kryptobranche. Das Jahr startete mit der Zulassung der Bitcoin- und Ethereum-Spot-ETFs und endete mit der Wahl des kryptofreundlichen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, während der Bitcoin die 100-Tausend-Dollar-Marke knackte.

Bei den Investoren scheint der Hype allerdings noch nicht angekommen zu sein. Laut Zahlen der Analyseplattform Dealroom wurden acht Prozent weniger in Kryptofirmen investiert als im Vorjahr – rund 1,2 Milliarden Euro. Vor allem große Runden jenseits der 100 Millionen Euro gab es weniger. Dafür floss etwas mehr Kapital in Seed-Runden.

Krypto-Investorin Vicktoria Klich vom w3.fund sieht darin keine Schwäche. „Es zeigt, dass Investoren ihren Fokus verlagert haben – weg von den großen, teils überbewerteten Spätphasen-Investitionen hin zu kleineren Runden.“ Es deute auf den Aufbau eines neuen Innovationszyklus hin. Für das kommende Jahr ist sie optimistisch: „Institutionelle Investoren kehren wegen verbesserter Marktinfrastruktur und regulatorischer Klarheit zurück“, so Klich. Sie gehe davon aus, dass sich der Markt im kommenden Jahr weiter professionalisieren und noch mehr institutionelle Investoren anziehen wird.

„2025 wird von Börsengängen geprägt sein“

2024 war ein weiteres Jahr, in dem sich die Fintech-Branche beweisen musste. Im Gros ist es den Firmen gelungen, ihren Profitzielen näherzukommen und wieder mehr Kapital anzuziehen. Ein Hoffnungsschimmer für weiteres Wachstum im anstehenden Jahr.

Gleichzeitig war es für viele reifere Fintechs ein Jahr der Vorbereitung auf die lang erwarteten Exits. „In den nächsten Jahren wird der europäische Fintech Markt stark von den bevorstehenden Börsengängen geprägt sein“, prognostiziert Mayer. Als Kandidaten werden etwa Stripe, N26, Revolut, Monzo oder Raisin gehandelt. Klarna machte bereits den ersten konkreten Schritt für den Börsengang im nächsten Jahr und dürfte als erstes an die Börse drängen. „Die Ergebnisse dieser Börsengänge werden voraussichtlich auch das Fintech-Funding in Europa maßgeblich beeinflussen.“, so Mayer.

Für den Markt wird es essenziell sein. Denn ohne die Rückflüsse aus den Verkäufen werden VC-Fonds es schwer haben, neues Kapital einzusammeln. Die Fintechs müssen dann zeigen, dass sie das Interesse der Börsenanleger wecken und ihre hohen Bewertungen am Markt auch realisieren können.

Redaktioneller Hinweis: Einige Zahlen wurden nach Veröffentlichung aktualisiert.