Finleap Connect unter neuem Namen ins Ausland verkauft
Exklusiv: Nach zuletzt operativen Problemen findet die frühere Finleap-Tochter Qwist einen neuen Eigentümer. Von dem Deal erhofft sich das Team das Erreichen der Gewinnzone. Erst einmal gibt es aber noch eine neue Finanzspritze.
Das Geschäftskunden-Fintech Qwist (ehemals Finleap Connect) bekommt einen neuen Eigentümer. Die in Warschau ansässige Beteiligungsgesellschaft Crastorehill habe die Mehrheit an dem Berliner Unternehmen übernommen, wie beide Seiten mitteilen. Dazu habe Crastorehill, das zum niederländischen Fintech-VC Finch Capital gehört, den Münchner API-Spezialisten Ndgit übernommen.
Mit den Zukäufen plant Crastorehill, einen führenden Player im Open Banking aufzubauen. Großes Marktpotenzial sehe der Investor vor allem aufgrund der PSD3-Novelle, die gerade in der EU vorbereitet wird. Qwist wird fortan als 100-prozentige Tochter geführt. Finleap als früherer Mehrheitseigentümer bleibe aber in geringem Umfang an Crastorehill beteiligt, heißt es. Dies gelte auch für die bisherigen Geldgeber von Qwist. An dem Fintech hatten sich zuvor unter anderem der japanische Finanzinvestor SBI und Ilavska Vuillermoz Capital aus Berlin beteiligt. Insgesamt flossen mehr als 30 Millionen Euro in das Unternehmen.
Entlassungen und Probleme im Kerngeschäft
Durch den Eigentümerwechsel will sich Qwist wieder stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Über die Software-Plattform des Fintechs können etwa Banken ihre Kreditvergabeentscheidungen optimieren und Ausfallrisiken verringern. Dies geschieht mittels Finanzdaten, die softwaregestützt und weitgehend automatisch analysiert werden. Zu den Kunden von Qwist zählen laut Website unter anderem Solarisbank, die Kredit-Plattform Auxmoney und Bonify, ein Bonitätsprüfer.
In den letzten Jahren habe man durch verschiedene Fusionen und vermehrtes Projektgeschäft jedoch den Fokus verloren, sagt Qwist-Geschäftsführerin Nicola Breyer im Gespräch mit Finance Forward. „Vielen war unklar, worin unser Kerngeschäft besteht.” Im vergangenen Jahr habe man deshalb Geschäftszweige eingestellt, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Zehn Prozent der rund 140-köpfigen Belegschaft mussten im Sommer gehen. Doch offenbar schrumpfte das Startup seitdem noch weiter: Auf dem Karrierenetzwerk Linkedin zählt Qwist heute nur noch knapp 90 Beschäftigte. Jetzt wolle man sich wieder auf das reine Software-as-a-Service-Geschäft konzentrieren, so Breyer.
Davon erhofft sich das Unternehmen auch den Schritt in die Gewinnzone. Mit der Übernahme durch Crastorehill entstehe nun zusammen mit Ndgit ein Netzwerk, das die Stärken der beiden gekauften Fintech-Firmen im Bereich Open Banking kombiniere. Zum Beispiel bietet Ndgit Kredite an, während Qwist Informationen zur Risikoeinschätzung von Endkunden liefert. Auch intern arbeiten die Firmen zusammen. Ndgit sei etwa im Marketing besser, während Qwist ein starkes Sales-Team habe. Es gehe um Wachstum und nicht darum, Kosten zu sparen, betont Breyer.
Neue Finanzspritze
Ein wichtiger Treiber hinter der Übernahme dürfte auch der anhaltende Finanzierungsbedarf des Fintechs gewesen sein. Der Cashburn war groß, die Provisionserträge lagen unter den Erwartungen. Zudem entwickelte sich der Haupt-Kapitalgeber Finleap in den vergangenen Jahren vom aktiven Company-Builder hin zum reinen Portfolio-Verwalter – große Kapitalspritzen für die eigenen Unternehmen dürften daher immer schwieriger geworden sein. Im Rahmen der Übernahme gab es für Qwist daher auch eine weitere Finanzierung durch Finch Capital. Damit soll der Firmenumbau nun gelingen. Wie viel Geld bei dem Deal geflossen ist, wollten die beteiligen Unternehmen allerdings nicht verraten.
Qwist entstand 2019 aus einem Zusammenschluss mehrerer Portfolio-Unternehmen des Berliner Company-Builders Finleap. Die Fusion sollte die nötige Schlagkraft liefern, um Konkurrenten wie den schwedischen Anbieter Tink oder Fintecsystems aus München etwas entgegenzusetzen. Letztere haben in den vergangenen Jahren allerdings eine immer größere Marktdominanz aufbauen können – insbesondere nach der Visa-Übernähme von Tink und die spätere Akquisition von Fintecsystems.